Studie zeigt deutlichen Einfluss von Fahrgeräuschen auf individuelle Klangpräferenzen im Auto
Mehr als laute Bässe!
Laute oder unangenehme Fahrgeräusche können den Musikgenuss im Auto beeinträchtigen. Einige Soundsysteme passen daher dynamisch Lautstärke und Bässe an. Individuelle Klangpräferenzen werden dabei aber nicht berücksichtigt. In einer Studie des Fraunhofer IDMT in Oldenburg wurde nun untersucht, welchen Einfluss die Geräuschkulisse während der Fahrt auf das persönliche Klangerlebnis hat – und zeigt auf, wie einmalige individuelle Klangeinstellungen den Sound im Fahrzeug (und darüber hinaus) verbessern könnten.
Oldenburg, 23. Juli 2024. Seit über 15 Jahren beschäftigt sich die Gruppe Persönliche Hörsysteme am Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT mit den individuellen Klangpräferenzen des Menschen. Im Fokus stehen intelligente Hörlösungen für spezielle akustische Herausforderungen. Für eine aktuelle Studie¹ setzten sich die Forschenden mit Fahrgeräuschen auseinander, die das Musikerlebnis beim Autofahren beeinflussen. Sie untersuchten, wie sich die Präferenzen für Wiedergabelautstärke und Klangbalance in verschiedenen Umgebungsgeräuschen während der Fahrt unterscheiden. 18 normalhörende Probandinnen und Probanden im Alter von 23 bis 51 Jahren wurden gebeten, ihre individuell bevorzugten Einstellungen beim Musikhören in einer ruhigen Umgebung auszuwählen. Zusätzlich sollten sie die Aufgabe unter neun unterschiedlichen, in zufälliger Reihenfolge abgespielten Fahrgeräuschen wiederholen. Mit jeder Teilnehmerin und jedem Teilnehmer wurden diese Tests zweimal an verschiedenen Tagen durchgeführt. Zum Einsatz kam dabei die am Oldenburger Institutsteil entwickelte YourSound-Audiosoftware, die persönliche Klangeinstellungen sehr effizient und spielerisch anhand von Musikproben ermöglicht.
Mit dem Geräuschpegel ändern sich die Klangbedürfnisse
Die Beobachtungen der Forschenden bestätigen, dass bei lauten Fahrgeräuschen die Musik durch die Probandinnen und Probanden im Durchschnitt lauter und mit mehr Bassanteilen eingestellt wird. Einen solchen Ansatz verfolgen auch einige moderne Infotainmentsysteme automatisiert, sobald es im Fahrzeug durch die Abroll- und Windgeräusche lauter wird. Jedoch konnten die Forschenden erkennen, dass sich die eingestellten Pegel und Balancen je Person deutlich voneinander unterscheiden. »Diese personenbezogenen Klangeinstellungen blieben auch bei der wiederholten Untersuchung an einem anderen Tag sehr stabil. Eine persönliche Klangpräferenz war demnach bei den Studienteilnehmenden deutlich erkennbar«, erklärt PD Dr. Jan Rennies-Hochmuth, Leiter der Gruppe Persönliche Hörsysteme am Fraunhofer IDMT in Oldenburg.
Mit besonderem Interesse untersuchte die Studie darum die Klangeinstellungen, die während des Einspielens der verschiedenen Fahrgeräusche vorgenommen wurden. Die Präferenzen änderten sich bei den Fahrgeräuschen trotz erheblicher Pegelunterschiede und spektraler Unterschiede nur wenig. Sie unterschieden sich aber stark zwischen den einzelnen auseinander und wiesen zudem deutliche Abweichungen zur Klanganpassung ohne Nebengeräusche auf.Damit haben die Forscherinnen und Forscher nachgewiesen, dass eine individuelle Einstellung von Klangpräferenzen vorteilhaft sein kann und dabei auch Umgebungsgeräusche berücksichtigt werden sollten – was gerade zur Verbesserung der Audiowiedergabe in Autos ein wichtiges Ergebnis ist.
Individuelle Klanganpassungen in zwei Schritten
Für die praktische Anwendung lassen sich aus den Studienergebnissen einige Erkenntnisse ableiten: Individuelle Hörpräferenzen haben Menschen sowohl in ruhigen als auch in geräuschintensiven Fahrszenarien. Eine standardmäßige Erhöhung von Lautstärke und tiefen Frequenzen bei Nebengeräuschen kann demnach nicht allen Klangvorlieben gerecht werden. Die gute Nachricht: Persönliche Klangprofile könnten auf zwei einmalige Einstellungen begrenzt werden – einmal für ruhige Umgebungen und einmal für Szenarien mit Fahrgeräuschen.
»Mit einfachen, aber flexiblen Einstellmöglichkeiten in Infotainmentsystemen können die Insassen von einem deutlich besseren Hörerlebnis im Fahrzeug profitieren«, sagt Sina Buchholz, Studienleiterin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer IDMT. Die Forschenden sehen zudem Anwendungsmöglichkeiten über das Automobil hinaus. Einmal vorgenommene persönliche Einstellungen könnten auf weitere Geräte übertragen werden, z. B. auf Kopfhörer oder mobile Lautsprecher.
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¹ Die Ergebnisse der Studie wurden am 17.06.2024 in dem Artikel »Investigating Individual, Loudness-Dependent Equalization Preferences in Different Driving Sound Conditions« von Jan Rennies, Sina Buchholz, Andreas Volgenandt, Tobias Bruns, Christian Rollwage sowie Jens-E. Appell auf der Website der Audio Engineering Society veröffentlicht (https://aes2.org/publications/elibrary-page/?id=22639).
Hör-, Sprach- und Audiotechnologie HSA am Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT in Oldenburg
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Originalpublikation:
»Investigating Individual, Loudness-Dependent Equalization Preferences in Different Driving Sound Conditions« von Jan Rennies, Sina Buchholz, Andreas Volgenandt, Tobias Bruns, Christian Rollwage sowie Jens-E. Appell auf der Website der Audio Engineering Society veröffentlicht (https://aes2.org/publications/elibrary-page/?id=22639)
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