Plötzlich bewusstlos? Bei Herzstillstand mit Herzdruckmassage Leben retten
Herzstiftung zeigt, was man als Ersthelfer beim plötzlichen Herzstillstand tun muss: Die vier Schritte der Wiederbelebung
Jederzeit kann es passieren – zu Hause, am Arbeitsplatz oder auch auf dem Fußballplatz: Jemand bricht plötzlich zusammen, liegt bewusstlos am Boden und atmet nicht mehr: Herzstillstand! Die Bilder des EM-Spiels im Jahr 2021 zwischen Finnland und Dänemark, in dem der dänische Fußballspieler Christian Eriksen erfolgreich wiederbelebt werden konnte, gingen um die Welt. Heute steht er wieder im Nationalteam. Der Fall Eriksen hat gezeigt, wie lebensentscheidend richtiges und schnelles Handeln im Notfall ist. „Ohne unverzügliche Wiederbelebungsmaßnahmen endet ein Herzstillstand tödlich“, warnt Herzspezialist Professor Dr. med. Heribert Schunkert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. „Sofort muss nach Erkennen eines Herzstillstandes der Notarzt mit der Notrufnummer 112 alarmiert und die Herzdruckmassage begonnen werden. Denn mit jeder Minute, die bis zur Wiederbelebung verstreicht, verringert sich die Überlebenswahrscheinlichkeit um etwa zehn Prozent“, betont Schunkert, Ärztlicher Direktor der Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen am Deutschen Herzzentrum München. Auch im Rahmen von Massen-Events wie Fußball-EM oder Konzerten kann es passieren, dass Zuschauer im Stadion oder beim Public Viewing Zeuge eines Herzstillstands werden und sofort handeln müssen. Jeder sollte daher die vier Schritte der Wiederbelebung (Prüfen, Rufen, Drücken, Schocken) unter www.herzstiftung.de/wiederbelebung kennen.
Jedes Jahr fallen dem plötzlichen Herztod in Deutschland ca. 65.000 Menschen zum Opfer. Er ist die Folge einer bösartigen Herzrhythmusstörung (zumeist Kammerflimmern), die innerhalb weniger Sekunden zum Herzstillstand führt.
Jede Minute zählt! – Sofortige Herzdruckmassage für das Überleben essenziell
„Je schneller mit der Wiederbelebung durch Herzdruckmassage begonnen wird, desto größer ist die Chance, dass der Patient überlebt“, hebt Prof. Schunkert hervor. Als Taktgeber für die richtige Frequenz beim Drücken dienen Pop-Hits wie „Stayin‘ Alive“ der Bee Gees. Ein Rettungswagen braucht bis zum Notfallort im Durchschnitt neun Minuten. Bis dahin dient die Herzdruckmassage zum Überbrücken der Blutzirkulation, um vor allem das Gehirn mit Sauerstoff zu versorgen. „Wird jedoch mit Wiederbelebungsmaßnahmen gewartet, bis der Rettungsdienst mit dem Notarzt da ist, dann bedeutet das für Betroffene nach wenigen Minuten den Tod oder ein Leben mit meist schwersten bleibenden Hirnschädigungen“, warnt der Herzstiftungs-Vize-Vorsitzende. Helfer vor Ort – häufig sind es Angehörige, Freunde oder Personen aus dem näheren Umfeld der Betroffenen - müssen daher unmittelbar nach Absetzen des Notrufs 112 mit Wiederbelebungsmaßnahmen loslegen: Das heißt nach Prüfen und Rufen (112) sind die Schritte Drücken und Schocken (AED) durchzuführen. „Auch bei beobachtetem Herzstillstand in Nähe eines Stadions oder beim Public Viewing, wo meistens Rettungsdienste vor Ort präsent sind, müssen Ersthelfer sicherstellen, dass nach Absetzen der 112 ein Ersthelfer sofort die Herzdruckmassage durchführt, während eine andere Person medizinische Hilfe holt.“
Die vier Schritte der Reanimation im Video „Prüfen, Rufen, Drücken, Schocken – und ein Leben retten!“ sind unter www.herzstiftung.de/herzwochen-videos oder auf www.herzstiftung.de/wiederbelebung abrufbar.
Warum alleinige Herzdruckmassage ohne Atemspende?
Grund für das Nichtstun von Ersthelfern bei beobachtetem Herzstillstand ist oftmals die zusätzliche Atemspende. Viele lähmt im Ausnahmezustand die Komplexität und der noch nähere körperliche Kontakt, neben der Herzdruckmassage zusätzlich die Atemspende anwenden zu müssen. „Diese Verunsicherung kann bei Ersthelfern dazu führen, dass sie aus Angst vor Fehlern gar nichts mehr unternehmen“, erklärt der stellvertretende Herzstiftungs-Vorsitzende Schunkert und betont: „Wir raten Laien in der Erstversorgung zur alleinigen Herzdruckmassage.“ Die Atemspende sollte nur von regelmäßig medizinisch geschulten Personen, die die einzelnen Schritte sicher beherrschen, angewendet werden (zum Beispiel Rettungssanitäter).
Studien haben zudem gezeigt, dass eine Unterbrechung der Herzdruckmassage z. B. durch eine Atemspende ungünstig ist (1, 2). Es ist nicht der Sauerstoff, der dem Körper in den ersten Minuten nach einem Herzstillstand fehlt. Es ist der fehlende Blutfluss, so dass der Sauerstoff nicht zum Gehirn transportiert werden kann. Nur durch das Durchführen der Herzdruckmassage für die erforderlichen Thoraxkompressionen wird der Blutfluss im Körper künstlich aufrechterhalten, um Sauerstoff zum Gehirn zu transportieren. „Auch bei der alleinigen Herzdruckmassage ist ausreichend Sauerstoff im Blut. Durch die passive Lungenbewegung während der Herzdruckmassage kommt es zu einem minimalen Beatmungseffekt“, erklärt Schunkert. So könne die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes ohne Beatmung überbrückt werden.
Quellen:
(1) Bobrow Bentley J. et al., Chest Compression–Only CPR by Lay Rescuers and Survival From Out-of-Hospital Cardiac Arrest; JAMA. 2010;304(13):1447-1454. doi:10.1001/jama.2010.1392
(2) Riva G., et al., Survival in Out-of-Hospital Cardiac Arrest After Standard Cardiopulmonary Resuscitation or Chest Compressions Only Before Arrival of Emergency Medical Services: Nationwide Study During Three Guideline Periods, Circulation (2019; doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.118.038179)
Zusatz-Material zum Thema
Laienreanimation bei plötzlichem Herzstillstand
Prüfen, Rufen, Drücken, Schocken – unbedingt in dieser Reihenfolge.
Das ist die überlebensentscheidende Basis einer erfolgreichen Laienreanimation
Bei einem Herzstillstand hört das Herz auf zu schlagen oder es „zuckt“ nur noch, das sogenannte Herzkammerflimmern (über 300 Herzschläge pro Minute). Der Kreislauf bricht in Sekundenschnelle zusammen. Der Blutdruck sinkt komplett „auf null“ ab. Herzmuskel, Gehirn und andere Organe werden nicht mehr versorgt, geschädigt und im Zeitverlauf zunehmend zerstört.
Prüfen
Durch Hören, Sehen und Fühlen checken, ob der auf dem Boden liegende Betroffene noch atmet (nicht länger als 10 Sekunden). Ist ein Lufthauch aus dem Mund zu fühlen oder senkt und hebt sich dessen Brustkorb?
Rufen
112 ist überall in Europa ohne Vorwahl die medizinische Notfallnummer. Name, genaue Adresse und Beschwerden nennen. Sind zwei Ersthelfer vor Ort, ruft der an, der gerade nicht damit beschäftigt ist, Bewusstsein und Atmung zu prüfen.
Drücken
Bei fehlender Atmung umgehend mit der Herzdruckmassage beginnen. Hierfür den Handballen auf die Mitte des Brustkorbs legen, beide Hände aufeinander. Dabei kontinuierlich 100-120mal/Minute mit gestreckten Armen das Brustbein etwa 5-6 Zentimeter tief in Richtung Wirbelsäule herunterdrücken. Um im Takt zu bleiben, können Lieder wie der Bee Gees-Hit „Stayin‘ alive“ oder andere Songs mit einem Tempo von 100-120 bpm eine gedankliche Stütze sein.
Schocken
Sind zwei Helfer vor Ort, setzt einer die Herzdruckmassage ohne Unterbrechung fort, während der andere einen Automatischen Externen Defibrillator (AED) holt, sofern er weiß, wo sich einer in der Nähe befindet. Das Gerät ist selbsterklärend und leitet Retter mit einem integrierten Sprachmodul exakt an. Per AED kann das Herz im Idealfall wieder in seinen natürlichen Rhythmus gebracht werden und die Pumpfunktion wieder eigenständig übernehmen.
Professionelle Hilfe
Unbedingt so lange drücken und - sofern erforderlich - schocken (AED), bis der Rettungsdienst die weitere notfallmedizinische Versorgung des Patienten übernimmt oder der Betroffene Lebenszeichen zeigt. Das Eintreffen des Rettungsdienstes dauert im Durchschnitt neun Minuten. Der Rettungsdienst leitet weitere Maßnahmen ein, die Klinik führt die Versorgung nach Einlieferung fort.
Zumeist zu Hause
64 % der Herz-Kreislauf-Stillstände treten in der eigenen Wohnung auf. Bis zu 45 %
aller Ereignisse werden von Familienangehörigen, Freunden oder anderen Personen beobachtet.
Fehlende Kenntnisse
Weltweit erleiden alljährlich 67 bis 170 von 100 000 Menschen einen Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb eines Krankenhauses. Der plötzliche Herztod gehört damit weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Nur 2 bis 20 Prozent der Patienten überleben. Das liegt unter anderem daran, dass die Scheu die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, groß ist. Oft fehlen die notwendigen Kenntnisse.
Notfall-Set
Das Herznotfall-Set der Deutschen Herzstiftung kann kostenfrei unter www.herzstiftung.de/herznotfall-set bestellt werden. Gerne können Interessierte oder auch medizinisches Fachpersonal das Informationsmaterial auch telefonisch unter 069 955128-400 oder per E-Mail unter bestellung@herzstiftung.de anfordern.
Herzinfarkt-Symptome
www.herzstiftung.de/herzinfarkt-anzeichen
Wenn das Herz eines Fußballprofis aus dem Takt gerät
Podcast-Gespräch mit Steffen Friedrich
www.herzstiftung.de/fussball-herzattacken
Plötzlicher Herztod bei jungen Menschen
www.herzstiftung.de/junge-herzen-retten
Der Ratgeber „Herzkrank? Schütze Dich vor dem Herzstillstand!“ (158 S.) kann kostenfrei per Tel. unter 069 955128-400 (E-Mail: bestellung@herzstiftung.de) angefordert werden. Leicht verständlich informieren Herzexperten über die wichtigsten Ursachen des Herzstillstands und wie Vorbeugung, Diagnose und konsequente Behandlung von Herzerkrankungen helfen, das Risiko eines plötzlichen Herztods auf ein Minimum zu reduzieren. Überlebende eines plötzlichen Herztods berichten eindrücklich in Patientenportraits.
HerzFit-App: Gesund, aktiv und informiert
Herzgesund leben und einem Herzinfarkt vorbeugen – alles was dazu nötig ist, finden Sie in unserer HerzFit-App. Mit der App können Sie Gesundheitsdaten erfassen wie etwa Blutdruck, Herzfrequenz, LDL-Cholesterin, Gewicht und Langzeitblutzucker und den Verlauf durch eine tagesaktuelle Darstellung kontrollieren. Mit dem von Herzexperten entwickelten integrierten Risikorechner können Sie zudem Ihr Herzalter bestimmen und ermitteln, wie hoch Ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist. Infos zur App: www.herzstiftung.de/herzfit-app
Quellen
- Deutsche Herzstiftung e. V. (Hg.), „HERZKRANK? Schütze dich vor dem HERZSTILLSTAND!“, Frankfurt am Main, Nov. 2023.
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
- Jahresbericht des Deutschen Reanimationsregisters 2022: Außerklinische Reanimation 2022
- Bundesministerium für Gesundheit: Informationen zur Laienreanimation in Deutschland 2022
2024
Deutsche Herzstiftung e.V.
Pressestelle: Michael Wichert /Pierre König
Tel. 069 955128-114/-140
presse@herzstiftung.de
www.herzstiftung.de
Weitere Informationen:
http://www.herzstiftung.de/wiederbelebung
http://www.herzstiftung.de/fussball-herzattacken
http://www.herzstiftung.de/herzinfarkt-anzeichen
http://www.herzstiftung.de/herzfit-app