Das kindliche Knie und der wachsende Knochen stehen im Fokus
Kongress für Kinder in Orthopädie und Unfallchirurgie
Am 7. und 8. März 2024 findet der zweitägige Kongress für Kinder in Orthopädie und Unfallchirurgie in Münster statt. Mit Spannung erwartet wird der Festvortrag von Minister Karl-Josef Laumann zur Kinderorthopädie und -unfallchirurgie in der Krankenhausreform und in der Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen. Schwerpunkte des wissenschaftlichen Austausches sind das wachsende Kniegelenk und Verfahren zur inneren Schienung des wachsenden Knochens.
„Verletzungen oder Fehlbildungen am Bewegungsapparat von Kindern haben entscheidenden Einfluss auf ihre Mobilität und auf die Lebensqualität. Deshalb sind wir dabei um Behandlungen auf höchstem medizinischen Standard bemüht“, sagt Prof. Andreas Seekamp, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU). Der Kongress wird initiiert von der Vereinigung für Kinderorthopädie (VKO) und der Sektion Kindertraumatologie (SKT) der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU).
Die auf dem Kongress thematisierten intramedullären Verfahren beziehen sich auf die langen Röhrenknochen. Der röhrenartige Hohlraum im Knochen wird schon seit Jahrzehnten bei Erwachsenen benutzt, um Knochen zu stabilisieren. Dabei werden über kleine Schnitte sogenannte Marknägel in den Hohlraum eingebracht. Diese Technik ist in Bezug auf die Stabilität hocheffektiv – bei kleinstmöglicher Eröffnung von Haut und Weichteilen. Bei Kindern sind diese Techniken auch anwendbar, jedoch ergeben sich aufgrund der Wachstumszonen an den Enden der Knochen technische Probleme. Werden diese verletzt, kann der Knochen nicht mehr wachsen. „Daher kann man nicht wie beim Erwachsenen den kindlichen Knochen mit dem Marknagel gewissermaßen auffädeln. Hier haben sich in den letzten Jahren neue Techniken etabliert, um diese Stabilisierungstechniken auch für die kleinen Patienten nutzbar zu machen“, sagt Prof. Robert Rödl, Kongresspräsident und Chefarzt der Abteilung für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie am Universitätsklinikum Münster.
Von besonderer Bedeutung sind auch die mitwachsenden Nägel, sogenannte Teleskopnägel, die über lange Zeit den wachsenden Knochen stabilisieren können. Bei Patienten mit brüchigen Knochen, wie der Glasknochenkrankheit oder Krankheiten, die den Knochen in Bindegewebe umwandeln, ermöglichen diese Verfahren den Patienten, auf den eigenen Beinen zu stehen und zu gehen. Neben diesen passiv mit dem Knochen mitwachsenden Nägeln wurden zuletzt auch Nägel entwickelt, die den Knochen aktiv verlängern. So kann man Knochen 10 Zentimeter und mehr künstlich wachsen lassen. Früher konnte dieses künstliche Wachstum nur durch große äußere Apparate – sogenannte Fixateur externe – erzeugt werden. Bei diesen standen Knochenschrauben aus der Haut heraus, über die der Knochen von außen mit Apparaten verlängert wurde. Die jetzt entwickelten Verlängerungsmarknägel sind so dünn und klein geworden, dass sie auch in den Markraum der Kinderknochen passen und die äußeren Knochenspanner mehr und mehr der Vergangenheit angehören. „So werden auf dem Kongress faszinierende Techniken vorgestellt und wir diskutieren ihre Anwendungsmöglichkeiten. Auch künstliche Intelligenz und Virtual Reality halten mehr und mehr Einzug in der Diagnostik und Therapieplanung. Die Ultraschalldiagnostik wird weiter standardisiert, um die Strahlenbelastung durch das konventionelle Röntgen weiter zu reduzieren“, sagt Kongressvizepräsidentin Prof. Dorien Schneidmüller, Leitende Oberärztin der Kindertraumatologie, BGU Murnau.
Besonderes Augenmerk gilt auch dem Kniegelenk. Im Bereich des Kniegelenkes verläuft die Wachstumszone des Oberschenkelknochens, die am stärksten zum Beinwachstum beiträgt. Eine Verletzung in diesem Wachstumsbereich und auch Operationen in der Nähe dieses Wachstumsbereichs haben immer das Potenzial, erhebliche Schäden zu hinterlassen. „Ein dadurch deformiertes oder nicht ausreichend bewegliches Kniegelenk kann für die kleinen Patienten zu einem lebenslangen Handicap führen, das wollen wir verhindern“, sagt Prof. Anna K. Hell, Präsidentin der Vereinigung für Kinderorthopädie (VKO) und Leiterin des Schwerpunktes Kinderorthopädie der Universitätsmedizin Göttingen. Im Rahmen des Kongresses tauschen sich die Kinderorthopäden und -traumatologen über hochspezialisierte OP-Techniken aus, um eine Verletzung dieser Zone zu vermeiden und damit die Beeinflussung des Wachstums und eine damit verbundene drohende Behinderung abzuwehren.
Ein weiteres großes Thema der Kinderorthopäden und -traumatologen ist die Prävention. Es geht darum, Unfälle von Kindern zu verhindern. „Besondere Unfallrisiken finden sich beim Trampolin, auf dem Schulweg, beim Fahrradfahren ohne Helm und nicht zuletzt beim Sport. Einfache Regeln und niederschwellige Maßnahmen können hier viel bewirken“, sagt der Leiter der DGU-Sektion Kindertraumatologie Prof. Peter Strohm, er arbeitet an der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie der Sozialstiftung Bamberg.
Aber nicht nur das Verhindern von Unfällen, auch das frühe Erkennen von Fehlentwicklungen im Rahmen der Wachstumsschübe kann über den kindlichen Lebensweg entscheiden. Dabei geht es um Hüftfehlstellungen, Beinfehlstellungen, Rückenverbiegungen und Bewegungsmangel. Auch hier kann mit wenig belastenden Eingriffen viel erreicht werden.
Hintergrund
Die deutschsprachige Vereinigung für Kinderorthopädie e.V. (VKO) fördert Fortbildung und wissenschaftlichen Austausch von Kinderorthopäden in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Als Sektion der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie e.V. (DGOOC) ist sie als Fachgesellschaft verankert.
Die Sektion Kindertraumatologie (SKT) der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU) beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Behandlung von Verletzungen im Kindesalter und deren Folgezustände.
Weitere Informationen: www.kkou.org
Zum Programm
Kontakt für Rückfragen:
Susanne Herda, Swetlana Meier
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) e.V.
Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin
Telefon: +49 (0)30 340 60 36 -06 oder -16
E-Mail: presse@dgou.de