KI-Offensive an bayerischen Hochschulen
Das Forschungs- und Innovationslabor Digitale Lehre (FIDL) legt Studie vor zum Einsatz, Nutzen und Grenzen von KI-Werkzeugen wie ChatGPT in der Hochschullehre.
München, 17. Juni 2024 – Das Forschungs- und Innovationslabor Digitale Lehre (FIDL) hat an der HM eine neue Studie vorgestellt, die anhand einer großangelegten Befragung Einsatz, Nutzen und Grenzen von ChatGPT und anderen Large Language Modellen (LLMs) in der Lehre an bayerischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAWs) analysiert.
Technisches Verständnis noch ausbaufähig
Die meisten der knapp 1.500 Teilnehmenden an der Onlinebefragung hatten ein geringes Verständnis zu den Nutzungsmöglichkeiten und der technologischen Funktionsweise von LLMs. Auch über die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten von Open Source LLMs wussten sie nur sehr wenig oder sogar nur wenige kannten domänenspezifisch trainierte LLMs für das eigene Fachgebiet.
Einsatzhäufigkeit noch gering
Ende 2023 wurden ChatGPT und andere LLMs in Lehre, Studium und Arbeitsalltag sehr zurückhaltend genutzt. Teilnehmer, die ChatGPT nie oder selten nutzen, sehen noch keine sinnvollen Einsatzmöglichkeiten, sind mit der Qualität der Ergebnisse nicht zufrieden oder äußern rechtliche Bedenken. Das kostenpflichtige ChatGPT-Plus-Lizenz GPT-4, mit verbesserten Funktionalitäten, wurde von den meisten Teilnehmern noch nie genutzt. Die Bewertung der Nützlichkeit von ChatGPT für verschiedene Einsatzszenarien fällt unterschiedlich aus je nach Zielgruppe, wobei das Zusammenfassen und die Verbesserung von Texten durchschnittlich als besonders nützlich eingeschätzt wurde.
Im Durchschnitt vertreten die Lehrenden die Meinung, dass noch eine ganze Reihe von Maßnahmen an HAWs etabliert werden sollten: die verstärkte Prüfung der Literaturverweise und -verzeichnisse durch Lehrende, die Etablierung von Plagiatsrichtlinien und die vermehrte Aufklärung von Studierenden über die Grenzen von ChatGPT.
Chancen und Risiken
Einig sind sich alle Zielgruppen im Mittel darin, dass ein Verbot der Nutzung von ChatGPT an Hochschulen nicht sinnvoll ist. Vielmehr wünschen sich Lehrende und Studierende mehr Aufklärung über die Grenzen von Sprachmodellen.
Die Teilnehmenden sehen ChatGPT als eine Chance zur Verbesserung der Lehre, aber auch als Herausforderung für die Prüfungskultur und die rechtliche Sicherheit. Eine Reihe von Teilnehmenden merken an, dass es zu Kompetenzverlusten bei den Studierenden als Konsequenz der ChatGPT-Nutzung kommen kann.
Lehre im Wandel
Die Studie legt nahe, dass die Art und Weise wie geprüft wird, sich verändern wird. Reine Wissensabfragen in Prüfungen werden ein Teil der Vergangenheit sein und auch die aktuelle Form der theoretischen Bachelor- oder Masterarbeiten könnte bald ausgedient haben. Mündliche Prüfungen werden in Zukunft einen höheren Stellenwert bekommen, um das Wissen der Studierenden in einem bestimmten Fachbereich zu testen.
Die Ergebnisse der aktuellen FIDL-Studie basieren auf einer schriftlichen Onlinebefragung von Lehrenden, Studierenden und Funktionsträgerinnen und -träger aus dem Hochschulmanagement. Insgesamt nahmen 1.570 Personen an dieser Onlineumfrage teil und es wurden 27 Interviews geführt.
FIDL
Das FIDL ist eine Einrichtung für alle bayerischen HAWs mit Sitz in München und Nürnberg. Es etabliert einen exzellenten Einsatz von Bildungstechnologien, Medientechnik und -didaktik in der Hochschullehre. Außerdem fördert das FIDL den Austausch zwischen den Hochschulen und stellt Forschungs- und Entwicklungsergebnisse zur Verfügung. Mitherausgeber der Studie ist Prof. Dr. Klaus Kreulich, Vizepräsident für Lehre. Die wissenschaftliche Leitung hatte HM-Prof. Dr. Christian Gärtner. Aus dem FIDL-Team München haben Dr. Anna Moraß, Sara Koss, Silvia Garbusa, Sibylle Matern und Ina Innermann als Autorinnen mitgewirkt.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Kontakt: Ralf Kastner unter T 089 1265-1922 oder presse@hm.edu
Weitere Informationen:
https://fidl.education/ Weiterführende Informationen zur Studie auf den Webseiten von FIDL