Medizininformatik-Initiative legt Grundlagen für EHDS
Ergebnisse der Initiative in Bundesgesundheitsblatt-Sonderheft veröffentlicht
Die vom Bundesforschungsministerium (BMBF) geförderte Medizininformatik-Initiative (MII) hat Strukturen und Prozesse etabliert, um Daten aus der Routineversorgung für die medizinische Forschung zugänglich zu machen. In einem Sonderheft des Bundesgesundheitsblatts, das im Juni 2024 online veröffentlicht wurde, stellt die MII ihre Ergebnisse dar. Die Autorinnen und Autoren erläutern, wie die dezentral-föderierte Infrastruktur der MII funktioniert.
An allen Standorten der Universitätsmedizin und ersten nichtuniversitären Kliniken wurden im Rahmen der MII Datenintegrationszentren (DIZ) aufgebaut, die Versorgungsdaten aus den primären IT-Systemen extrahieren, aufbereiten und für die medizinische Forschung datenschutzgerecht bereitstellen. Über das Forschungsdatenportal für Gesundheit (FDPG) können Forschende die verfügbaren Datenbestände aus der Versorgungsdokumentation aller deutschen Universitätskliniken erstmals über einen zentralen Zugang abfragen und beantragen.
Leiter der MII-Koordinationsstelle Sebastian C. Semler, Geschäftsführer der TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V., sagt: „Mit dem Dekadenprojekt MII wurde erstmalig eine Fördermaßnahme durch das BMBF geschaffen, die alle Standorte der Universitätsmedizin in deutschlandweiter Kooperation vernetzt, um einen einmaligen, umfassenden Forschungsraum für die Nutzung von Gesundheitsdaten zu schaffen. Mit ihrer Infrastruktur legt die MII erfolgreich Grundlagen für die datenbasierte Medizin in Deutschland. Zugleich leistet sie wichtige Vorarbeit für den Anschluss Deutschlands an die Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten im Europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS). Um den Anforderungen an eine digitale Gesundheits- und Forschungslandschaft erfolgreich zu begegnen, ist die Entwicklung einer gemeinsamen Gesundheitsdatenarchitektur und einer Vision der Datennutzung notwendig. Insbesondere die DIZ und das FDPG können wichtige Aufgaben in der Gesundheitsdatenarchitektur für den EHDS übernehmen.“
Wichtige Voraussetzungen der MII für die bundesweite Datennutzung sind darüber hinaus das von allen Universitätskliniken unterzeichnete einheitliche Vertragswerk, der MII-Kerndatensatz im FHIR-Format und der Broad Consent zur Einwilligung für Patientinnen und Patienten. Zur Stärkung der Lehre in der Medizininformatik wurden 51 neue Professuren, 21 wissenschaftliche Nachwuchsgruppen und verschiedene neue Studiengänge etabliert.
Um Synergien zu schaffen, hat sich die MII mit weiteren Initiativen wie der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) und dem Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) sowie mit internationalen Initiativen wie der FAIR-Data-Initiative der Research Data Alliance und der Initiative „Observational Health Data Sciences and Informatics“ (OHDSI) vernetzt. Die DIZ wurden in die NUM-Förderung integriert, sodass sie als nachhaltige Infrastruktur bestehen bleiben können. MII und NUM haben gemeinsam eine Koordinierungsgruppe für Gesundheitsforschungsdateninfrastrukturen gegründet, die dem Austausch aller relevanten Akteure in Forschung und Versorgung dient.
Herausforderungen auf dem Weg zum EHDS sieht Semler beispielsweise darin, Akzeptanz bei Bürgerinnen und Bürgern sowie Ärztinnen und Ärzten, die die Daten erheben, zu schaffen. Dazu sei viel Informationsarbeit und Kommunikation notwendig. Es sollten gute Beispiele erarbeitet und kommuniziert werden, die zeigen, wie Datennutzung zu einer besseren Versorgung beigetragen hat.
Zur Publikation:
https://link.springer.com/journal/103/volumes-and-issues/67-6
Das Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz ist eine monatlich erscheinende gesundheitswissenschaftliche Fachzeitschrift, deren Redaktion ihren Sitz im Robert Koch-Institut (RKI) hat. Die Herausgeber sind das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und das RKI. Die Zeitschrift umfasst alle Fragestellungen und Bereiche, mit denen sich das öffentliche Gesundheitswesen und die staatliche Gesundheitspolitik auseinandersetzen.
Pressekontakt:
Sophie Haderer, Tel.: 030 − 22 00 24 732, Mobil: 0173 4054214, E-Mail: presse@medizininformatik-initiative.de
Hintergrundinformationen zur MII:
Ziel der MII ist es, Routinedaten aus der Patientenversorgung bundesweit digital zu vernetzen und für die medizinische Forschung verfügbar zu machen, um Krankheiten zukünftig schneller und effektiver behandeln zu können. Daran arbeiten alle Einrichtungen der Universitätsmedizin Deutschlands gemeinsam mit nichtuniversitären Kliniken, Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Krankenkassen und Patientenvertretungen in den vier Konsortien DIFUTURE, HiGHmed, MIRACUM und SMITH. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die MII bis einschließlich 2026 mit insgesamt über 480 Millionen Euro. Datenschutz und Datensicherheit haben hierbei höchste Priorität.
Die MII baut seit 2018 Dateninfrastrukturen an den Universitätskliniken auf. Anhand vielfältiger Anwendungsfälle – von der Intensiv- bis zur Krebsmedizin – demonstrierten die MII-Partner bereits den Mehrwert ihrer IT-Lösungen in der Praxis. Im Fokus der Ausbau- und Erweiterungsphase (2023-2026) steht eine erweiterte Zusammenarbeit zwischen den Universitätskliniken und deren Kooperation mit neuen Partnern, insbesondere auch aus der regionalen Versorgung.
Ein wichtiger Baustein dieser Infrastruktur ist das Forschungsdatenportal für Gesundheit (FDPG). Es soll nicht nur MII-Partnern, sondern allen Forschenden als zentrale Anlaufstelle dienen, wenn sie Daten und Bioproben der Universitätsmedizin nutzen wollen. Zugleich richtet sich das FDPG an Bürgerinnen und Bürger. Es macht transparent, welche Projekte mit Patientendaten forschen und welche Ergebnisse dabei herausgekommen sind.
Ergänzend fördert das BMBF im Rahmen der MII sechs Digitale FortschrittsHubs Gesundheit (2021-2025). Ihre Aufgabe ist es, (zunächst in Pilotprojekten) die Pionierarbeit der Unikliniken in weitere Bereiche des Gesundheitssystems einzubringen: von der ambulanten Versorgung in Praxen bis zur Rehabilitation und Nachsorge. Zur Stärkung von Forschung und Lehre im Bereich der digitalen Gesundheit unterstützt das BMBF zudem neu eingerichtete Professuren mit insgesamt 21 Nachwuchsgruppen (2020-2026).
Für die nationale Abstimmung der Entwicklungen innerhalb der MII ist eine Koordinationsstelle zuständig, die die Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. (TMF) gemeinsam mit dem Medizinischen Fakultätentag (MFT) und dem Verband der Universitätsklinika Deutschlands e.V. (VUD) in Berlin betreibt.
Weitere Informationen:
https://link.springer.com/journal/103/volumes-and-issues/67-6