Eisen macht es möglich
UR-Wissenschaftler*innen forschen an Hydroformylierungen von Olefinen mittels Eisenkatalyse und Licht
Die Hydroformylierung von Olefinen, auch bekannt unter dem Namen Oxosynthese, ist eines der wichtigsten industriellen Verfahren in der Chemie. Entwickelt 1938 von Otto Roehlen (Ruhrchemie) werden heutzutage mehr als 10 Millionen Tonnen pro Jahr an sogenannten Oxoprodukten mit diesem Verfahren hergestellt. Als Katalysatoren werden vor allen Rhodiumkatalysatoren verwendet, mit denen sich Olefine sehr effizient, allerdings bei hohen Temperaturen (150-200 °C) und Drücken (150 bis 300 bar Wasserstoff/ Kohlenmonoxid), zu den gewünschten Produkten umsetzen lassen. Rhodium gehört zu den seltensten Metallen auf unserer Erde: 1 Gramm kostet etwa 140 EUR. Allgegenwärtiges Eisen dagegen kostet gerade einmal 120 EUR pro Tonne, ist also etwa eine Million Mal preiswerter und darüber hinaus auch weit weniger giftig.
Forschenden an der Universität Regensburg ist es nun gelungen, durch die Kombination von Eisenkatalyse und Licht elektronenarme Olefine bei Raumtemperatur und Atmosphärendruck zu hydroformylieren. Hierfür wird statt toxischen Kohlenmonoxids preiswertes 1,3,5-Trioxan, ein Trimer von Formaldehyd, eingesetzt. Das entwickelte Verfahren konnte auch auf verwandte Hydroacylierungen und Hydrocarboxlyierungen erweitert werden. „Es ist fraglos noch ein weiter Weg, bis dieser Ansatz mit Rhodium-katalysierten Verfahren konkurrieren kann“ erklärt Prof. Dr. Oliver Reiser, Institut für Organische Chemie der UR, „doch ist der Ersatz von wertvollen Metallen wie Rhodium oder Iridium durch gut verfügbare Alternativen für die Entwicklung von ressourcenschonenden Verfahren unerlässlich auf dem Weg zu einer nachhaltigen Chemie.“
Die Photokatalyse, also die Nutzung von Licht zur chemischen Synthese, ist eines der aktiven Forschungsgebiete in der Organischen Chemie. Damit organische Moleküle effektiv durch Licht angeregt werden können setzt man vermittelnde Katalysatoren ein. Auch hierfür werden überwiegend edle Metalle wie Ruthenium oder Iridium – seltener als Gold – verwendet. Von auf der Erde reichlich vorhandenen Metallen wie Eisen oder Kupfer wurde lange angenommen, dass sie als Photokatalysatoren weniger geeignet sind, da deren durch Licht initiierte, angeregte Zustände sehr kurzlebig sind (Nano- oder gar Pikosekunden) und dadurch Reaktionen mit Molekülen nicht ermöglichen.
Die Arbeitsgruppe von Prof. Reiser, unterstützt durch den von der Deutschen Forschungs-gemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereich 325 „Assembly Controlled Photocatalysis“, konnte zunächst Kupfer und in jüngerer Zeit auch Eisen für Photokatalysen nutzen. Der „Trick“ ist, dass Substrate zunächst mit den Katalysatormolekülen einen Komplex bilden, der durch Licht in einer ultraschnellen Reaktion gespalten wird. Die entstehenden reaktiven Fragmente können dann chemische Reaktionen auslösen. Auch die nun entwickelte Hydroformylierung erfolgt nach diesem Prinzip: Durch lichtinduzierte Spaltung einer Eisen-Chlor-Bindung werden Chlorradikale erzeugt, die nachfolgend das Trioxan durch eine Wasserstoffatomabspaltung für die Hydroformylierung von Olefinen aktivieren.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Oliver Reiser
Institut für Organische Chemie
Universität Regensburg
E-Mail: Oliver.Reiser@ur.de
Tel.: +49 (0)941-9434631
Originalpublikation:
V. Klöpfer, A. Chinchole, O. Reiser, Tetrahedron Chem 2024, 10, 100073: Dual iron- and organophotocatalyzed hydroformylation, hydroacylation and hydrocarboxylation of Michael-acceptors utilizing 1,3,5-trioxanes as C1-Synthone
https://doi.org/10.1016/j.tchem.2024.100073