Ritterschlag der Philosophie
RWTH-Professorin Gabriele Gramelsberger wurde als erste Deutsche mit dem K. Jon Barwise-Preis der American Philosophical Association ausgezeichnet.
Professorin Gabriele Gramelsberger, Inhaberin des Lehrstuhls für Wissenschaftstheorie und Technikphilosophie der RWTH Aachen und Direktorin des Käte Hamburger Kollegs „Kulturen des Forschens“, baut Brücken – keine aus Beton und Stahl, sondern Brücken zwischen Philosophie und Wissenschaft. Für ihre herausragenden und wegweisenden Leistungen in der Philosophie und Informatik wurde sie von der American Philosophical Association als erste Deutsche mit dem K. Jon Barwise-Preis 2023 ausgezeichnet. „Ich freue mich außerordentlich über diese Auszeichnung. Sie ist eine große Ehre und bestätigt mich in meiner Arbeit“, so Gramelsberger. Der K. Jon Barwise-Preis gilt in Fachkreisen als eine Art Ritterschlag für Philosophinnen und Philosophen.
Philosophie und Wissenschaft sind elementar durch die Grundlagen der Logik verbunden. In der Philosophie ist Logik zentral für die Untersuchung von Wissen und Denkprozessen. In der Wissenschaft werden Zusammenhänge mithilfe logischer Grundlagen und mathematischer Formalisierung operationalisiert. „Logische und mathematische Prinzipien sind das fundamentale Werkzeug, um zu analysieren, wie wir Wissen erlangen, argumentieren und schlussfolgern“, erklärt Gramelsberger. Als Expertin an dieser Schnittstelle untersucht sie den Einfluss von Informationstechnologien auf die Wissenschaft. „Wissenschaft ist heutzutage nicht einfach zu verstehen, und wir wissen nicht, wie sie sich durch Simulationen und Machine Learning verändert.“ Bereits heute gebe es in der Forschung einen hohen Grad an Automatisierung, zum Beispiel in Laboren, in denen Künstliche Intelligenz und Robotik zur Entdeckung und Synthetisierung neuer Moleküle eingesetzt werden, so Gramelsberger weiter.
Als Philosophin wirft sie jedoch einen gänzlich anderen Blick auf die Digitalisierung und ihren Einfluss auf die Wissenschaft, aber auch auf die Gesellschaft. Nach dem Philosophiestudium in Augsburg promovierte die gebürtige Münchenerin 2001 an der Freien Universität Berlin. Sie forschte zu Klimasimulationen als Instrumente der Erkenntnisproduktion, bevor sie als Gastwissenschaftlerin ans Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg ging. Anschließend leitete sie das BMBF-Verbundprojekt „Verkörperte Information – Lebendige Algorithmen und Zelluläre Maschinen“, das sich mit der Verschränkung von Bio- und Informationstechnologie befasste. 2015 habilitierte sich Gramelsberger in Philosophie in Darmstadt. Seit 2017 ist sie an der RWTH Aachen, wo sie 2018 das Computational Science Studies Lab gründete, das sich der konzeptuellen Erforschung wissenschaftlicher Software widmet und sich mit dem neuen Forschungsbereich „Research Software Engineering“ überlappt. „Wir versuchen zu verstehen, was mit wissenschaftlichen Konzepten geschieht, wenn wir dies in Forschungssoftware überführen. Viele wissenschaftliche Disziplinen entwickeln eigene Softwaremodelle und -strategien, die schwer vergleichbar sind.“ Hauptziel müsse daher die Erstellung präziser, offener Wissenschaftssoftware sein, die die Reproduzierbarkeit von Forschungsergebnissen garantiert, plädiert Gramelsberger.
Die Prodekanin für Forschung der Philosophischen Fakultät ist Mitglied des RWTH Human Technology Center (HumTec) und Direktorin des Käte Hamburger Kollegs „Kulturen des Forschens“. Sie ist ordentliches Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste und leitet die Arbeitsgruppe „Philosophie der Digitalität“ in der Deutschen Gesellschaft für Philosophie.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Gabriele Gramelsberger
Lehrstuhl für Wissenschaftstheorie und Technikphilosophie und Philosophisches Institut
RWTH Aachen
Mail: gramelsberger@humtec.rwth-aachen.de