Buddeln im Namen der Wissenschaft
350 Kilogramm Sand, eine 3D-Kamera, ein Beamer: Damit begeisterte Professor Georg Passig nicht nur die Besucher des diesjährigen ON Campus-Festivals. Seine Installation bringt an der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) nun verschiedene Disziplinen zusammen und hilft Forschenden und Studierenden, komplexe Fragestellungen aus den Bereichen Data Science, Design und Elektrotechnik buchstäblich zu begreifen.
Eigentlich war es eine Spielerei von Professor Georg Passig: Für das diesjährige ON Campus-Festival ließ der Studiendekan der Fakultät Elektro- und Informationstechnik von einem Köschinger Schreiner einen Sandkasten aus Europaletten bauen. Der Clou: Die Oberfläche des Sandes wird von einer 3D-Kamera millimetergenau erfasst und ausgewertet. Gleichzeitig projiziert ein Beamer, der eigentlich hätte ausrangiert werden sollen, von oben ein Bild auf den Sand. Je nach Abstand zur 3D-Kamera färbt sich der Sand virtuell um. „Gräbt man ein Loch in eine grüne Sandlandschaft, wird es blau, schüttet man einen Berg auf, wird er braun“, erklärt Passig.
Bei seiner Installation handelt es sich um eine Anwendung von Augmented Reality, einer mittlerweile weit verbreiteten Technologie, die den Blick auf die reale Welt mit digitalen Zusatzinformationen anreichert. Moderne Head-up-Displays blenden beispielsweise Informationen des Navigationssystems direkt in die Windschutzscheibe ein und „erweitern“ so die Realität. An der THI gehört Augmented Reality zu den Inhalten vieler Studiengänge. Passigs Sandkasten ist daher für viele seiner Kolleginnen und Kollegen in unterschiedlichen Kontexten nutzbar.
Für Professorin Sina Huber, die Computational Data Science lehrt, ist er eine gute Möglichkeit, ihren Studierenden abstrakte Themen buchstäblich begreifbar zu machen: „Data Science und KI sind wichtige Zukunftsthemen. Allerdings finden Studierende die mathematischen Konzepte hinter dem maschinellen Lernen oft schwer verständlich“, sagt Huber. Genau hier könne der Sandkasten helfen. „Ein wesentliches Konzept des Maschinellen Lernens ist ein Optimierungsverfahren, das dazu dient, den Punkt zu finden, an dem ein Modell am besten funktioniert und den geringsten Fehler macht.“ Das sei vergleichbar mit der Suche nach dem tiefsten Tal in einer hügeligen Landschaft – und das könnten die Studierenden mit Hilfe des Kastens nachvollziehen.
Auch im Masterstudiengang Design Leadership lässt sich Passigs Bastelei einsetzen: „An der Schnittstelle zwischen empirischer Forschung und strategischen Entscheidungen kann durch Visualisierung ein tieferes Verständnis erlangt und unterschiedliche Denkschulen zusammengeschaut werden“, erläutert Professor Bernhard Rothbucher. „Zugleich bieten die Sandformationen die Gelegenheit, Gruppendiskussionen im Raum abzubilden, zu speichern und als Diskussionsgrundlage weiterzuverwenden.“ Der bunt beleuchtete Kasten nützt also Forschenden und Studierenden gleichermaßen und regt zum Sandspielen im Namen der Wissenschaft an.
Originalpublikation:
https://www.thi.de/hochschule/aktuelles/news/buddeln-im-namen-der-wissenschaft/