Geld für Feldforschung ist gut angelegt
Eine aktuelle Studie, in die Daten von 157 Feldstationen aus 56 Ländern eingeflossen sind, zeigt erstmals systematisch den Wert und die Effizienz von Feldstationen: Sie tragen nicht nur maßgeblich zum Erhalt der Biodiversität bei, indem sie die Abholzungsraten und Jagdaktivitäten reduzieren, sondern spielen auch eine entscheidende Rolle als Arbeitgeber und Ausbildungsstätte. Leider beklagen über die Hälfte der Feldstationen Kürzungen ihrer finanziellen Unsterstützung, aufgrund von zum Teil erheblichen Verschiebungen in der Forschungsfinanzierung. Die jetzt veröffentlichte Studie belegt eindrucksvoll, dass diese Kürzungen höchst unökonomisch sind (Conservation Letters).
In der jetzt veröffentlichten Studie wurden die Betreiber von weltweit 157 Feldstationen befragt, an denen Primatenforschung stattfindet. 80 Prozent der Befragten berichteten über eine gestiegene Qualität der Lebensräume und geringe Jagdaktivitäten im Umkreis der Stationen, knapp 70 Prozent zudem über gestiegene Kontrollen durch Behörden in Bezug auf Wilderei und andere illegale Aktivitäten. Satellitenbilder dokumentieren, dass der Verlust an Waldfläche in einem Umkreis von fünf Kilometern rund um die Feldstationen zwischen 2000 und 2020 erheblich geringer war als in vergleichbaren Waldgebieten. Laut Roter Liste der bedrohten Tierarten (IUCN) beherbergen die Gebiete rund um die Feldstationen 1.045 Landwirbeltiere, die als bedroht gelten. Zugleich zeigte sich, dass die Betriebskosten pro Quadratmeter Fläche an einer Feldstation deutlich geringer sind als die Kosten, die in Schutzgebieten entstehen. „In unserer Studie konnten wir erstmals systematisch die Bedeutung von Feldstationen für die Biodiversität und ihre gute Kosten-Nutzen-Rechnung zeigen“, sagt Julia Fischer, Wissenschaftlerin am Deutschen Primatenzentrum und Leiterin der Forschungsstation Simenti im Senegal, wo sie mit ihrem Team seit fast zwanzig Jahren Guineapaviane erforscht.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
Von März 2020 bis Juni 2022 waren fast die Hälfte aller Feldstationen ganz oder teilweise geschlossen. „Dass überhaupt Forschung in dieser Zeit stattfinden konnte, ist nur den ortsansässigen Feldassistenten und Stationsmanagern zu verdanken“, sagt Julia Fischer. Die Hälfte der Stationen gaben an, dass sie heute weniger oder viel weniger finanzielle Mittel zur Verfügung haben als vor der Pandemie, nur bei 9 Prozent sind die Mittel gestiegen.
Bedeutung von Langzeitdaten
Die meisten der befragten Feldstationen sind noch in Betrieb, durchschnittlich seit 22 Jahren. „Nur Daten über lange Zeiträume können Aufschluss geben über Auswirkungen von Klimawandel und Biodiversitätsverlust und sind damit die Grundlage für effektive Schutzmaßnahmen“, sagt Peter Kappeler, Leiter der Abteilung Verhaltensökologie und Soziobiologie am Deutschen Primatenzentrum und der Kirindy-Feldstation in Madagaskar, die seit 1993 in Betrieb ist.
Ausbildung, Natur- und Artenschutz
93 Prozent der Stationen stellen Einheimische ein und unterstützen so die lokale Wirtschaft, während sie gleichzeitig bedeutende wissenschaftliche Ergebnisse liefern, die in die Naturschutzpolitik einfließen. „ Aus Naturschutzperspektive zahlen sich Investitionen in Freilandstationen mehrfach aus: sie fördern den Erhalt der Biodiversität, ermöglichen wissenschaftliche Forschung und Tragen zur Ausbildung und wirtschaftlichen Entwicklung der lokalen Bevölkerung bei ", sagt Julia Ostner, Leiterin einer Forschungsstation in Thailand, an der seit 2005 das Verhalten von Assammakaken untersucht wird.
Feldforschung am Deutschen Primatenzentrum
Das Deutsche Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung, betreibt fünf Feldstationen in den Ländern Peru, Senegal, Guinea, Madagaskar und Thailand, in denen das Verhalten und die Ökologie verschiedener Affenarten untersucht wird. Die älteste Station ist seit über 30 Jahren in Betrieb, die jüngste seit knapp zwei Jahren. Alle Stationen sind in die örtlichen Gemeinschaften integriert, beschäftigen lokale Feldassistenten und Stationsmanager und bilden Studierende – auch in den Heimatländern der jeweiligen Stationen – aus. Zudem engagieren sich die Forschenden in lokalen Naturschutzprojekten und in der Öffentlichkeitsarbeit, um auf den Biodiversitätsverlust und die damit einhergehenden Folgen hinzuweisen. Auch die DPZ-Stationen waren von der COVID-19-Pandemie betroffen, wertvolle Langzeitdatenreihen konnten jedoch vor allem durch den Einsatz der lokalen Beschäftigten aufrechterhalten werden.
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Die Deutsches Primatenzentrum GmbH (DPZ) – Leibniz-Institut für Primatenforschung betreibt biologische und biomedizinische Forschung über und mit Primaten auf den Gebieten der Infektionsforschung, der Neurowissenschaften und der Primatenbiologie. Das DPZ unterhält außerdem vier Freilandstationen in den Tropen und ist Referenz- und Servicezentrum für alle Belange der Primatenforschung. Das DPZ ist eine der 97 Forschungs- und Infrastruktureinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Julia Fischer (Abteilung Kognitive Ethologie)
Tel.: +49 551 3851-375
E-Mail: jfischer@dpz.eu
Prof. Dr. Julia Ostner (Forschungsgruppe Soziale Evolution der Primaten)
Tel.: +59 551 3933925
E-Mail: julia.ostner@biologie.uni-goettingen.de
Prof. Dr. Peter Kappeler (Abteilung Verhaltensökologie und Soziobiologie)
Tel.: +49 551 3851-284
E-Mail: pkappel@dpz.eu
Originalpublikation:
Timothy M. Eppley et al. (2024): Tropical field stations yield high conservation return on investment. Conservation Letters.
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