Studie in Indonesien: Was den Umstieg auf nachhaltige Landwirtschaft beschleunigt
Ein Ökonomen-Team der Universität Passau untersucht seit mehreren Jahren in Indonesien, welche Ansätze wirken, damit in der Landwirtschaft langfristig nachhaltige Methoden angewandt werden. Eine Erkenntnis: Trainings, Bodentests und Sensibilisierung sind kostengünstige und effektive Maßnahmen, um den Prozess zu unterstützen.
Indonesien spürt die Folgen der intensiven Landwirtschaft: Böden haben an Fruchtbarkeit verloren, Rückstände von Pflanzenschutzmitteln belasten die Nahrung und das Grundwasser. Seit mehreren Jahren versuchen Politik und Nichtregierungsorganisationen deshalb, für den Umstieg auf nachhaltige Anbaumethoden zu werben – bislang mit geringem Erfolg.
„Die Maßnahmen sind bisher nicht zielgerichtet genug und sprechen kleine landwirtschaftliche Betriebe nicht an“, sagt Prof. Dr. Michael Grimm, Inhaber des Lehrstuhls für Development Economics an der Universität Passau. Gemeinsam mit seiner früheren Mitarbeiterin Dr. Nathalie Luck hat er in den vergangenen Jahren in verschiedenen Projekten untersucht, ob spezifische Schulungen und Sensibilisierung diesen Prozess beschleunigen können. Das Team ermittelte, ob Bäuerinnen und Bauern bereitwilliger Methoden des Biolandbaus aufgreifen, wenn sie mehr dazu wissen und erkennen, dass sich die Bodenqualität dadurch bessert. Die Forschenden begleiten seit sechs Jahren mehr als 1100 Bäuerinnen und Bauern in 60 Dörfern in drei verschiedenen Bezirken der Provinz Yogyakarta und in der Provinz Tasikmalaya. Von 2018 bis 2023 führten der Ökonom und die Ökonomin insgesamt vier Datenerhebungen durch sowie ein randomisiertes Feldexperiment mit einer Behandlungsgruppe, die Trainingsmaßnahmen erhielt und einer Kontrollgruppe, die nicht geschult wurde.
Die Erkenntnisse im Überblick:
• Die Umstellung auf Methoden des Biolandbaus erfolgt nicht linear. Es gibt „Early-, Dis- und Late-Adopters“, also frühzeitige Anwenderinnen und Anwender, Bäuerinnen und Bauern, die zunächst einsteigen, zwischendurch aufhören und später wieder einsteigen sowie Landwirte, die erst spät umstellen.
• Das gemeinsame Praktizieren der Methoden spielt eine Rolle. Einen Einbruch habe es mancherorts infolge der Kontaktverbote durch die Pandemie gegeben, wenn Bauernverbände nicht mehr zusammengefunden haben.
• Die Wahrscheinlichkeit, dass Bäuerinnen und Bauern nachhaltige Methoden einsetzen, steigt, wenn sie Trainings mit praktischen Übungsteilen erhalten haben und ausreichend für die Probleme sensibilisiert werden. Der Einsatz von organischem Dünger ohne Gülle ist bei Landwirten, die an Trainings teilgenommen haben, um 17 Prozentpunkte höher als in der Kontrollgruppe. Zudem reduzieren sie den Stickstoff-Einsatz wesentlich stärker als die Kontrollgruppe.
• Noch besser wirken Trainings, wenn sie mit Bodentests kombiniert werden und die Bäuerinnen und Bauern sehen, dass sich die Bodenqualität verbessert.
„Die Daten zeigen, dass über die Zeit ein gewisses Wissen und Problembewusstsein aufgebaut werden und dann auch die Nutzung nachhaltiger Methoden zunimmt“, erklärt Prof. Dr. Grimm. Allerdings legen die Untersuchungen nahe, dass die Wirkung der Schulungen bei einigen bereits nach einem Jahr nachlässt. „Um einen langfristigen Effekt zu erzielen, braucht es mehr Maßnahmen und die Unterstützung durch landwirtschaftliche Beraterinnen und Beratern vor Ort, die regelmäßig Bodentests durchführen sollten“, sagt Dr. Luck.
Die Forschenden der Universität Passau führten die Datenerhebungen und Experimente in verschiedenen Projekten gefördert von mehreren Mittelgebern durch. Für die Erhebungen und Experimente in den Jahren 2021, 2022 und 2023 erhielten sie Förderung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Nathalie Luck baute dabei auf Erkenntnissen ihrer Doktorarbeit auf, die sie im Rahmen des vom BMBF-geförderten Vorgängerprojekts IndOrganic durchführte. Für die Studien in Indonesien arbeitete das Passauer Forschungsteam eng mit renommierten Expertinnen und Experten aus Indonesien zusammen. Kooperationspartner waren unter anderen die Universitas Gadjah Mada in Yogykarta und das Institut Pertanian Bogor.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Michael Grimm
Lehrstuhl für Development Economics
Innstraße 29
94032 Passau
michael.grimm@uni-passau.de
Dr. Nathalie Luck
Lehrstuhl für Development Economics
Innstraße 29
94032 Passau
Nathalie.Luck@uni-passau.de
Weitere Informationen:
https://www.digital.uni-passau.de/beitraege/2024/nachhaltige-landwirtschaft-in-indonesien Beitrag im Digitalen Forschungsmagazin der Universität Passau
https://www.wiwi.uni-passau.de/fileadmin/dokumente/fakultaeten/wiwi/lehrstuehle/grimm/Fotos/Projekte/Policy_Brief-15.pdf Booklet mit Policy Briefs (Englisch)