Gemeinschaftsausstellung "Points of View"
Künstlerische und wissenschaftliche Perspektiven auf die deutsche Kolonialgeschichte im
Westpazifik - eine Gemeinschaftsausstellung des Deutschen Schifffahrtsmuseum (DSM) / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte in Bremerhaven und dem Hafenmuseum Bremen, zu sehen vom 14. April bis 18. August 2024 im Hafenmuseum Bremen.
Die Geschichte der Tolai im Bismarck-Archipel ist eng mit der Geschichte Bremens
verbunden: Bremer Kaufleute und Reedereien waren von Anbeginn an deutschen
Kolonialprojekten in Papua-Neuguinea beteiligt. Als Knotenpunkt überseeischer
Verbindungen profitierten Bremen und Bremerhaven vom wachsenden weltweiten Handel
mit Waren und Rohstoffen und erlebten Ende des 19. Jahrhunderts einen unvergleichlichen Aufschwung. Der Norddeutsche Lloyd spielte dabei eine entscheidende Rolle: Die größte Bremer Reederei unterhielt während der Kolonialzeit einen Liniendienst nach Ostasien und einen Inseldienst im Westpazifik. Diese regelmäßigen Schifffahrtsverbindungen schufen die Voraussetzung dafür, dass die pazifischen Kolonien für die heimische Volkswirtschaft nutzbar gemacht werden konnten.
Die Ausstellung „Points of View“ experimentiert mit unterschiedlichen Zugängen aus Kunst
und Wissenschaft und zeigt einen vielschichtigen Blick auf Deutsche Kolonialgeschichte im
Bismarck-Archipel. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die künstlerischen Arbeiten von
Lisa Hilli (Melbourne): Die Künstlerin beschäftigt sich in ihrer Kunst mit der Geschichte
Papua- Neuguineas, der sie biografisch-familiär verbunden ist. Lisa Hilli arbeitet
multidisziplinär und reflektiert in ihren Arbeiten die (Un-)Sichtbarkeit Schwarzer und
melanesischer Frauen. Mit großer historischer Sensibilität arbeitet sie in verschiedenen
Sprachen und setzt unterschiedliche Formate ein, wie Fotografie, Video, Textilien und
Installationen. Ihre eigene Geschichte, die sich auch aus der Erfahrung als Tolai/Gunantuna-Frau speist, ist untrennbar mit dem Wirken und Kämpfen von Frauen aus Papua-Neuguinea verwoben.
Lisa Hilli: „Meine Kreativität speist sich daraus, tief in Archive einzutauchen, biografischen
Erzählungen meiner Interviewpartner:innen zu lauschen – in einer Art Zustand des
Wachtraumes. Ich möchte Individuen und Gesellschaften stärken, deren Geschichte(n)
übersehen werden und sie ermutigen, ihre Geschichte(n) in ihrer eigenen Weise mit anderen zu teilen.“
Die Ausstellungstexte des Bremer Historikers Tobias Goebel basieren auf aktueller
Kolonialismusforschung und reflektieren, wie sich der Ausbau maritimer Infrastruktur auf
das politische, soziale und wirtschaftliche Leben im Kolonialgebiet auswirkte und welche
Auswirkungen noch heute spürbar sind.
Goebels Forschungsinteresse gilt der Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte im
Pazifik und seiner Verbindungen nach Bremen.
Tobias Goebel: „Obwohl sich die politische Lage langsam ändert und der deutsche
Kolonialismus mehr als noch vor wenigen Jahren auch in der Öffentlichkeit diskutiert wird,
fristen die sogenannten Südseekolonien in der Auseinandersetzung um das koloniale Erbe
noch immer ein eher randständiges Dasein.“
Lisa Hilli und Tobias Goebel arbeiten seit 2018 zusammen, unter anderem in einem
Forschungsprojekt zum Norddeutschen Lloyd am Deutschen Schifffahrtsmuseum DSM. Beide eint die Begeisterung, die kolonialen Archive auf ihre bisher im Verborgenen gebliebenen Geschichten zu durchforsten und Schicksale sichtbar zu machen.
Die Ausstellung entstand in enger Kooperation mit dem Deutschen Schiffahrtsmuseum DSM in Bremerhaven. Kuratiert wurde sie von Anne Schweisfurth (Hafenmuseum Bremen), Prof. Dr. Ruth Schilling (Geschäftsführende Direktorin DSM), Lisa Hilli und Tobias Goebel, gestaltet wurde sie von dem Bremer Künstler Rainer Weber und dem Grafiker Axel Stiehler.
Weitere Informationen:
https://hafenmuseum-bremen.de/ausstellung/