RWI: Deutsche Wirtschaft kommt langsam wieder in Schwung
Das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung erhöht seine Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum im Jahr 2024 leicht von 0,3 auf 0,4 Prozent, für 2025 erwartet es 1,5 Prozent. Die deutsche Wirtschaft erholt sich zunehmend, gestützt von Exporten und privatem Konsum. Die Arbeitslosenquote dürfte 2024 bei 5,9 Prozent, 2025 bei 5,7 Prozent liegen. Die Inflation dürfte in diesem Jahr 2,4 Prozent betragen und im nächsten auf 2,0 Prozent zurückgehen. Das RWI erwartet für das laufende Jahr ein staatliches Budgetdefizit von gut 58 Milliarden Euro und für 2025 ein Defizit von knapp 60 Milliarden Euro.
Das Wichtigste in Kürze:
- Das RWI erhöht seine Prognose des deutschen Wirtschaftswachstums für 2024 gegenüber März dieses Jahres leicht von 0,3 auf 0,4 Prozent. Für 2025 erwartet es 1,5 statt 1,2 Prozent.
- Seit Beginn des Jahres erholt sich die deutsche Wirtschaft. Unterstützung bekommt sie von den Exporten. Sie sind im ersten Quartal gestiegen, was darauf hindeutet, dass sich der Außenhandel allmählich belebt. Die konjunkturelle Erholung dürfte in den kommenden Quartalen etwas an Schwung gewinnen, auch wenn Unsicherheiten darüber bestehen bleiben, wie sich Energiepreise und Wirtschaftspolitik entwickeln.
- Zwar wird der private Konsum wohl auch 2024 noch durch die erhöhte Sparneigung gedämpft. Die privaten Haushalte sparen angesichts der hohen politischen und ökonomischen Unsicherheit deutlich mehr als üblich. Ihre Konsumzurückhaltung dürfte jedoch nach und nach dadurch sinken, dass die real verfügbaren Einkommen weiter steigen. Allerdings entwickelt sich der reale private Konsum schwächer als vor der Corona-Krise und das Vorkrisenniveau dürfte erst im dritten Quartal 2025 erreicht werden.
- Die Entwicklung des Arbeitsmarkts scheint weiterhin angespannt. Zwar stieg die Erwerbstätigkeit im ersten Quartal weiter und überschritt zum ersten Mal den Wert von 46 Millionen Erwerbstätigen im Inland. Allerdings waren die Zuwächse im langjährigen Vergleich nur recht klein und gingen gleichzeitig mit einem ähnlich großen Anstieg der registrierten Arbeitslosigkeit einher.
- Auch die Arbeitsmarktaussichten sind getrübt. Die Zahl der Erwerbstätigen dürfte im Jahresverlauf weiter nur geringfügig - um insgesamt 118.000 – steigen, bevor sie aufgrund der Demografie im Jahr 2025 sogar sinken dürfte. Die stärkste Entwicklung dürfte es weiterhin bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung geben, während ausschließlich geringfügige Beschäftigung schon ab Mitte des laufenden Jahres rückläufig sein dürfte und die Zahl der Selbstständigen ihren Sinkflug wohl fortsetzen wird. In diesem Jahr wird die Arbeitslosenquote voraussichtlich bei 5,9 Prozent liegen, im nächsten Jahr dann auf 5,7 Prozent sinken.
- Zu Beginn des Jahres setzte sich die kräftige Lohnentwicklung fort und der Reallohnverlust, der aus der stark erhöhten Inflationsrate der vergangenen beiden Jahre herrührte, wird allmählich ausgeglichen. Die Tarif- und Effektivverdienste (die tatsächlich von Arbeitgebern an die Arbeitnehmer gezahlten Bruttoverdienste, die außer dem Tarifverdienst die übertariflichen Leistungen enthalten) dürften insgesamt im Jahr 2024 nochmals stark steigen. Im nächsten Jahr dürften dann – wenn die vorübergehenden Kaufkrafteinbußen weitgehend ausgeglichen sind – neue Abschlüsse deutlich niedriger ausfallen. Im Jahresdurchschnitt dürften die Tariflöhne 2024 und 2025 um 4,8 Prozent bzw. 2,7 Prozent steigen.
- Die sinkenden Preise für Haushaltsenergie dämpfen die Inflation weiterhin, während die Inflationsrate bei den Dienstleistungen bisher nur sehr langsam fällt. Insbesondere bei Dienstleistungen im Restaurant- und Hotelwesen sind die Preise im Januar nach Auslaufen der coronabedingten Umsatzsteuersenkung merklich gestiegen. Dieser Sondereffekt wird im Laufe des Jahres jedoch an Bedeutung für den Inflationstrend verlieren. Für dieses Jahr erwartet das RWI eine Inflationsrate von 2,4 Prozent, für 2025 eine Rate von 2,0 Prozent.
- Das staatliche Budgetdefizit dürfte in diesem Jahr auf gut 58 Milliarden Euro zurückgehen. Maßgeblich hierfür ist der Wegfall der „Strom- und Gaspreisbremsen“, der die Staatskasse um rund 30 Milliarden Euro entlastet. Zudem fallen Zahlungen an besonders unter hohen Energiepreisen leidende Unternehmen weg. Die Staatseinnahmen legen kräftig zu, Einnahmen aus Sozialbeiträgen und die Lohnsteuer dürften stärker steigen als die ohnehin kräftig zulegenden Bruttolöhne und -gehälter. Die Staatsausgaben dürften in etwa mit der Rate des nominalen BIP steigen. Im Jahr 2025 dürfte das gesamtstaatliche Defizit knapp 60 Milliarden Euro betragen. Der prozentuale Anstieg der Einnahmen dürfte geringer und der der Ausgaben höher ausfallen als im Vorjahr, da einnahmesteigernde und ausgabensenkende Sondereffekte wegfallen.
Zu den Aussichten für die deutsche Wirtschaft sagt RWI-Konjunkturchef Torsten Schmidt: „Die deutsche Wirtschaft ist nach den jüngsten konjunkturellen Schocks auf einen Erholungskurs eingeschwenkt, die Risiken für die Konjunktur haben sich verringert. Auch wenn Inflationsentwicklung, grüne Transformation der deutschen Wirtschaft und mögliche internationale Handelssanktionen Risikofaktoren bleiben.“
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Torsten Schmidt, Tel.: (0201) 8149-287, torsten.schmidt@rwi-essen.de
Originalpublikation:
https://www.rwi-essen.de/fileadmin/user_upload/RWI/Publikationen/Konjunkturberichte/rwi-kb_2-2024.pdf
Weitere Informationen:
https://www.rwi-essen.de/forschung-beratung/kompetenzbereiche/wachstum-konjunktur-oeffentliche-finanzen/hightlight-themen/konjunkturprognose