Krebs der Speiseröhre: Präzisionschirurgie ermöglicht große Therapiefortschritte
Krebs der Speiseröhre ist eine gefürchtete Diagnose. Denn oft ist es nötig, in ausgedehnten und belastenden Operationen viel Gewebe zu entfernen. Dies kann erhebliche Funktionseinbußen und Einschränkungen zur Folge haben, etwa Schluckbeschwerden oder eine Verletzung des Bronchialbaums in der Lunge. Gleichzeitig ist die Prognose eher schlecht, nur etwa 25 Prozent der Erkrankten leben 5 Jahre nach der Diagnose noch. Doch mittlerweile etabliert sich in spezialisierten Zentren eine personalisierte multimodale Krebschirurgie. Mit dem Erfolg, dass Patientinnen und Patienten nach ihrer Krebsdiagnose heute oft länger und mit höherer Lebensqualität leben – oder gar geheilt werden.
Im Jahr 2020 erkrankten etwa 5.660 Männer und über 1.700 Frauen an Krebs der Speiseröhre, gut 4.600 Männer und 1.400 Frauen starben an den bösartigen Wucherungen (1). Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen Rauchen, Alkohol, Übergewicht und der sogenannte Reflux. Hier fließt regelmäßig der stark säurehaltige Magensaft in die Speiseröhre zurück, Betroffene spüren es durch chronisches Sodbrennen.
Die Entscheidung zur jeweiligen Therapie ist komplex und individuell Patienten-bezogen
„Die klassische Therapie besteht in der Regel aus einem großen viszeralchirurgischen Eingriff. Dabei werden anteilig die Speiseröhre mit dem Tumor und sämtliche in der Nähe befindlichen Lymphknoten vollständig entfernt“, sagt Professorin Dr. med. Christiane Bruns, Direktorin der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Tumor- und Transplantationschirurgie der Uniklinik Köln und Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) 2023/2024. Doch es gibt Fortschritte in der Therapie. „Mittlerweile richten wir uns bei der Behandlung von Tumoren im Verdauungstrakt sehr an den Voraussetzungen jedes einzelnen Patienten aus“, so die Viszeralchirurgin, die auch stellvertretende Leiterin des Centrums für Integrierte Onkologie (CIO) Köln ist. „So schauen uns dazu etwa die molekulare Charakteristik des Tumors an“, führt Bruns weiter aus. „Daraus können wir schließen, auf welche Medikamente der Krebs ansprechen wird und wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass er im Körper streut.“ Wichtig seien zur Planung der Behandlung neben Lage und Ausbreitung des Tumors auch die Konstitution sowie die Vorerkrankungen der Patienten. Auch ihre Wünsche im Hinblick auf Lebensqualität und Lebenszeit spielen eine Rolle.
Die Therapieentscheidung bestimmen des Weiteren auch Fragen wie: „Kann man noch beobachtend abwarten (‚active surveillance‘)?“, „Inwieweit ist es möglich, das Organ bei der Operation zu erhalten beziehungsweise wie aggressiv muss man Gewebe entfernen?“, „Welche Strahlen-, Chemo- oder seit Neuestem auch Immuntherapeutika gibt man zu welchem Zeitpunkt?“ Ist der Entschluss zur Operation getroffen, stehen die offene Chirurgie, minimalinvasive Verfahren sowie die robotisch unterstützte Chirurgie zur Wahl.
Robotisch-unterstützte Chirurgie kann den entscheidenden Unterschied zu mehr oder weniger Lebensqualität nach der OP ausmachen
„Im Gegensatz zur offenen Chirurgie hat die minimalinvasive Roboter-unterstützte Chirurgie beim Speiseröhrenkrebs viele Vorteile“, sagt Bruns. „Diese ermöglicht eine mehrfache Vergrößerung des Operationsgebiets und bietet damit eine deutlich übersichtlichere Darstellung sämtlicher Strukturen. Zudem kann man mithilfe der Kameras Blickwinkel einstellen, die man bei der herkömmlichen Chirurgie so nicht hat.“ Mittlerweile kommen auch neuartige und speziell für die Mikrochirurgie konzipierte Operationsroboter, die mit einem robotischen Mikroskop vernetzt sind, zum Einsatz. Mit ihrer Hilfe können so feinste anatomische Strukturen wie beispielsweise Blutgefäße, Nerven oder Lymphbahnen mit einem Durchmesser von oft nur 0,3 Millimetern wieder miteinander verbunden werden. Eine Präzision, die Nerven, Gefäße und andere empfindliche Strukturen auch bei radikalen Operationen bestmöglich schont. „Das kann nachher den entscheidenden Unterschied zu mehr oder weniger Lebensqualität ausmachen, etwa beim Transportieren des Speisebreis zum Magen“, erklärt die Chirurgin.
Die Grenzen der operativen und onkologischen Therapie verschieben sich immer mehr
Durch die neuen Ansätze einer personalisierten und hochpräzisen Tumorchirurgie verschieben sich die Grenzen der operativen und onkologischen Therapie. „Bereits heute können wir einzelnen Betroffenen mit einer nur gering gestreuten Tumorerkrankung im Magen-Darm-Trakt ohne große Dynamik – einer sogenannten Oligometastasierung – eine längere Überlebenszeit bieten. Auf dieser Basis – sie umfasst klinische Studien sowie molekularbiologische Forschung – entwickeln wir ein besseres Verständnis für die Besonderheiten dieser Krebszellen“, führt Professorin Bruns aus. Sie hofft, künftig damit auch Patienten mit deutlich weiter fortgeschrittenen Tumorerkrankungen eine bessere Prognose bieten zu können.
Die weitere Anfahrt in ein Tumorzentrum zahlt sich meist aus
All dies setzt jedoch voraus, dass sich die Betroffenen zur Behandlung in ein von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziertes Tumorzentrum begeben. „Damit sind hohe Fallzahlen und eine entsprechend große Erfahrung gegeben. Es wird in Prozessen gedacht und in optimaler interdisziplinärer Infrastruktur im Sinne jedes einzelnen Patienten gehandelt“, so Bruns. Und nur hier finden sich gebündelte fachübergreifende Expertise bis hin zur kostspieligen Ausstattung mit neuester Medizintechnik. „Ein Zentrum kann den Unterschied machen, ich rate deshalb allen Betroffenen, im Zweifel eine weitere Anfahrt dafür in Kauf zu nehmen.“
„Die geplante Krankenhausreform berücksichtigt die Zentralisierung von komplexen Leistungen. Ich bin gespannt, wie personalisierte Therapien, die ja auch ein interdisziplinäres Vorgehen erfordern, umgesetzt werden können“, kommentiert Professor Dr. med. Thomas Schmitz-Rixen
Generalsekretär der DGCH.
Auch auf der Online-Pressekonferenz am 15. April von 10.00 bis 11.30 Uhr des teilhybriden 141. Deutschen Chirurgie Kongresses (DCK 2024) sind Therapiefortschritte bei der Behandlung von Tumoren des Magen-Darm-Trakts durch personalisierte Präzisionschirurgie ein Thema. Der Kongress findet vom 24. bis 26. April 2024 in Leipzig statt. Zuvor gibt es vom 16. bis 18. April 2024 das ausschließlich digitale Format DCK.digital mit Nachmittags- und Abendsitzungen.
Quellen:
(1) https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Krebsarten/Speiseroehrenkrebs/speiseroehrenkrebs.html
Terminhinweis Gastvortrag auf dem DCK 2024
Are we ready for clinical surgical AI?
Prof. Dr. Lena Maier-Hein*
Geschäftsführende Direktorin NCT Heidelberg, Leiterin der Abteilung Intelligente Medizinische Systeme am DKFZ
Termin: Mittwoch, 24 April, 17.10 bis 18.45 Uhr
Ort: Saal 1, HYBRID/LIVESTREAM
*Prof. Dr. Lena Maier-Hein hat für ihre Pionierarbeit zur Methodenentwicklung der KI-basierten Bildgebung bei onkologischen Operationen soeben den Deutschen Krebspreis 2024 in der Kategorie "Translationale Krebsforschung" erhalten.
Ausgewählte Terminhinweise Sitzungen zu chirurgischen Eingriffen im Verdauungstrakt auf dem DCK 2024
Aktuelle Studien in der Magen- und Ösophaguschirurgie (CAOGI)
Termin: Mittwoch, 24. April, 08.00 bis 09.00 Uhr
Ort: Plenar 1 (Übertragung via Livestream vom DCK 2024-Kongress in Leipzig)
• Defining Benchmarks for Gastric Cancer Surgery - A Global Multicenter Analysis
• Watchful Waiting versus Operation bei klinischen "Complete Respondern"
• Aktuelle Studien zu chirurgischen Techniken
• Treatment of EGJ Cancer within or outside Clinical Trials - what are the outcomes?
Link: https://apps.m-anage.com/dck2024/de-DE/pag/session/112738
Komplikationsmanagement in der Ösophaguschirurgie
Termin: Mittwoch, 24. April, 09.15 bis 10.45 Uhr
Ort: Plenar 1
• Intraoperative Komplikationen – was ist typisch und was ist zu tun?
• Management der Duodenalstumpfinsuffizienz
• Postoperatives Komplikationsmanagement – endoskopisch
• Bronchusverletzungen – wie behandeln und wann Tracheotomie?
• Hiatal Herniation after minimally invasive esophagectomy – Treatment pathway and the role of robotic surgery
Link: https://apps.m-anage.com/dck2024/de-DE/pag/presentation/656032
Academic surgical oncology – integrated approach from basic research to clinical health care for upper GI and HPB cancer
Termin: Donnerstag, 25. April, 08.00 bis 08.15 Uhr
Ort: Mehrzweckfläche (MZF) 3 (Übertragung via Livestream vom DCK 2024-Kongress in Leipzig)
Teil der Session: Joint JSS/DGCH Session
Link: https://apps.m-anage.com/dck2024/de-DE/pag/presentation/659106
Die Entwicklung der Ösophagustumorchirurgie – von Pioniertaten zu High-Tech
Termin: Donnerstag, 25. April, 09.15 bis 09.36 Uhr
Ort: Saal 1 (Übertragung via Livestream vom DCK 2024-Kongress in Leipzig)
• Teil der Session: Geschichte der Chirurgie aktuell
Link: https://apps.m-anage.com/dck2024/de-DE/pag/presentation/657286
TIVITA - HSI Ösophaguskarzinom
Termin: Donnerstag, 25. April, 17.42 bis 17.51 Uhr
Ort: Saal 1 (Übertragung via Livestream vom DCK 2024-Kongress in Leipzig)
• Teil der Session: CTAC Preisträgersitzung - Innovationen für die digitale Chirurgie
Link: https://apps.m-anage.com/dck2024/de-DE/pag/session/112820
Onkologische Viszeralchirurgie – Aktuelle Publikationen, die man kennen muss!
Termin: Freitag, 26. April, 11.15 bis 12.45 Uhr
Ort: Mehrzweckfläche (MZF) 3 (Übertragung via Livestream vom DCK 2024-Kongress in Leipzig)
• Hepatobiliäre Chirurgie
• Chirurgie des unteren Gastrointestinaltraktes
• Chirurgie des oberen Gastrointestinaltraktes
• Studienlage OGI onkologisch - was man wissen muss
• Endokrine Chirurgie
Link: https://apps.m-anage.com/dck2024/de-DE/pag/session/112889
State of the art in Gl surgery - today and tomorrow
Termin: Freitag, 26. April, 14.00 bis 15.30 Uhr
Ort: Mehrzweckfläche (MZF) 3 (Übertragung via Livestream vom DCK 2024-Kongress in Leipzig)
State of the art in colon cancer surgery
• Surgery in Crohn´s disease – state of the art
• Gastric cancer – the Asian perspective
• State of the art in esophageal cancer surgery in Europe
Link: https://apps.m-anage.com/dck2024/de-DE/pag/session/112850
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Online-Pressekonferenz anlässlich
des 141. Deutschen Chirurgie Kongresses (DCK 2024)
„Gemeinsam lernen und heilen“
Termin: 15. April 2024, 10.00 bis 11.30 Uhr
Link zur Teilnahme: https://attendee.gotowebinar.com/register/4565734566190714717
Vorläufige Themen und Referenten:
141. Deutscher Chirurgie Kongress (DCK 2024): Highlights
Professorin Dr. med. Christiane Bruns
Direktorin der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Tumor- und Transplantationschirurgie der Uniklinik Köln und stellvertretende Leiterin des Centrums für Integrierte Onkologie (CIO) Köln
DGCH-Präsidentin 2023/2024
Innovationen in der Chirurgie: personalisierte Präzisionschirurgie, Prähabilitation, Robotik, VR und KI am Beispiel Speiseröhrenkrebs
Professorin Dr. med. Christiane Bruns
Diagnose Bauchfellkrebs: State of the Art der Therapie
Professor Dr. med. Dr. h.c. Pompiliu Piso
Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg
DGAV-Präsident
Gesundheitsrisiko Kinderspielzeug – Update aus Sicht der Kinderchirurgie
Professorin Dr. med. Felicitas Eckoldt
Klinikdirektorin, Klinik für Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Jena
Kriegs- und Katastrophenverletzungen – für den Ernstfall bereit sein: Was erwartet Chirurginnen und Chirurgen?
Professor Dr. Dietmar Pennig
Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU)
Krankenhausreform: jetzt die Weichen für eine gute Versorgung in der Chirurgie auch morgen sicherstellen
Professor Dr. med. Thomas Schmitz-Rixen
Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH)
Anpassung der chirurgischen Weiterbildung im Rahmen der Krankenhausreform: notwendige Schritte
Professor Dr. med. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer
Präsident Bundesverband der Deutschen Chirurgie (BDC)
Moderation: Dr. Adelheid Liebendörfer, Pressestelle DCK 2024
Weitere Informationen:
https://attendee.gotowebinar.com/register/4565734566190714717 Teilnahmelink Online-Pressekonferenz
http://www.DCK2024.de