Graduiertenkolleg TransEvo für angewandte Evolutionsforschung weiter gefördert
Deutsche Forschungsgemeinschaft finanziert das internationale Promotionsprogramm „Translational Evolutionary Research“ an der CAU für weitere viereinhalb Jahre
Das Graduiertenkolleg (GRK) „Translational Evolutionary Research“ (TransEvo, deutsch: „Angewandte Evolutionsforschung“) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) wird bis Anfang 2029 in einer zweiten Förderphase fortgesetzt. Dafür stellt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) rund sechs Millionen Euro zur Verfügung, wie sie am Freitag bekannt gab. Mit ihrer Entscheidung bestätigt die DFG den besonderen Stellenwert der Evolutionsforschung am Standort Kiel, gemeinsam mit ihren Partnerinstitutionen hat sich die CAU in den vergangenen Jahren zu einem deutschlandweiten Schwerpunkt der Spitzenforschung auf diesem Gebiet entwickelt.
Im GRK TransEvo können nun weiterhin Doktorandinnen und Doktoranden gezielt in der angewandten Evolutionsforschung ausgebildet werden. In ihren Abschlussarbeiten entwickeln sie nachhaltige Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen in den Bereichen Umwelt, Medizin oder Landwirtschaft, die auf evolutionären Prozessen beruhen. Dabei geht es zum Beispiel um Artensterben durch Überfischung, antibiotikaresistente Krankheitserreger oder die Resistenzevolution im Pflanzenbau. Neben der CAU sind das Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön (MPI-EB), das GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung Kiel, das Forschungszentrum Borstel (FZB), das Institut für Weltwirtschaft (IfW) und das Max-Rubner-Institut (MRI) in Kiel beteiligt.
Die Zusammenarbeit der Institutionen sorgt für eine disziplinübergreifende Einbettung der Forschungsaktivitäten von der Meeresforschung über die Landwirtschaft bis hin zur Medizin. Insgesamt können nun weitere 14 Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler zu einem Forschungsthema mit evolutionärem Bezug ihre Promotionsprojekte aufnehmen und so die Grundlagenforschung in der Evolutionsbiologie einerseits und Lösungskonzepte in einem der Anwendungsgebiete andererseits vorantreiben. Das übergeordnete Ziel dieses Forschungsansatzes ist es, diese gesellschaftlich besonders relevanten Herausforderungen in Umwelt, Medizin und Landwirtschaft durch die Translation evolutionärer Erkenntnisse abzumildern oder zu lösen.
„Wir freuen uns mit allen Mitgliedern des Graduiertenkollegs über die erneute Förderzusage der DFG. Sie zeigt, dass sich das Ausbildungskonzept bewährt hat und erfolgreiche Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in der Evolutionsforschung heute mehr denn je gefragt sind. Mit ihren Arbeiten werden sie dazu beitragen, evolutionsbiologische Erkenntnisse schnell in unterschiedliche Anwendungsfelder zu übertragen und Lösungen für dringende gesellschaftliche Probleme zu entwickeln. Im Kieler GRK TransEvo finden sie dazu ideale Bedingungen vor“, betont CAU-Vizepräsident für Forschung Professor Eckhard Quandt.
Übertragung evolutionsbiologischer Konzepte in die Anwendung
Die vom GRK TransEvo bearbeiteten Probleme werden oft durch unbeabsichtigte menschliche Eingriffe in natürliche Systeme verursacht: Der anthropogene Einfluss verändert dabei häufig den Ablauf der natürlichen Selektion als Treiber evolutionärer Entwicklungen, was häufig negative Auswirkungen haben kann. Beispiele für solche nachwirkenden Eingriffe sind der Einsatz von Antibiotika oder Krebsmedikamenten in der Medizin, von Pestiziden in der Landwirtschaft oder die Störung ganzer Ökosysteme. „Im Graduiertenkolleg möchten wir durch die gezielte Ausbildung unserer Promovierenden zunächst das Verständnis für diese omnipräsenten Einflussfaktoren in verschiedenen lebenswissenschaftlichen Disziplinen fördern. Stück für Stück lernen wird dadurch besser, wie die zahlreichen menschlichen Eingriffe den Ablauf evolutionärer Mechanismen im Detail beeinflussen und wie wir ihren negativen Folgen künftig entgegenwirken können“, betont der TransEvo-Sprecher Professor Hinrich Schulenburg.
Komplementäres Ausbildungsmodell als besondere Stärke
Bereits seit 2020 können Promovierende nach diesen Prinzipien das GRK TransEvo absolvieren. Daran wollen die Mitglieder nun anknüpfen und erneut das bereits bewährte komplementäre Ausbildungsmodell anwenden: Dies bedeutet, dass die Promovierenden in sogenannten interdisziplinären Forschungstandems arbeiten. Sie forschen darin in jeweils zwei thematisch verwandten Teilprojekten, die eine sich ergänzende Anwendung von Forschungsansätzen beinhalten. „Auf diese Weise sind unsere Doktorandinnen und Doktoranden gezwungen, sich besonders mit den Verbindungen der verschiedenen Disziplinen zu beschäftigen und darauf aufbauend mögliche Synergien zu erkennen und zu nutzen“, betont CAU-Evolutionsbiologe Schulenburg. Ein Beispiel dafür sei etwa die Erforschung der Resistenzevolution von bakteriellen Krankheitserregern einerseits und ein zusätzliches Projekt in der Erprobung grundlegender evolutionsbiologischer Erkenntnisse in der klinischen Anwendung von Antibiotika, wie dies neben weiteren Themenpaarungen bereits in der ersten TransEvo-Förderphase praktiziert wurde.
Insgesamt wollen die Organisatorinnen und Organisatoren des Kollegs evolutionäres Denken in den drei Anwendungsbereichen Medizin, Nahrungsmittelproduktion sowie Artenschutz fördern. Das GRK TransEvo, das sich in das interdisziplinäre Forschungsumfeld des Kiel Evolution Center (KEC) einfügt, trägt bedeutend zur Nachwuchsförderung im CAU-Forschungsschwerpunkt Kiel Life Science (KLS) bei und hilft damit, die künftige Konkurrenzfähigkeit in der lebenswissenschaftlichen Spitzenforschung zu sichern. „Mit unserer strategischen Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der translationalen Evolutionsforschung wollen wir der wachsenden Bedeutung der evolutionären Perspektive in zahlreichen lebenswissenschaftlichen Forschungs- und Anwendungsfragen Rechnung tragen“, betont die stellvertretende GRK-Sprecherin Olivia Roth, CAU-Professorin für Marine Evolutionsbiologie. „Künftige Generationen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern können damit das Wissen um die zentrale Bedeutung der Evolution in ihrer Forschung berücksichtigen und sie so in den verschiedenen lebenswissenschaftlichen Disziplinen verankern“, so Roth weiter.
Fotos stehen zum Download bereit:
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Bildunterschrift: Die Mitglieder des Graduiertenkollegs arbeiten an nachhaltigen Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen in den Bereichen Umwelt, Medizin oder Landwirtschaft, die auf evolutionären Prozessen beruhen.
© Christian Urban, Uni Kiel
https://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/portraitbilder/hinrich-schulenburg-2018.jpg
Bildunterschrift: CAU-Evolutionsbiologe Prof. Hinrich Schulenburg leitet weiterhin das GRK TransEvo.
© Gunnar Dethlefsen/EvoLUNG
Weitere Informationen:
„DFG fördert 17 neue Graduiertenkollegs“,
Pressemitteilung der Deutschen Forschungsgemeinschaft vom 10. Mai:
https://www.dfg.de/de/service/presse/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung-nr-19
Graduiertenkolleg (GRK) 2501 Translational Evolutionary Research (TransEvo), CAU:
https://www.transevo.de
Kiel Evolution Center (KEC), CAU:
https://www.kec.uni-kiel.de
Forschungsschwerpunkt Kiel Life Science (KLS), CAU:
https://www.kls.uni-kiel.de
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Hinrich Schulenburg
Sprecher GRK TransEvo, CAU
Tel.: 0431-880-4141
E-Mail: hschulenburg@zoologie.uni-kiel.de
Weitere Informationen:
https://www.dfg.de/de/service/presse/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung-nr-19
https://www.transevo.de
https://www.kec.uni-kiel.de
https://www.kls.uni-kiel.de