DECHEMA-Preis und DFG-Heisenberg-Programm für Dr. Felix Löffler
Sein Multimaterial-Nano-3D-Drucker ermöglicht einen Durchbruch in der Parallelsynthese. Dr. Felix Löffler ersetzt die chemische Synthese in Kolben und Bechern durch feste Polymertinten. Ein Laserstrahl überträgt präzise nanometrische Mengen chemischer Verbindungen auf eine Akzeptoroberfläche, auf der Tausende verschiedener Reaktionen parallel ablaufen können. Der DECHEMA-Preis und das Heisenberg-Programm würdigen das nachgewiesene Potenzial seiner Erfindung für die Grundlagen- und angewandte Forschung in der chemischen Technik, der Biotechnologie und den Materialwissenschaften sowie das Potenzial für weitere interdisziplinäre Anwendungen.
Die Forschung von Dr. Felix Löffler ist mit zwei hochrangigen Preisen ausgezeichnet worden. Die gemeinnützige Deutsche Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie verlieh ihm den mit 20.000 Euro dotierten DECHEMA-Preis. Außerdem wurde er in das Heisenberg-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft aufgenommen, um seine Karriere als Hochschullehrer zu starten. Seit 2017 ist der studierte Physiker am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung tätig, wo er seine kreativen Visionen in die chemische Verfahrenstechnik, Biotechnologie und Materialwissenschaften einbringt. Sein wissenschaftliches Portfolio umfasst über 60 Publikationen und mehr als 3,5 Millionen Euro an Forschungsgeldern. Wir sprachen mit ihm darüber, wie er von seinem Büro und Labor im brandenburgischen Golm aus interdisziplinäre Akzente setzt und wohin ihn seine Leidenschaft für das Überschreiten disziplinärer Grenzen als Nächstes führen wird.
Herzlichen Glückwunsch, Dr. Löffler! Ihr viel beachteter Durchbruch ist der 3D-Multimaterial-Nanodrucker. Was ist das?
Der 3D-Multimaterial-Nanodrucker basiert auf einer innovativen Technologie, die es uns ermöglicht, komplexe chemische Verbindungen im Nanobereich dreidimensional zusammenzufügen – milliardenfach kleiner als ein menschliches Haar. Er funktioniert ähnlich wie eine Schreibmaschine. Statt mit einem Metallstift Tinte von einem Farbband auf Papier zu drucken, überträgt ein Laser polymere Tintenpunkte von einer Donorschicht auf eine Akzeptoroberfläche. Diese winzigen festen Tintenpunkte können verschiedene chemische Bausteine enthalten. Diese Methode vermeidet den üblichen Einsatz von Lösungsmitteln, und da das feste Polymer die empfindlichen Chemikalien vor der Umwelt schützt, werden Probleme wie Verdunstung oder Verschütten auch vermieden. Ein Laserstrahl überträgt dann das Polymer in einem gewünschten Muster aus verschiedenen Spendern, die jeweils einen anderen Baustein enthalten, auf eine Zieloberfläche. Anschließend wird das Polymermuster kurz aufgeschmolzen, so dass die Bausteine auf der Oberfläche miteinander reagieren und neue Moleküle bilden können - wie Legosteine, die sich zu einem komplexen Gebilde zusammensetzen.
Was macht die Synthese mit dem Nanodrucker so bahnbrechend?
Ohne chemische Reaktionen würde in und um uns herum nichts passieren. Unser Körper und alle Lebewesen funktionieren dank dieser Reaktionen, genauso wie die Herstellung von Materialien. Mit dem Nanodrucker können wir chemische Reaktionen mit weniger Ausgangsmolekülen, sehr schnell und viel kostengünstiger auslösen. Noch spannender ist, dass wir die Hitze des Lasers für die Synthese während des Druckens nutzen können, was eine präzise, schnelle und skalierbare Alternative zur herkömmlichen chemischen Synthese in Kolben und Bechern darstellt. Forschende werden Hunderttausende von Reaktionen gleichzeitig durchführen können.
Können Sie uns einige Beispiele nennen, wie Ihr Nanodrucker zu einem wertvollen Werkzeug in jedem Labor werden kann?
So wie wir in Büchern blättern, um Antworten auf viele Fragen zu finden, durchsuchen Naturwissenschaftler*innen chemische Bibliotheken, die aus vielen Proben bestehen. Ganz gleich, ob sie Zellfunktionen untersuchen, nach neuen Materialien suchen oder Bausteine für künftige Medikamente und Impfstoffe entwickeln – Und das alles im Miniaturformat auf kleinster Fläche. Stellen Sie sich vor, Forschende verschiedener Disziplinen suchen wie Köche nach der perfekten Kombination von Textur, Geschmack und Geruch für ihre Reaktionen. Mit dem Nanodrucker haben sie Zugang zu Tausenden von Regalen mit vorgemischten Zutaten, die sich alle auf einem Objektträger befinden, der unter ein Mikroskop passt. Diese Zutaten zu kombinieren und ihre Eigenschaften zu testen, bis das perfekte Rezept gefunden ist, wird schneller und billiger. Und sobald ein geeigneter Molekülprototyp gefunden ist, kann er effizient reproduziert werden. Zum Vergleich: Die herkömmliche Synthese einer einzelnen Verbindung oder eines einzigen Materials in einem Labor kann mehrere Wochen dauern. Mit dem Nanodrucker könnten wir in der gleichen Zeit Millionen davon herstellen.
Sie arbeiten in Peter Seebergers Abteilung für Biomolekulare Systeme, die sich auf die Suche nach neuen Impfstoffen und Medikamenten spezialisiert. Wie trägt Ihr Nanodrucker dazu bei?
In unserer Abteilung synthetisieren Chemiker*innen komplexe Zucker als Bausteine für mögliche zukünftige Impfstoffe und Medikamente. Dies ist jedoch ein mühsamer Prozess, zumal diese Zucker in ihrer Struktur unglaublich vielfältig sind. Der Nanodrucker kann 100.000 Synthesen auf einem einzigen winzigen Glasobjektträger durchführen und so den Weg vom Labor bis zur klinischen Erprobung verkürzen. Wir haben unsere Technologie bereits an die Firma PEPperPRINT weitergegeben, die damit Proteinfragment-Arrays herstellt.
Gibt es eine andere spezifische Anwendung, an der Sie gearbeitet haben und die Sie uns nennen möchten?
Bisher haben wir über Anwendungen in der Materialwissenschaft und die Erforschung möglicher Impfstoffe gesprochen. Der Nanodrucker bietet aber auch eine Lösung für das weit verbreitete Problem der Produktfälschung. Wir haben unser "Synthese-als-Druck"-Verfahren auf den einfachen Glukosezucker angewendet und fluoreszierende Muster erzeugt, die praktisch nicht reproduzierbar sind. Während der Zucker karamellisierte, haben wir die Laserhitze fein abgestimmt, um die Fluoreszenzfarbe des gedruckten Musters zu steuern und sogar chaotische zufällige Mikro- und Nanomuster zu erzeugen. Die Verwendung von Karamell als Fälschungsschutz macht diese Technologie nicht nur kostengünstig, sondern auch umweltfreundlich. Die Muster sind sogar so zufällig, dass sie einzigartig und nicht reproduzierbar sind. Stellen Sie sich bunte 3D-QR-Codes vor, die mit speziellen Techniken gelesen, aber nicht gefälscht werden können. So können Sie sicher sein, dass Ihre Medikamente alle relevanten Sicherheitskontrollen durchlaufen haben, bevor sie in der Apotheke ankommen.
Und was ist für die Zukunft geplant?
Ich denke, es gibt noch viel zu erforschen mit dem Nanodrucker. Mit ein wenig Kreativität kann sein Mechanismus genutzt werden, um chemische Bausteine auf unendlich viele Arten zu arrangieren, um Bedürfnisse sowohl in der Grundlagenforschung als auch in eher angewandten Bereichen zu erfüllen. Eine Idee ist zum Beispiel, in der vierten Dimension – der Zeit – zu drucken, um so genannte reaktive weiche Materialien herzustellen. Diese Materialien können ihre Form, Farbe und Steifigkeit als Reaktion auf äußere Reize anpassen und in vielen Bereichen, von der Biomedizin bis zur Robotik, eingesetzt werden. Eine weitere Anwendung, an der ich arbeiten möchte, ist das Drucken von anorganischen Nanomaterialien. Indem wir beispielsweise magnetische Partikel in gedruckte Strukturen einbauen, könnten wir Nanoroboter entwickeln, die in wechselnden Umgebungen funktionieren. In den kommenden Jahren werde ich mich bemühen, lebensähnliche künstliche oder biohybride Systeme zu konstruieren.
Welche Bedeutung haben der DECHEMA-Preis und das Heisenberg-Stipendium für Ihre Karriere?
Diese Auszeichnungen sind eine große Ehre und eine fantastische Anerkennung meiner Arbeit. Das Heisenberg-Programm der DFG finanziert eine fünfjährige Stelle mit Tenure-Track-Status. Die Bestätigung sowohl aus der Wissenschaft als auch aus der Industrie durch die DECHEMA motiviert mich zusätzlich, meine Forschung fortzusetzen.
Da wir nun mehr über Ihre Forschung wissen, erzählen Sie uns, wie Sie zum Physikstudium gekommen sind.
Das ist eine Geschichte, die ich immer wieder gerne erzähle. Ich war hin- und hergerissen zwischen einem Physikstudium und einem Medizinstudium, auch nachdem ich mir die Studienpläne genau angesehen und die möglichen Fakultäten besucht hatte. Ich entschied mich, eine Münze zu werfen, und ich erinnere mich noch gut an die Szene mit meinen Freunden. Letztendlich bin ich mit meiner Entscheidung zufrieden und habe mich nie gescheut, von anderen Disziplinen zu lernen. Ich war zum Beispiel Gastwissenschaftler am Department of Infectious Diseases and Vaccinology der University of California, Berkeley und habe als Principal Investigator in verschiedenen Bereichen gearbeitet, von den Ingenieurwissenschaften bis zur Chemie.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am besten?
Ganz einfach: die Zusammenarbeit mit so vielen jungen, brillanten Köpfen mit unterschiedlichen fachlichen und kulturellen Hintergründen. Ich liebe den Teamgeist, die Zusammenarbeit zur Lösung eines gemeinsamen Problems und das Wissen, dass unsere tägliche Arbeit langfristig zur Lösung von Problemen beitragen kann, die die Gesellschaft als Ganzes betreffen. Ohne das starke Engagement meines exzellenten Teams, die amüsanten gemeinsamen Momente und die Unterstützung meines Mentors Prof. Peter H. Seeberger sowie meiner Kolleg*innen in der Abteilung und im Institut wäre keine meiner Leistungen möglich gewesen. Für diese Zusammenarbeit bin ich sehr dankbar.
Was inspiriert Sie? Sind Sie im Alltag genauso vielseitig wie im Labor?
Das Komponieren und Musizieren waren für mich immer eine Pause von der Arbeit. Es hilft mir, mit frischem Geist in meine Forschung zurückzukehren. Wenn ich nicht im Labor bin, neige ich zur Routine und verbringe viel Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden. Musik und Wissenschaft sind meine kreativen Freiräume, in denen ich meiner Fantasie freien Lauf lassen kann!
Wenn Sie für einen Tag Ihren Beruf wechseln könnten, welchen würden Sie wählen und warum?
Ich wollte immer eine akademische Laufbahn einschlagen, habe mich aber oft gefragt, wie eine professionelle Karriere im Sport oder in der Musik aussehen würde. Dank der DECHEMA und des Heisenberg-Programms der DFG kann ich dieses alternative Karriereszenario wohl auf die Zeit nach meiner Pensionierung verschieben!
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
feliex.loeffler@mpikg.mpg.de