EbM-Netzwerk kommentiert Medizinforschungsgesetz
Im Rahmen der Verbändebeteiligung hat das EbM-Netzwerk den Entwurf für ein Medizinforschungsgesetz kommentiert, mit dem die Rahmenbedingungen für Entwicklung, Forschung und Zulassung von Arzneimitteln verbessert werden sollen. Das EbM-Netzwerk begrüßt jeden Ansatz, der die Generierung hochwertiger Evidenz für Entscheidungen im Gesundheitssystem fördert. Das EbM-Netzwerk bedauert, dass im Gesetz ein wichtiger Aspekt für eine gute medizinische Forschung fehlt: eine verpflichtende Registrierung von Studien und eine uneingeschränkte Veröffentlichung der Studienergebnisse. Ein weiterer Kritikpunkt ist die vorgesehene Vertraulichkeit der Arzneimittel-Preise.
Der aktuelle Referentenentwurf für ein Medizinforschungsgesetz sieht mehrere gesetzliche Vereinfachungen vor, mit denen die medizinische Forschung in Deutschland gestärkt werden soll. Auch wenn der Schwerpunkt hier darauf liegt, die wirtschaftlich wichtige Forschung zu Arzneimitteln und Medizinprodukten, nicht aber jegliche Forschung zu verbessern, begrüßt das EbM-Netzwerk im Grundsatz jeden Ansatz, der die Generierung klinischer Evidenz verbessert. Es gibt jedoch auch Kritikpunkte, die das EbM-Netzwerk benannt hat.
So plant die Bundesregierung, dass die ausgehandelten Erstattungsbeträge für neue Arzneimittel zukünftig vertraulich behandelt werden können. Das EbM-Netzwerk hält eine Vertraulichkeit der Erstattungsbeträge allerdings für kein geeignetes Mittel, um die Arzneimittelkosten in Deutschland zu senken. Denn letztlich führt die Intransparenz der Preise dazu, dass zwar Rabatte erzielt werden, der letztlich gültige Preis aber dennoch zu hoch ist. Zweitens konterkarieren vertrauliche Arzneimittelpreise in Deutschland das europäische Bemühen, gemeinsam eine sinnvolle Bewertung und angemessene Preisfindung für neue Arzneimittel zu ermöglichen. Deutschland untergräbt mit einer solchen Regelung die europäische Solidarität, die mit der EU-Regulation zu Health Technology Assessment (HTA-R) erst kürzlich gestärkt wurde.
Die von den Bundesministerien geplante Bundes-Ethik-Kommission kann aus Sicht des EbM-Netzwerks Vorteile, aber auch Nachteile haben. Zu begrüßen ist sicherlich eine effizientere Begutachtung klinischer Studienprotokolle, aber kritisch zu sehen wäre eine Schwächung der dezentralen Ethik-Kommissionen. Klar ist aber in jedem Fall: Wenn eine Bundes-Ethik-Kommission am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingerichtet wird, muss diese fachlich unabhängig agieren können.
Außerdem schlägt das EbM-Netzwerk vor, dass im Gesetz die Transparenz klinischer Forschung in einem zusätzlichen Paragraphen festgeschrieben werden sollte. Klinische Forschung verbessert die medizinische Versorgung nur, wenn alle Studienergebnisse veröffentlicht werden. Bleiben scheinbar uninteressante oder unliebsame Ergebnisse unveröffentlicht, entsteht in der Fachöffentlichkeit ein falsches Bild mit zu positiver Einschätzung einer medizinischen Intervention ("Publication Bias"). Insbesondere "Non-AMG-non-MPDG"-Studien bleiben jedoch bislang häufig unveröffentlicht. Die in der Deklaration von Helsinki und von der WHO vorgeschriebene Pflicht, klinische Studien bei Beginn zu registrieren und spätestens 1 Jahr nach Studienende zu veröffentlichen (https://www.who.int/clinical-trials-registry-platform/network/trial-registration), wird leider oft ignoriert. Es wäre sinnvoll, wenn die Ethikkommission bei Studienberatung/-genehmigung stärker auf eine Studienregistrierung in einem WHO-akkreditierten Register drängen könnten. Zweitens wäre es gut, wenn alle so registrierten Studien durch eine zentrale Stelle weiterverfolgt werden, um die Veröffentlichung der Studienergebnisse nachzuhalten und ggf. anzumahnen.
Aus Sicht des EbM-Netzwerks kann eine unaufwändige und für die klinische Forschung nicht belastende Regelung gelingen, wenn Ethikkommissionen und Bundesoberbehörde hier zusammenarbeiten und das Mandat erhalten, Probleme der Studientransparenz öffentlich zu machen (vgl. https://quest-cttd.bihealth.org). Erfahrungen aus Großbritannien zeigen, dass ein solcher Ansatz die Transparenz klinischer Forschung verbessern kann (https://www.transparimed.org/single-post/make-it-public-hra).