Herzerkrankungen im 3D-Modell simulieren
Christine Maria Poch erhält den Jung-Karriere-Förderpreis für medizinische Forschung 2024 für ihre Erforschung des Herzens anhand von Modellsystemen
Ihr Herz schlägt für die Forschung – besonders für die Kardiologie. Mit der Entwicklung von innovativen dreidimensionalen Zellmodellen auf Basis von 3D-Druck-Technik simuliert Dr. med. Christine Maria Poch die Komplexität und Funktionalität des Herzens. Damit schafft sie nicht nur wertvolle Plattformen zur Erforschung von Herzerkrankungen, sondern darüber hinaus auch die Basis für neue Therapieformen. Aktuell arbeitet sie als Fachärztin für Kardiologie und klinische Forscherin an der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München. Für ihre vielversprechenden wissenschaftlichen Untersuchungen im Bereich der Kardiologie erhält sie in diesem Jahr den Jung-Karriere-Förderpreis für medizinische Forschung 2024 von der Hamburger Jung-Stiftung für Wissenschaft und Forschung. Der Preis unterstützt ihre Forschung in den kommenden drei Jahren mit insgesamt 210.000 Euro, die Christine Maria Poch frei für die Fortsetzung ihrer Arbeit einsetzen kann.
3D-Modelle boomen: In Industrie, Architektur und Kunst – und auch bei der Produktion technischer Medizingeräte und Prothesen werden 3D-Druck generierte Modelle vielfältig eingesetzt. Bereits heute lässt sich dieses Verfahren auch für den Nachbau menschlicher Organe anwenden, was einen enormen Schritt in Richtung einer noch besseren Behandlung von Krankheiten bedeutet. Doch können diese 3D-Modelle auch dazu beitragen, neue Möglichkeiten für die Regeneration eines Herzens nach einem Herzinfarkt zu erforschen? Genau dieser Frage widmet sich die diesjährige Preisträgerin med. Christine Maria Poch mit ihrem neuen Projekt: „Erforschung der kardialen Regeneration durch humane ventrikuläre Vorläuferzellen“. Mit einem Fokus auf 3D-Kultur und Tissue Engineering nutzt sie humane pluripotente Stammzellen (hPSC), um die komplexen Veränderungen bei Herzerkrankungen zu verstehen und neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.
In der Vergangenheit hat Christine Maria Poch bereits Erfolge erzielt, indem sie 3D-Modelle entwickelte, die spezifische Phänotypen von Krankheiten aufdeckten, die in herkömmlichen 2D-Kulturen verborgen blieben. Durch ihre Arbeit konnten entscheidende Defekte in der Entstehung des Hypoplastischen Linksherzsyndroms (HLHS) identifiziert werden – eine lebensbedrohliche Erkrankung, die bereits in den ersten Lebensmonaten zum Tode führen kann. Durch die möglichst naturgetreue 3D-Kultivierung von nativem Herzmuskelgewebe im Labor konnte Poch zudem die Duchenne Muskeldystrophie und ihre Auswirkungen auf das Herz genauer untersuchen und Effekte von neuartigen Gentherapien mittels der Gen-Schere beurteilen. Diese Krankheit manifestiert sich normalerweise im Kindesalter und führt schnell zu Muskelschwäche sowie einer eingeschränkten Lebensqualität im Rollstuhl.
Mit ihrem nächsten Projekt plant die Münchner Nachwuchsforscherin nun, ein innovatives 3D-Myokardnarben-Modell zu nutzen, um das regenerative Potential von kardialen Vorläuferzellen (HVPs) weiter zu untersuchen und den zellvermittelten kardialen Regenerationsprozesses in Echtzeit und auf Einzelzellebene zu studieren und zu optimieren. Kardiale Vorläuferzellen hatten sich bisher als sehr vielversprechend gezeigt. So hofft die junge Forscherin, optimierte Zellprodukte für eine verbesserte Herzregeneration herstellen zu können. Und bei eben diesem Vorhaben unterstützt sie die Jung-Stiftung über die kommenden drei Jahre: Die mit dem Jung-Karriere-Förderpreis einhergehende Summe von 210.000 Euro kann Christine Maria Poch in diesem Zeitraum frei für ihr spannendes Forschungsvorhaben einsetzen.
Neben Dr. med. Christine Maria Poch geht der Jung-Karriere-Förderpreis in diesem Jahr auch an den Neurologen Dr. med. Maximilian U. Friedrich, der am Center for Brain Circuit Therapeutics des Brigham and Women’s Hospital, Harvard Medical School an der Erstellung eines Atlas des neurologischen Netzwerks des Gleichgewichtssinns arbeitet. Beide erhalten die volle Fördersumme.
Ein Herz für Patient:innen – Der Werdegang von Dr. med Christine Maria Poch
„Als Studentin sammelte ich erste Laborerfahrungen und war fasziniert von der Stammzelltechnologie, insbesondere von der Möglichkeit, Zellen in vitro zu Herzzellen zu differenzieren und diese in der Petrischale schlagen zu sehen.“ Wenn Christine Maria Poch über ihre Forschung spricht, kann man die Begeisterung zwischen den Zeilen ihrer Ausführungen spüren. Dieser erste Berührungspunkt mit der Kardiologie ließ sie auch im weiteren Verlauf ihres Studiums und ihrer Karriere nicht mehr los – die Leidenschaft war geweckt. „Besonders fasziniert mich, das Verhalten der kardialen Vorläuferzellen auf Einzelzellebene dynamisch verfolgen zu können. Dabei die Möglichkeit zu haben, live zu beobachten, wie diese Zellen beschädigte Areale im Herzmuskel erkennen, gezielt dorthin wandern und sich in funktionsfähige Herzzellen differenzieren, ist äußerst spannend“, erläutert sie ihre Faszination für das Feld und ihre Forschung.
Die geborene Österreicherin studierte zunächst Pharmazie, bevor sie nach nur einem Jahr in die Humanmedizin wechselte. Dort ging es zielstrebig voran: Zunächst mit dem Studienabschluss in 2016 an der Paracelsus Medizinischen Universität in Österreich, 2022 folgte die Promotion an der Technischen Universität München. Beide Abschlüsse machte sie mit summa cum laude und wurde im Mai 2023 als Fachärztin für Kardiologie anerkannt. Ihr nächster Schritt: Eine Facharztweiterbildung für Innere Medizin. Was sie antreibt, ist aber nicht nur die wissenschaftliche Neugier, sondern vor allem auch die Hoffnung, mit ihren Forschungsergebnissen Leiden lindern zu können: „Trotz der zahlreichen Möglichkeiten herkömmlicher Behandlungsmethoden in der Kardiologie reichen diese für manche Patienten nicht aus, um das fehlende Regenerationspotenzial des menschlichen Herzens auszugleichen. Daher bin ich überzeugt, dass die Erforschung kardialer Stammzellen neue Wege in der Behandlung von Herzkrankheiten eröffnen kann.“
Jung-Karriere-Förderpreis 2024 für innovatives Projekt der Kardiologie
Auch, wenn der Preis ihr beruflich neue Türen öffnet – ihre Freizeit verbringt Christine Maria Poch lieber außer Haus, nämlich beim Sport in der freien Natur. „Glücklicherweise liegt München nicht weit von den Bergen entfernt, so dass in an meinen freien Tagen meist dort unterwegs bin.“ Ob Sommer oder Winter spielt dabei keine Rolle: Skifahren, Schneeschuhwandern, Mountainbiken, Wandern oder Joggen – für sie ist das Wichtigste, an der frischen Luft zu sein und sich an einem Bergpanorama zu erfreuen. Mit Ausdauer und Wissbegierde – aber auch mit der Fähigkeit Freundschaften zu schließen und empathisch durch das Leben zu gehen – hat Christine Maria Poch es an den Punkt gebracht, an dem die Jung-Stiftung für Wissenschaft und Forschung sie mit dem Jung-Karriere-Förderpreis auszeichnet. „Diese Auszeichnung ermutigt mich, meinen Weg als Clinician Scientist in der Forschung weiterzugehen. Es ist eine großartige Chance, die mir neue Möglichkeiten eröffnen kann, und ich bin dankbar für die Gelegenheit, meine Karriere voranzubringen“, fasst sie die Bedeutung des Preises für ihren weiteren Weg zusammen.
Die Jung-Stiftung engagiert sich seit über 40 Jahren für den Fortschritt der Humanmedizin. Mit ihren Preisen sowie verschiedenen Stipendien kommt die Stiftung so auf jährliche Förderungen im Wert von bis zu 650.000 Euro.