Klaus Richter ist neuer Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
Schwerpunkte seiner Präsidentschaft sind das Quantenjubiläum 2025, die Stärkung der Schule und der Klimawandel als Herausforderung der Physik.
Berlin/Bad Honnef, 21. März 2024 – Am Donnerstag, dem 21. März 2024 übernimmt Klaus Richter die Präsidentschaft der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), der mit rund 55.000 Mitgliedern größten physikalischen Fachgesellschaft der Welt. Er folgt damit auf Joachim Ullrich, der von April 2022 bis März 2024 Präsident war und nun turnusgemäß DPG-Vizepräsident wird. Der bisherige Vizepräsident, Lutz Schröter, scheidet entsprechend aus dem Amt.
„Gerade in dieser Dekade haben die großen gesellschaftlichen Entwicklungen und Herausforderungen an Bedeutung und Dynamik gewonnen. Die DPG steht hier in der Verantwortung, die Handlungsfelder zu identifizieren, in denen die Physik im Allgemeinen und die DPG im Speziellen zu Lösungen beitragen kann“, sagt der neue DPG-Präsident.
Zu den wichtigsten Handlungsfeldern in seiner Präsidentschaft zählt Richter zum einen die großen Querschnittsthemen, bei denen gerade die Physik eine wichtige Rolle spielt, nämlich die Quantenwissenschaft und -technologie, Künstliche Intelligenz (KI) sowie die kolossalen Herausforderungen des Klimawandels. Zum anderen möchte Richter den wissenschaftlichen Austausch, den Schulbereich und die Kommunikation zwischen Physik und Politik weiter fördern.
„Die Quantenmechanik, deren theoretisches Fundament in Göttingen 1925 und in den Folgejahren gelegt wurde, hat unser Weltbild grundlegend verändert und unser aller Leben mannigfach beeinflusst. Nach Ansicht vieler Experten stehen wir heute, nach 100 Jahren Erfolgsgeschichte der Quantenphysik, möglicherweise an der Schwelle zu einer zweiten Quantenrevolution“, sagt Richter. Er sieht deshalb das von der DPG unter dem Motto „Quantum2025 – 100 Jahre sind erst der Anfang …“ organisierte Jubiläumsjahr als einmalige Chance, die Bedeutung der physikalischen Grundlagenforschung für die Lösung gesellschaftlich-technologischer Probleme aufzuzeigen.
Das zweite umfassende Thema mit enormer Dynamik betrifft „Big Data“ und KI. „Diese werden in vielfältiger Weise unser Alltagsleben durchdringen, mit damit verbundenen Chancen, aber auch Risiken“, ist Richter überzeugt. Die Physik spiele schon heute bei der Entwicklung und Anwendung von KI-Methoden eine wesentliche Rolle. „Vor dem Hintergrund der jüngsten rapiden Entwicklungen sehe ich die Notwendigkeit, diesen Themen in meiner Präsidentschaft besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Als DPG werden wir die tragende Rolle der Physik hier deutlich machen und uns noch stärker am öffentlichen Diskurs beteiligen“, betont Richter.
Zu den besonderen Querschnittsaufgaben gehört für Richter in seiner Präsidentschaft der Klimawandel. Hier gelte es, sich seitens der DPG mit Erkenntnissen aus der Physik einzubringen, insbesondere für eine nachhaltige Energieversorgung. Richter mahnt: „Inzwischen sind die Auswirkungen des Klimawandels für uns alle erfahrbar, es ist Eile geboten!“ Bei den komplexen Fragen der gesellschaftlichen Umsetzung der Energiewende sind neben der Physik die Wirtschafts-, Sozial- und Politikwissenschaften unverzichtbar, sagt Richter. Er unterstreicht: „Der Physik kommt aber bei der notwendigen Transformation hin zu einer gesicherten, fossilfreien Energieversorgung mit allen ihren Herausforderungen eine Schlüsselrolle zu.“ Dazu möchte er bereits vorhandene Aktivitäten in der DPG zum Klimawandel stärker bündeln und die in der DPG vorhandenen Daten- und Wissensbasis für die Öffentlichkeit sichtbarer machen.
Ein großes Anliegen ist Richter in seiner Präsidentschaft weiterhin die Förderung des Schulfachs Physik und – angesichts des akuten Mangels an Physiklehrkräften – die Unterstützung der Universitäten bei der Optimierung des Lehramtsstudiums. Richter: „In den letzten Jahren hat die DPG viele ihrer Aktivitäten im Schulbereich ausgebaut und ist von der Organisation von Lehrkräftefortbildungen, über die Durchführung des German Young Physicists‘ Tournament bis hin zur Teilnahme an Verbändeanhörungen zur Lehrplanerstellung gut aufgestellt. Diese Maßnahmen möchte ich in meiner Präsidentschaft fortführen und da, wo es noch Bedarf gibt, erweitern“.
Darüber hinaus möchte Richter in seiner Präsidentschaft die Bemühungen seiner Vorgänger fortsetzen, über den wissenschaftlichen Austausch einen friedvollen und vertrauensvollen Dialog über Grenzen und Kulturen hinweg zu unterstützen. Zudem liegt Richter die Stärkung der Kommunikation zwischen Wissenschaft, Politik und Medien sehr am Herzen. Die Physik sieht Richter in der Verantwortung, langfristige Perspektiven aufzuzeigen und damit Politik und Medien auf Basis wissenschaftlicher Fakten als „Kompass“ zu dienen – beispielsweise durch die Veranstaltung von weiteren Parlamentarischen Abenden der DPG.
Zum Werdegang von Prof. Dr. Klaus Richter
Klaus Richter wurde 1962 in Kiel geboren und studierte an den Universitäten in Kiel und Freiburg Physik. Nach dem Diplom 1988 promovierte er drei Jahre später an der Universität Freiburg in Theoretischer Atomphysik zu Rydberg-Zuständen im Helium-Atom.
Anschließend verlegte er seine Forschungsinteressen auf die Physik der kondensierten Materie und war nach einem Gastaufenthalt am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart von 1992 bis 1994 mit einem Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung Postdoktorand an der Université Paris Sud in Orsay/Paris. Nach einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Augsburg, wo er sich 1998 zum Thema „Semiclassical Theory of Mesoscopic Quantum Systems“ habilitierte, leitete er von 1996 bis 2001 eine Nachwuchsgruppe am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme in Dresden.
Seit 2001 hat Richter an der Universität Regensburg einen Lehrstuhl im Bereich der Theorie der Kondensierten Materie inne. Seine Arbeitsgruppe „Complex Quantum Systems“ forscht dort auf den Gebieten der Festkörperphysik, der Physik kalter Atome und des Vielteilchen-Quantenchaos. Für seine Arbeiten wurde er 2019 mit dem Physikpreis Dresden ausgezeichnet. Seine Forschung hat 2021 mit der Förderung im Rahmen des Reinhart-Koselleck-Programms der DFG weitere große Anerkennung gefunden. Im Jahr 2022 wurde Klaus Richter der Titel „Professor des Jahres“ in der Kategorie Medizin/Naturwissenschaften durch die UNICUM-Stiftung verliehen.
In Regensburg war Klaus Richter von 2003 bis 2006 Sprecher des DFG-Graduiertenkollegs „Nichtlinearität und Nichtgleichgewicht in Kondensierter Materie“ und hatte von 2017 bis 2023 die Leitung des DFG-Sonderforschungsbereichs „Emergente relativistische Effekte in der Kondensierten Materie“ inne.
Klaus Richter bringt sich aktiv in die deutsche Wissenschaftsgemeinde ein. Er war gewähltes Mitglied im DFG-Fachkollegium "Statistische Physik, Weiche Materie, Biologische Physik, Nichtlineare Dynamik" und bekleidete in der DPG über die Jahre verschiedene Ämter: Dort war er unter anderem von 2006 bis 2009 Sprecher des Fachverbands „Dynamik und Statistische Physik“ sowie von 2012 bis 2015 Sprecher der Sektion „Kondensierte Materie“. Von 2017 bis 2021 war Klaus Richter zudem als Mitglied im Vorstand der DPG verantwortlich für Wissenschaftliche Programme und Preise.
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Die Deutsche Physikalische Gesellschaft e. V. (DPG), deren Tradition bis in das Jahr 1845 zurückreicht, ist die älteste nationale und mit rund 55.000 Mitgliedern auch mitgliederstärkste physikalische Fachgesellschaft der Welt. Als gemeinnütziger Verein verfolgt sie keine wirtschaftlichen Interessen. Die DPG fördert mit Tagungen, Veranstaltungen und Publikationen den Wissenstransfer innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft und möchte allen Neugierigen ein Fenster zur Physik öffnen. Besondere Schwerpunkte sind die Förderung des naturwissenschaftlichen Nachwuchses und der Chancengleichheit. Sitz der DPG ist Bad Honnef am Rhein. Hauptstadtrepräsentanz ist das Magnus-Haus Berlin.
Website: www.dpg-physik.de