Neues Tool kartiert mikrobielle Diversität mit noch nie dagewesenen Details
SynTracker ermöglicht die Analyse von strukturellen genomischen Variationen in mikrobiellen Populationen
Forscher des MPI für Biologie Tübingen haben das bahnbrechende SynTracker entwickelt. SynTracker erweitert die traditionelle mikrobielle Analyse durch die Berücksichtigung genomischer Strukturvariationen und ergänzt damit bestehende SNP-basierte Methoden. Diese Innovation ermöglicht genauere und tiefere Einblicke in die mikrobielle Stammdiversität und Evolution. Der in Nature Biotechnology veröffentlichte SynTracker bietet Wissenschaftlern speziesspezifische Analysemöglichkeiten, die es ihnen ermöglichen, sich auf die Genomsyntenie mikrobieller Populationen zu konzentrieren.
SynTracker wurde entwickelt, um Genome oder Genomfragmente zu vergleichen, die von verwandten mikrobiellen Stämmen stammen, indem ihre Syntenie bewertet wird oder die Reihenfolge kurzer genomischer Sequenzen erhalten bleibt. Dieses aufregende Instrument verspricht, die Erforschung der mikrobiellen Evolution zu revolutionieren. SynTracker bietet den Forschern eine leistungsstarke Plattform zur Analyse und Verfolgung struktureller Veränderungen, wie z. B. der Rekombination, und öffnet damit die Tür zur Erforschung der komplexen Dynamik mikrobieller Gemeinschaften.
"Es ist aufregend, einen neuen Blick auf die Daten zu bekommen", freut sich Prof. Dr. Ruth Ley, Direktorin der Abteilung Mikrobiomforschung am Max-Planck-Institut für Biologie in Tübingen. "Vor allem, weil wir die Evolution auf Stammebene innerhalb derselben Individuen bisher nicht in dieser Auflösung beobachten konnten."
Die Vorteile von SynTracker: mehr als Single Nucleotide Polymorphisms
Die bisher verfügbaren Instrumente stützten sich auf Mutationen. Wie Prof. Dr. Ley erklärt, "waren wir weitgehend blind für andere Wege, auf denen sich Mikroben entwickeln", wenn man strukturelle Variationen betrachtet.
Die meisten weit verbreiteten Methoden zum Stammvergleich konzentrieren sich auf Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs). SNPs identifizieren lediglich potenzielle Unterschiede zwischen einzelnen DNA-Basen an bestimmten Stellen im Genom. Sie übersehen meist strukturelle Unterschiede, die phänotypische Merkmale und Evolutionspfade erheblich beeinflussen können. Aus Frustration über diesen blinden Fleck entwickelte der Postdoktorand Dr. Hagay Enav, ein Mitglied des Teams von Prof. Ley, SynTracker, um die Rekombination und andere Formen struktureller Variationen zu bewerten, die für die Evolution von Stämmen ebenso wichtig, wenn nicht sogar noch wichtiger sein können.
SynTracker bietet einen umfassenden Ansatz für die Stammanalyse, der nicht nur SNPs, sondern auch strukturelle Veränderungen wie genomische Insertionen, Deletionen und Rekombinationsereignisse berücksichtigt.
Durch die Entwicklung dieses Tools hat Dr. Enav neue Wege zur Erforschung der mikrobiellen Vielfalt eröffnet. Die Aufdeckung struktureller Genomvariationen ermöglicht ein differenzierteres Verständnis der mikrobiellen Evolution und der Faktoren, die die Vielfalt der Populationsstämme bestimmen.
Bei der klinischen Arbeit haben Forscher beispielsweise oft Schwierigkeiten zu bestimmen, ob die isolierten Bakterienstämme bei Sepsis-Patienten aus verschiedenen Proben identisch sind. Sie treffen subjektive Entscheidungen auf der Grundlage ihres Fachwissens darüber, ob Stämme völlig identisch sein müssen oder einige Mutationen enthalten. SynTracker hat das Potenzial, Forschern dabei zu helfen, festzustellen, ob Organismen in denselben Gradienten fallen.
Zu den künftigen Entwicklungen des Teams gehört die Automatisierung der nachgelagerten Analyse, um die Forscher bei der Visualisierung ihrer Daten auf verschiedene Weise mit Hilfe einer grafischen Schnittstelle für die Interpretation der Datensätze zu unterstützen.
Auf dem sich ständig weiterentwickelnden Gebiet der mikrobiologischen Forschung ist SynTracker ein leistungsstarkes neues Werkzeug. Es ermöglicht den Forschern, umfassendere wissenschaftliche Fragen darüber zu beantworten, wie genomische Strukturvariationen zu mikrobieller Vielfalt, Evolution und funktionellen Unterschieden innerhalb von Mikrobiomen beitragen. SynTracker schließt die Lücke, die frühere Technologien hinterlassen haben, und ermöglicht es den Forschern, seine neuartigen Fähigkeiten zu nutzen. Das Ergebnis sind ein tieferes Verständnis und neue Erkenntnisse über die mikrobielle Evolution und die Interaktionen innerhalb mikrobieller Gemeinschaften.
Zusammengefasst
• SynTracker eröffnet neue Möglichkeiten für die Analyse der komplexen Dynamik mikrobieller Gemeinschaften.
• Die Arbeit unterstreicht, wie wichtig es ist, bei der Analyse der mikrobiellen Stammdiversität und Evolution neben SNPs auch strukturelle Unterschiede zu berücksichtigen.
• SynTracker bietet mehrere entscheidende Vorteile gegenüber herkömmlichen SNP-basierten Methoden (Single Nucleotide Polymorphisms):
o Zeigt strukturelle Variationen jenseits einzelner genetischer Veränderungen auf.
o Bietet einen umfassenden Überblick über die Stammevolution.
o Ermöglicht eine tiefer gehende artspezifische Analyse von mikrobiellen Populationen.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Ruth Ley
Direktorin der Abteilung für Mikrobiomforschung
Max-Planck-Institut für Biologie Tübingen
ruth.ley@tuebingen.mpg.de
Originalpublikation:
Enav, H., Paz, I. & Ley, R. E. (2024): Strain tracking in complex microbiomes using synteny analysis reveals per-species modes of evolution. Nature Biotechnology (2024). https://doi.org/10.1038/s41587-024-02276-2
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Enav, H., & Ley, R. E. (2024): Tracking gene order provides a new perspective on intraspecific evolution in microbiotas. Nature Biotechnology, Research briefing, 19 June 2024. https://doi.org/10.1038/s41587-024-02277-1
Weitere Informationen:
https://www.bio.mpg.de/331261/news_publication_22109480_transferred?c=125670