Neues Organspenderegister: DGAI fordert verstärkte Aufklärung und Vorbereitung in Kliniken
Nürnberg. Nach der Einführung des neuen Organ- und Gewebespenderegisters setzt sich die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) dafür ein, die gestiegene Aufmerksamkeit für das Thema weiter zu nutzen und zu fördern. Diese Initiative betrifft nicht nur die individuelle Entscheidungsfindung jedes Einzelnen, sondern auch Ärztinnen und Ärzte in den Kliniken.
Im aktuellen DGAI-Podcast äußerte sich Prof. Dr. Klaus Hahnenkamp, federführendes Mitglied der Kommission Organspende und -transplantation innerhalb der DGAI, positiv über die Einführung des Registers. Obwohl er nicht erwartet, dass sich dadurch wesentlich mehr Menschen für die Organspende aussprechen werden, hebt er den Wert der medialen Aufmerksamkeit hervor, die durch das Register generiert wird. „Jeder sollte sich mit dem Thema beschäftigen und seine Entscheidung dokumentieren“, betont der Direktor der Klinik für Anästhesiologie, Intensiv-, Notfall- und Schmerzmedizin der Universitätsmedizin Greifswald.
Für das Wichtigste aber hält er, „dass man sich in seinem engsten Angehörigenkreis darüber unterhält, denn das sind die Personen, mit denen wir Ärztinnen und Ärzte im Fall der Fälle sprechen.“ Ein Eintrag im neuen Organspenderegister sei darüber hinaus nicht so schwer, wie von vielen vermutet: „Man braucht dafür die PIN des Personalausweises, aber wenn man die hat, dann ist es kein Problem.“
Kliniken müssen Telematik-Infrastruktur schaffen
Zugleich plädiert der Experte im Bereich der Transplantationsmedizin dafür, dass sich auch Entnahmekliniken mit den neuen Regularien nach der Einführung des Organspenderegisters beschäftigen. Hahnenkamp, der zugleich Mitglied der ständigen Kommission Organtransplantation in der Bundesärztekammer ist, macht darauf aufmerksam, dass Entnahmekliniken ab 1. Juli das Register abrufen müssen. „Dafür muss die IT-Infrastruktur des Krankenhauses an das Register angebunden sein“. Er fordere daher schon jetzt alle Transplantationsbeauftragten auf, sich darum zu kümmern, „denn es ist mitunter nicht so leicht, mit der eigenen IT eine Telematik-Infrastruktur aufzubauen.“ Sein dringender Appell: „Zögern Sie das nicht zu lange heraus.“ Gleiches gelte für die Benennung eines abrufberechtigten Arztes oder Transplantationsbeauftragten. „Das ist eine einfache Aufgabe, aber viele Kliniken haben sich noch nicht darum gekümmert.“
Einen Vorteil, den das Organspenderegister mit sich bringt, sieht Prof. Hahnenkamp darin, dass es auch im Falle einer Widerspruchslösung genutzt werden könne – und damit diesem immer wieder in die Diskussion gebrachten Thema einen neuen Schub verleihen könnte. Die Bundesländer hatten bereits im Dezember vergangenen Jahres die Bundesregierung aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Widerspruchslösung in das Transplantationsgesetz aufgenommen wird. „Das ist ein sehr starkes Signal“, so Hahnenkamp. Sollte ein neuer Gesetzesvorschlag kommen, sehe er eine große Verantwortung bei den medizinischen Expertinnen und Experten, diesen mit Informationen zu begleiten.
Die letzte Gesetzesinitiative zur Aufnahme der Widerspruchslösung ist 2020 im Bundestag gescheitert. Laut Hahnenkamp auch, weil realitätsferne und falsche Argumente im Raum standen. „Eines der Argumente war beispielsweise, dass Organe auch dann entnommen werden, wenn die Angehörigen dagegen sind. Aber das ist absolut falsch.“ Selbstverständlich werde in jedem Fall mit der Familie gesprochen. „Wenn die Familie dagegen ist, gibt es keine Entnahme“, erklärt der DGAI-Experte.
Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin für Anästhesiologie öffnen
Zuletzt hob Hahnenkamp im Podcast auch die zentrale Rolle der Fachärztinnen und Fachärzte für Anästhesiologie in diesem Bereich hervor, die rund 60 Prozent der intensivmedizinischen Patientinnen und Patienten in Deutschland betreuen. „Sie spielen damit eine entscheidende Rolle bei der Identifizierung potenzieller Organspender, der Einhaltung der Richtlinien der Bundesärztekammer und der Verfahrensanweisungen der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), aber auch während des gesamten Transplantationsprozesses.“
Die DGAI setze sich daher weiterhin dafür ein, dass die Zusatzweiterbildung Transplantationsmedizin auch für Fachärztinnen und Fachärzte für Anästhesiologie geöffnet wird. Die bevorstehende Initiative der Bundesärztekammer, diesen Schritt mit einem entsprechenden Antrag auf dem Bundesärztekammertag im Mai zu unterstützen, betrachtet Hahnenkamp als Erfolg der Arbeit der DGAI-Kommission.
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Originalpublikation:
https://www.dgai.de/aktuelles-patientinnen-projekte/podcast.html
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