Genaktivität von Bakterien unter Rotlicht
Forschende der Universität Bayreuth haben die Empfindlichkeit von bakteriellen Systemen zur Steuerung der Genaktivität gegenüber Rotlicht verändert und ihre molekulare Antwort auf den Lichtreiz umprogrammiert. Die Ergebnisse eröffnen spannende Möglichkeiten in der biotechnologischen Anwendung von Bakterien.
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What for?
Schon lange ist bekannt, dass Bakterien nicht nur Krankheiten verursachen, sondern auch breiten Einsatz in der Biotechnologie finden. Neben schon länger etablierten Anwendungen, z. B. zur bakteriellen Produktion von Proteinen, gewinnen entsprechend konfigurierte Bakterien neuerdings auch zunehmend Bedeutung bei Diagnose oder gar Behandlung von Krankheiten. Perspektivisch ist ein Ansatz denkbar, bei dem Bakterien im Körper an die richtigen Stellen geschleust werden, damit sie dort nach Aktivierung zielgenau Wirkstoffe freisetzen oder Proteine produzieren. Um Bakterien auf diese Weise einsetzen zu können, bietet sich eine gezielte Aktivierung durch Rotlicht an, welches lebendes Gewebe durchdringen kann. Hierzu müssen jedoch die Grundlagen der molekularen Antworten auf externe Reize wie Licht verstanden werden. Das Forschungsteam der Arbeitsgruppe Photobiochemie der Universität Bayreuth trägt mit seiner Studie zum Verständnis und der Entwicklung neuer Ansätze in der Aktivierung von Bakterien durch Rotlicht bei. Zudem erbringt die Gruppe grundlegende Prinzipien in die Sinneswahrnehmung von Bakterien.
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Bakterien müssen sich ständig an wechselnde äußerliche Signale wie Temperatur, pH-Wert oder Licht anpassen. Auf molekularer Ebene erfolgen diese Anpassungen häufig durch das Hinzufügen oder Abspalten von Phosphatgruppen. Für diese Prozesse ist in vielen Bakterien oftmals ein Zweikomponentensystem, bestehend aus einem lichtempfindlichen Enzym und einem Regulator, zuständig. In manchen Systemen spaltet das Enzym unter Rotlicht Phosphatgruppen vom Regulator ab, bei Dunkelheit fügt das Enzym Phosphatgruppen dem Regulator hinzu. Der Regulator löst in den Bakterien dann weitere molekulare Prozesse aus wie eine Veränderung der Genaktivität, was zur Produktion nahezu beliebiger Proteine genutzt werden kann. Forschende der Universität Bayreuth haben ein bakterielles Zweikomponentensystem modifiziert und damit gezeigt, dass bakterielle Systeme gezielt in ihrer physiologischen Antwort auf externe Reize umprogrammiert werden können. Die Publikation ist kürzlich in Nature Communications erschienen.
Für ihr Modellsystem haben Stefanie Meier, Doktorandin in der Arbeitsgruppe Photobiochemie, und Prof. Dr. Andreas Möglich, Leiter der Arbeitsgruppe, die lichtempfindliche Einheit des Zweikomponentensystems gegen eine andere ausgetauscht. Dadurch wurde das Zweikomponentensystem zehnmal empfindlicher gegenüber Rotlicht als die ursprüngliche Variante.
Den Grund für die höhere Lichtempfindlichkeit fanden die Forschenden in der veränderten Aktivität bezüglich der Phosphatgruppen: Beim modifizierten Zweikomponentensystem wurden im Vergleich zum ursprünglichen System unter Rotlicht die Phosphatgruppen schneller abgespalten. Das bedeutet, dass bereits bei geringen Rotlichtintensitäten das System inaktiviert wird.
Zudem veränderten die Forschenden die Länge der Verbindung (des „Linkers“) zwischen der lichtempfindlichen Einheit und dem restlichen Enzym. Sie stellten fest, dass die Systeme mit modifizierten Linkern gegensätzliche Eigenschaften in der Lichtregulierung und Signalantwort auf genetischer Ebene zu den ursprünglichen Systemen aufweisen.
In den Augen der Forschenden dienen die so entstandenen Varianten mit erhöhter Empfindlichkeit und umprogrammierter Aktivität als neuartige Instrumente für Anwendungen in der synthetischen Biologie und Biotechnologie. „Die an diesem Modellsystem hervorgebrachten Ergebnisse haben generelle Relevanz für unzählige Systeme dieser Art, die unter anderem wichtige bakterielle Antworten wie Entwicklung, Bewegung und Infektiosität regulieren. Zudem erstellen wir unmittelbar in der Biotechnologie einsetzbare Systeme, die erlauben, die Produktion beliebiger Proteine durch Rotlicht zu aktivieren“, sagt Möglich.
Die Studie wurde in Kooperation mit der Universität in Jyväskylä, Finnland, durchgeführt. Gefördert wurde sie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie dem EU-Projekt FET Open NEUROPA.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Andreas Möglich
Leiter der Arbeitsgruppe Photobiochemie
Universität Bayreuth
Tel.: +49 (0) 921 / 55-7835
E-Mail: andreas.moeglich@uni-bayreuth.de
Originalpublikation:
Leveraging the Histidine Kinase-Phosphatase Duality to Sculpt Two-Component Signaling. Stefanie S. M. Meier, Elina Multamäki, Américo T. Ranzani, Heikki Takala, Andreas Möglich. Nature Communications (2024)
DOI: 10.1038/s41467-024-49251-8