Millionen-Förderung für zwei LMU-Wissenschaftlerinnen
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft vergibt Förderung aus dem Reinhart-Koselleck-Programm an die Ethnologin Eveline Dürr und an die Leukämiespezialistin Irmela Jeremias an der LMU.
Zwei Forscherinnen der LMU hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) eine Reinhart-Koselleck-Förderung zugesprochen. Sie ist mit jeweils 1,25 Millionen Euro dotiert. Seit 2002 wird diese Förderung jährlich nur an eine Handvoll etablierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland vergeben. Sie unterstützt besonders innovative und vielversprechende Projekte in allen Wissenschaftsbereichen.
Indigene Konzepte in der Klimakrise
Prof. Dr. Eveline Dürr ist Professorin für Ethnologie an der LMU. In ihrer Forschung widmet sie sich unter anderem Mensch-Umweltbeziehungen, ethnologischer Stadtforschung und der Frage kultureller Identitäten.
In ihrem Projekt „Planetares Heilen als transformativer Prozess: ein dekolonialer Ansatz zum Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels“ greift Eveline Dürr die Ergebnisse gegenwärtiger Forschungen zu Mensch-Umweltbeziehungen in Zeiten des Klimawandels auf und schließt an die Sichtweise an, die Verwüstungen des Anthropozän als planetare Krise zu verstehen. Statt jedoch auf Resilienz und Anpassung von besonders betroffenen Gruppen zu fokussieren, schlägt sie einen neuen Ansatz des „planetaren Heilens“ vor. Er rückt indigene Praktiken des Heilens in den Mittelpunkt, welche verschiedene Ebenen miteinander verbinden und sowohl individuelle wie kollektive und umweltbezogene Dimensionen adressieren. Diese werden explizit zu den Herausforderungen des Klimawandels und zu andauernder Kolonialität, aber auch zur Dekolonisierung in Beziehung gesetzt.
Gerade darin sieht Eveline Dürr eine treibende Kraft zur gesellschaftlichen Transformation. Diese Prozesse sind in Lateinamerika besonders sichtbar, da sich dort neue normative Bezüge, etwa mit Blick auf das Rechtssystem sowie aber auch auf das soziale Zusammenleben (Buen Vivir, Konvivialität), bereits gesellschaftlich niedergeschlagen haben. Unter anderem anhand mehrerer Fallstudien werden der „Planetary Healing“-Ansatz entwickelt und übergreifende Konzepte, Narrative und Imaginationen identifiziert. Damit werden Erkenntnisse generiert, die über den jeweils lokalen Rahmen hinausweisen und auch für einen interdisziplinären Dialog anschlussfähig sind.
Neue Ansätze gegen die Akute Myeloische Leukämie
Prof. Dr. med. Irmela Jeremias ist Kinderärztin am Dr. von Haunerschen Kinderspital der LMU und Wissenschaftlerin bei Helmholtz Munich.
Die Akute Myeloische Leukämie, eine häufige Form von Blutkrebs, bleibt trotz großer Fortschritte in den vergangenen Jahren immer noch eine oft tödliche Erkrankung. Auch mithilfe moderner Behandlungsstrategien gelingt es häufig nicht, die Krankheit langfristig zurückzudrängen. Die Forschungsgruppe von Prof. Irmela Jeremias sucht deshalb neue Angriffsziele zur Bekämpfung von aggressiven Leukämien.
Die Entwicklung neuer Therapien ist dringend nötig, aber sehr kostspielig und zeitaufwendig. Nur sehr wenige Medikamente konnten bisher erfolgreich von der präklinischen Forschung in die klinische Anwendung gebracht werden. Ein Ziel des Projektes „Identifizierung neuer zielgerichteter Krebs-Therapien mittels in vivo CRISPR/Cas9 dropout screens in PDX-Modellen“ ist es, diesen Prozess effizienter zu gestalten und wirksame Therapieziele zu priorisieren. Wichtigstes Werkzeug hierfür ist das patienten-abgeleitete Mausmodell der Akuten Leukämie, welche die Situation im Patienten sehr gut nachstellt. Hierbei werden aus Patientinnen oder Patienten isolierte Tumorzellen in Mäuse transplantiert, wo sie sich (wie auch im Menschen) im Knochenmark ansiedeln und vermehren.
Diese Tumorzellen können im Labor modifiziert werden. Dies ermöglicht vielfältige funktionale Untersuchungen der Zellen in ihrer natürlichen Umgebung. So lassen sich die Rollen bestimmter Gene in den Krebszellen untersuchen und diejenigen Gene identifizieren, die für das Überleben des Tumors unbedingt nötig sind. Schon in vorangegangenen Studien konnte das Team zeigen, dass durch die Arbeit mit genetisch modifizierten Modellen in vivo neue Tumor-Schwachstellen mit großem Potenzial entdeckt werden können, welche in reiner Zellkulturarbeit verborgen geblieben wären. Moderne Screening-Methoden erlauben es hier, hunderte Gene gleichzeitig zu prüfen.
Nun wollen die Forschenden diese Techniken nutzen, um insbesondere jene Schwachstellen zu untersuchen, welche durch bereits existierende Wirkstoffe angegriffen werden können. Diese Präparate sollen anschließend in präklinischen Studien im Mausmodell auf ihre Wirksamkeit getestet werden. „Durch unseren translationalen Ansatz können wir neue Angriffspunkte für erfolgreiche Leukämie-Therapien finden, welche schnell in die Klinik überführt werden können“, so Irmela Jeremias.