Immer im Auftrag der Kinder unterwegs
Prof. Wieland Kiess geht nach 26 Jahren an der Spitze der UKL-Kinderklinik in den Ruhestand
Am 31. März 2024 endet eine Ära: Prof. Wieland Kiess, langjähriger Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Leipzig (UKL), verabschiedet sich in den Ruhestand. Mehr als ein Vierteljahrhundert steuerte er die Geschicke der universitären Kindermedizin in Leipzig, und von 2002 bis 2005 auch als Dekan die der Medizinischen Fakultät. Er baute die pädiatrische Forschung am Standort entscheidend aus, und schuf bleibende Institutionen von überregionaler Bedeutung wie das erste deutsche Childhood-Haus.
„In diesen 26 Jahren als Direktor der Kinderklinik war Wieland Kiess ganz sicher vieles, aber niemals leise, wenn es darum ging, sich für die Gesundheit der Kinder einzusetzen“, sagt Prof. Christoph Josten, Medizinischer Vorstand des UKL. „Wir hatten mit ihm einen streitbaren, aber vor allem unermüdlichen Kämpfer für das Fach Pädiatrie und die Kinder mit an Bord, den wir jetzt schmerzlich vermissen werden.“
In den Jahren seit seinem Antritt 1998 baute Prof. Kiess zusammen mit seinem Team die Leipziger Kinderklinik zu einer Einrichtung mit nationaler und internationaler Sichtbarkeit aus. Ein wesentlicher Meilenstein war dabei vor 13 Jahren die Etablierung des Langzeit-Forschungsprojektes LIFE Child, in dem Kinder teilweise bereits ab der Schwangerschaft der Mütter begleitet werden. Auf diese Weise ist ein unglaublicher Datenschatz gewachsen, auf dessen Grundlage eine Vielzahl wichtiger Projekte vor allem zu Fragen der Entstehung von Volkskrankheiten mit weit beachteten Erkenntnissen entstanden sind.
Neben der Forschung galt sein Einsatz aber immer allen Aspekten des Kindeswohls: Bereits 1999 etablierte er eine Kinderschutzgruppe und Kinderschutzambulanz am UKL. Aus diesen ging dank seines persönlichen Engagements das erste "Childhood Haus" Deutschlands hervor, das 2018 am UKL eröffnet wurde und in dem Kinder und Jugendliche betreut werden, die Gewalt oder Missbrauch erlebt haben. Inzwischen gibt es bundesweit mehrere solcher Einrichtungen.
„Ich sehe die Gesundheit der Kinder immer ganzheitlich, mit Blick auf alle Aspekte, auch die sozialen“, erklärt Prof. Wieland Kiess seine Herangehensweise als Pädiater. Aus dieser Überzeugung heraus setzte er sich - gegen viele Widerstände - für die erfolgreiche Etablierung eines Sozialpädiatrischen Zentrums am UKL ein. Und er initiierte Projekte wie „Grünau bewegt sich“, mit denen vor Ort im Leipziger Stadtteil Grünau für von Adipositas und Bewegungsmangel betroffene Kinder gezielte Angebote geschaffen wurden.
Dennoch blieb der Kinderarzt Kiess immer ganz nah bei seinen Patient:innen, machte täglich Visiten auf den Stationen und behandelte in seiner Sprechstunde vor allem Kinder mit Stoffwechselstörungen. „Prof. Kiess ist ein hervorragender und sehr effektiver Allgemeinpädiater, wie es sie kaum noch gibt“, beschreibt ihn Dr. Werner Siekmeyer, Weggefährte fast von Anfang an. „Er hat die Dinge immer sehr ernst genommen und war dadurch ein guter Arzt, ein guter Forscher und ein guter Lehrer, was in dieser Kombination selten ist“, so der Oberarzt.
Ernst nahm Wieland Kiess auch die Aufgabe, die Kinderklinik in der Stadt sichtbar zu machen und die angestoßenen Projekte nachhaltig zu verankern, auch finanziell.
An dieser Stelle führte ihn sein großes persönliches Engagement für die Stiftung Kinderklinik in alle Bereiche der Stadtgesellschaft seiner Wahlheimat Leipzig, der der „Schwarzwälder Dickschädel“, wie er sich selbst bezeichnet, auch nach der Emeritierung verbunden bleibt.
„Ich finde es inzwischen fast schade, jetzt aufzuhören“, sagt Prof. Kiess mit einem Zwinkern. „Ich hatte das Glück, mit einem großartigen Team arbeiten zu können, ob in der Wissenschaft oder der Klinik. Das hat großen Spaß gemacht. Und ich bin sehr stolz, dass ich guten Gewissens allen Leipzigern sagen kann: Sie können mit Ihrem Kind jederzeit in die UKL-Kinderklinik kommen und werden Hilfe bekommen, egal, um was es sich handelt.“
Ganz aufhören wird der Überzeugungstäter Kiess dann auch doch nicht: Er bleibt im Projekt CrescNet engagiert, einem Netzwerk von Pädiatern, in dem seit 25 Jahren Daten zu Wachstum und Gewicht von Kindern erfasst und ausgewertet werden. Auch im Projekt LIFE Child wird er sich weiterhin aktiv einbringen.
Abseits des künftigen ruhigeren Forscherlebens wird Prof. Kiess sich mit altbekannter Intensität einem neuen Hobby widmen: Der Hühnerhaltung.