Mit Digitalisierung CO2 einsparen: »SiPro« reduziert den Energieverbrauch in der Warmmassivumformung
Erst durch Umformschritte wie Freiformschmieden, werkzeuggebundenes Schmieden (Gesenkschmieden) oder Walzen erhalten zahlreiche Metallteile ihre gewünschte Form. Der Weg zum fertigen Bauteil erfordert oft zahlreiche Bearbeitungsschritte und ist mit hohem Energieeinsatz verbunden, gerade beim Warmumformen. Grund genug für die Projektpartner in SiPro, durch die Verbindung von Gießprozess- und Umformsimulation diese Prozesse durchgängig abzubilden, um zusätzliches Energiesparpotenzial zu heben. Ein weiterer Ansatzpunkt von SiPro ist die Fertigungsqualität, denn auch weniger Ausschuss hilft, unnötigen Energieeinsatz zu vermeiden und die CO2-Bilanz zu verbessern.
In einer simulationsbasierten Prozesskettenoptimierung durchleuchten die Projektpartner alle Fertigungsprozesse vom Stahlguss bis zum fertigen Bauteil, um die virtuelle Abbildung dieser Prozesse in Form eines optimierten digitalen Zwillings auf eine neue Stufe zu heben. Prinzipbedingt weisen umformtechnische Herstellungsprozesse einen hohen Materialnutzungsgrad auf – es entsteht kaum oder vergleichsweise geringer Volumenverlust. Gelingt es, die Energieeffizienz insgesamt zu verbessern, könnte der ökologische Fußabdruck verschiedener Umformverfahren nochmals deutlich reduziert werden.
Im Projekt werden die entwickelten Modelle durch einen Abgleich der Prozesssimulationen mit Validierungsversuchen von Urformprozessen (Metallgießverfahren) und Umformprozessen verifiziert. Parallel werden die meisten Prozesse der Industriepartner messtechnisch digitalisiert, um die entwickelte Simulationsschnittstelle zwischen Ur- und Umformprozessen auch an realen Industrieprozessen überprüfen zu können. Durch den digitalen Zwilling wird ein Maximum an zusätzlichen Informationen generiert, die den Projektpartnern erhebliche technologische Vorteile erschließen.
Die entwickelte und validierte Prozesskettensimulation wird anschließend genutzt, um die unterschiedlichen Fertigungsschritte der Wärmebehandlung und Umformung zu optimieren. Das Ziel: die Verarbeitungs- bzw. Behandlungstemperatur sowie die Prozesszeiten deutlich zu reduzieren, bei gleichbleibenden Bauteileigenschaften. Dabei werden auch Möglichkeiten zur Qualitätsverbesserung und Ausschussreduzierung genutzt, die sich aus der Auswertung der Simulationen ergeben. Abschließend erproben die Partner die so optimierten Randbedingungen in industriellen Prozessen, um das CO2-Einsparpotenzial verlässlich zu beziffern.
Die Projektpartner halten einen um bis zu 10 Prozent reduzierten Verbrauch von Strom und Gas entlang der gesamten Prozesskette der Warmmassivumformung für realistisch. Bezogen auf die deutsche Jahresproduktion von Walzstahl von rund 30 Millionen Tonnen liegt somit das theoretische Einsparpotenzial für Strom und Gas bei rund 4 920 000 Gigajoule pro Jahr. Umgerechnet auf Gigawattstunden könnten somit jährlich 1367 Gigawattstunden eingespart werden, das entspricht dem durchschnittlichen Jahresstrombedarf von fast 400 000 Privathaushalten.
Forschungsschwerpunkte des Fraunhofer IWU in SiPro sind die Prozesssimulation und praktische Erprobungen in der Warmmassivumformung einschließlich vor- und nachgelagerter Wärmebehandlungsprozesse von Schmiedestücken für die Verfahren Gesenkschmieden und Ringwalzen.
Weitere Projektpartner in SiPro sind: TU Chemnitz (Professur Umformtechnik; Konsortialführung und Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik), TU Bergakademie Freiberg, Stahlzentrum Freiberg e.V., Rosswag GmbH, Georgsmarienhütte GmbH, Mannstaedt GmbH, Schmiedewerke Gröditz GmbH, GSA Gesenkschmiede Schneider GmbH, MAGMA Gießereitechnologie GmbH, Hexagon Manufacturing Intelligence GmbH, Karl Diederichs GmbH & Co. KG.
Originalpublikation:
https://www.iwu.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/presseinformationen/2024-SiPro-Mit-Digitalisierung-CO2-in-Umformprozessen-einsparen.html
Weitere Informationen:
http://Gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestags (Projektträger Jülich)