Künstliche Intelligenz für mehr Demokratie
Ein von der Daimler und Benz Stiftung geförderter Forschungsverbund befasst sich mit politischer Meinungsbildung und Partizipation
Die Daimler und Benz Stiftung nimmt in ihrem Förderformat „Ladenburger Kolleg“ neue Technologien für die politische Teilhabe in den Fokus; der Titel lautet „KI-basierte Methoden zur Unterstützung von Meinungsbildung und Partizipation“. Nach einem umfangreichen Aus-wahlverfahren stehen dem Forschungsverbund unter der Leitung von Prof. Dr. Jens Gerken, TU Dortmund, für einen Zeitraum von drei Jahren 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. Es soll erforscht werden, wie Informationen mithilfe künstlicher Intelligenz geprüft und kontextualisiert werden können.
Die politische Meinungsbildung zählt zu den Grundlagen einer funktionierenden demokratischen Gesellschaft. Allerdings ist sie in den letzten Jahren großen Änderungen unterworfen: Neben den klassischen Medien bestimmen heute diverse Akteure den öffentlichen Diskurs, der dann häufig unter dem Einfluss einseitiger Filterblasen und Echokammern steht. Für Bürger* ergeben sich Unsicherheiten, Unübersichtlichkeiten und nicht zuletzt Polarisierungen. Ob und wen sie aber wählen, hängt maßgeblich von den im Alltag konsumierten Informationen ab.
Die Informationslandschaft ist in unterschiedliche Content-Anbieter fragmentiert – soziale Medien, Influencer, Messanger-Dienste und viele mehr. Informationen werden dort häufig ohne Quellenangaben und einordnenden Kontext dargestellt. Im Gegensatz zu Informationen aus dem klassischen Journalismus haben Rezipienten hier keine Überprüfungsmöglichkeiten. Falschdarstellungen, Manipulationen, Verzerrungen oder künstlich erstellten Inhalten sind Tür und Tor geöffnet. Demokratische Prozesse, wie politische Meinungsbildung und freie Wahlen, werden gestört, bestehende Anschauungen verfestigt und konstruktive Diskurse untergraben.
An dieser Stelle setzt der von der Stiftung geförderte Forschungsverbund an. Während der Projektlaufzeit soll insbesondere ein innovatives Software-Werkzeug (KonCheck) entwickelt und erprobt werden, das als anwenderfreundliche App politisch relevante Informationen kontextualisieren sowie auf ihre Echtheit und Vertrauenswürdigkeit hin überprüfen kann. Technologisch sollen dabei Sprachmodelle der künstlichen Intelligenz zum Einsatz kommen. Nutzer können dann Fragen zu bestimmten Texten stellen, sich Quellen anzeigen lassen, Artikel in einfacher Sprache abrufen oder sich Inhalte im Kontext einordnen lassen. KonCheck soll Menschen zur Partizipation motivieren, indem es einfache Möglichkeiten zur Interaktion schafft.
Die Gestaltung des KI-Tools erfolgt in einem intuitiven und leicht verständlichen Design, da es sich vor allem an vulnerable Nutzergruppen richtet. Dazu gehören Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, Senioren und junge Erstwähler. Als sogenannte Digital Immigrants teilen ältere Menschen wegen mangelnder Medienkompetenz mitunter gefährliche Fake News. Jungwähler hingegen sind durch den frühen Konsum sozialer Medien oftmals in polarisierenden Informationsumgebungen sozialisiert und wenig kompromissbereit.
Leiter und Koordinator des interdisziplinären Forschungsverbunds ist Prof. Dr. Jens Gerken, der an der Technischen Universität Dortmund die Forschungseinheit „Inklusive Mensch-Roboter-Interaktion“ verantwortet. Die Entstehung des neuen KI-Tools wird aus sozialpsychologischer und kommunikationswissenschaftlicher Perspektive begleitet. Erklärtes Ziel des Ladenburger Kollegs „KI-basierte Methoden zur Unterstützung von Meinungsbildung und Partizipation“ ist es, Menschen in persönlichen Entscheidungsprozessen zu unterstützten und ihre Resilienz gegenüber Manipulation zu stärken. Politische Partizipation ist ein Ausdruck sozialer Gerechtigkeit und stärkt demokratische Mechanismen.
Projektpartner
• Technische Universität Dortmund
Prof. Dr. Jens Gerken (Koordination und Projektleitung), Inklusive Mensch-Roboter-Interaktion
Prof. Dr. Jürgen Howaldt, Sozialforschungsstelle
Prof. Dr. Johannes Weyer, Sozialforschungsstelle
Prof. Dr. Matthias R. Hastall, Kommunikation für Gesundheit, Inklusion und Teilhabe
• CISPA – Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit
Prof. Dr. Thorsten Holz
• Westfälische Hochschule
Prof. Dr. Norbert Pohlmann, Institut für Internet-Sicherheit
Prof. Dr. Tobias Urban, Institut für Internet-Sicherheit
• Hochschule Rhein-Waal
Prof. Dr. Matteo Große-Kampmann, Cloud Resilience Lab
Weitere Informationen:
https://bit.ly/3A5ugUL