Der Evolution der Proteine auf der Spur: ZukunftsWissen-Preis von Leopoldina und Commerzbank-Stiftung an Georg Hochberg
Wie haben sich Struktur und Funktion heute existierender Proteine im Laufe der Evolution entwickelt? Dieser Frage geht der Biochemiker Dr. Georg Hochberg in seiner Forschung auf dem Gebiet der evolutionären Biochemie nach. Seine Arbeit ermöglicht ein tiefergehendes Verständnis der Entstehung von Proteinen. Seine Erkenntnisse können dazu beitragen, biochemische Vorgänge wie die Photosynthese besser zu verstehen und im Labor zu optimieren. Für diese wissenschaftlichen Leistungen wird Hochberg mit dem Preis „ZukunftsWissen“ ausgezeichnet, den die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Commerzbank-Stiftung in diesem Jahr erstmals vergeben.
Die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung wird im Rahmen der Jahresversammlung der Leopoldina am Donnerstag, 26. September 2024, in Halle (Saale) verliehen.
Dr. Georg Hochberg erforscht die Evolution der Struktur und Funktion heute existierender Proteine. Als Postdoktorand im Labor des US-amerikanischen Biologen Prof. Joseph Thornton, Ph.D. an der Universität Chicago/USA rekonstruierte er die Entwicklung einzelner Aminosäuresequenzen und erstellte so molekulare Stammbäume von heutigen Proteinen. Seine Forschung wirft einen neuen Blick auf funktionell unwichtige Proteinkomplexe, die im Laufe der Evolution trotzdem erhalten blieben. Er widerspricht dabei dem Konzept der rein funktionellen Biochemie, in dem alle Mutationen einen Selektionsvorteil haben müssen, um weiterhin bestehen zu können. Hochbergs Erkenntnisse zeigen, dass manche Proteinkomplexe trotz mangelnden biochemischen Nutzens im Laufe der Evolution nicht wegfallen, weil ihre Auflösung zu aufwändig und nachteilig wäre.
In seiner aktuellen Arbeit als Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Terrestrische Mikrobiologie in Marburg bringt Hochberg die Erkenntnisse der evolutionären Biochemie in die Forschung der synthetischen Biochemie ein. Gemeinsam mit dem Leopoldina-Mitglied und Direktor der Abteilung für Biochemie und Synthetischen Metabolismus Prof. Dr. Tobias J. Erb untersuchte er die Evolution des Enzyms Rubisco, das bei Pflanzen für die Fixierung von Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre zuständig ist, also einen wichtigen Motor der Photosynthese darstellt. In seiner Wirkung ist Rubisco jedoch nicht sehr effizient, da es oft fälschlicherweise Sauerstoff statt CO2 bindet. Durch das Verständnis der Evolution dieses wichtigen Enzyms können in der synthetischen Biologie effizientere Methoden der Photosynthese erforscht werden.
Georg Hochberg (Jahrgang 1987) studierte Biologie an der University of Oxford/UK und wurde dort 2015 am Labor für Physikalische und Theoretische Chemie promoviert. Von 2015 bis 2019 war er als Postdoktorand im Fachbereich „Ecology and Evolution“ der University of Chicago/USA tätig. Seit 2019 ist Hochberg Leiter der unabhängigen Max-Planck-Forschungsgruppe „Evolutionary Biochemistry“ am Max-Planck-Institut für Terrestrische Mikrobiologie in Marburg sowie Nachwuchsgruppenleiter im Fachbereich Chemie der Universität Marburg. Hochberg ist zudem Mitglied des Zentrums für Synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO) und der Microbes for Climate (M4C) Initiative, in der Fachleute aus Biologie, Chemie, Physik und den Ingenieurswissenschaften transdisziplinär die wesentliche Rolle der Mikroorganismen beim Klimawandel untersuchen. Für seine Forschung erhielt Hochberg im Jahr 2022 einen ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrats und wurde 2023 in das Young Investigator Programme der European Molecular Biology Organization (EMBO) aufgenommen.
Mit dem neuen Preis „ZukunftsWissen – der Early Career Award von Leopoldina und Commerzbank-Stiftung“ zeichnen Leopoldina und Commerzbank-Stiftung ab 2024 jährlich herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus. Der Preis ist mit 50.000 Euro dotiert. Mit der Auszeichnung werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geehrt, die hervorragende Leistungen auf dem Themengebiet der jeweiligen Leopoldina-Jahresversammlung erbracht haben und die in ihren Forschungen Herausforderungen der Zukunft in den Blick nehmen. Dabei kann der Bezug zum Thema der Jahresversammlung weit gefasst werden und aus allen an der Leopoldina vertretenen Disziplinen stammen. Besonders erwünscht sind fächerübergreifende Forschungen. Der Preis ist mit einem öffentlichen Vortrag der Preisträgerin oder des Preisträgers zur Jahresversammlung verbunden. Er löst den „Early Career Award“ ab, für den die Commerzbank-Stiftung der Leopoldina zwischen 2010 und 2022 jeweils ein Preisgeld in Höhe von 30.000 Euro zur Verfügung gestellt hatte und der alle zwei Jahre im Rahmen der Jahresversammlung verliehen wurde. Weitere Informationen zum Preis: https://www.leopoldina.org/ueber-uns/auszeichnungen/preise-und-ehrungen/zukunftswissen/
Der Preis „ZukunftsWissen“ wird im Rahmen der Leopoldina-Jahresversammlung am Donnerstag, 26. September 2024 in Halle (Saale) verliehen. Die Veranstaltung widmet sich in diesem Jahr dem Thema „Ursprung und Beginn des Lebens“: https://www.leopoldina.org/veranstaltungen/veranstaltung/event/3137/
Über die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina:
Als Nationale Akademie der Wissenschaften leistet die Leopoldina unabhängige wissenschaftsbasierte Politikberatung zu gesellschaftlich relevanten Fragen. Dazu erarbeitet die Akademie interdisziplinäre Stellungnahmen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. In diesen Veröffentlichungen werden Handlungsoptionen aufgezeigt, zu entscheiden ist Aufgabe der demokratisch legitimierten Politik. Die Expertinnen und Experten, die Stellungnahmen verfassen, arbeiten ehrenamtlich und ergebnisoffen. Die Leopoldina vertritt die deutsche Wissenschaft in internationalen Gremien, unter anderem bei der wissenschaftsbasierten Beratung der jährlichen G7- und G20-Gipfel. Sie hat rund 1.700 Mitglieder aus mehr als 30 Ländern und vereinigt Expertise aus nahezu allen Forschungsbereichen. Sie wurde 1652 gegründet und 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Die Leopoldina ist als unabhängige Wissenschaftsakademie dem Gemeinwohl verpflichtet.
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