Jubiläum: Seit 30 Jahren trägt das IPSG dazu bei, Lebensbedingungen zu verbessern
Das Institut für Psycho-Soziale Gesundheit (IPSG) feiert 2024 seinen 30. Geburtstag. Das wurde mit verschiedenen, interessanten Veranstaltungen begangen. An der Hochschule Coburg fand eine Podiumsdiskussion zu einem aktuellen Thema statt, das für die Klinische Sozialarbeit und insgesamt für die Fakultät Soziale Arbeit hohe Relevanz hat – aber nicht nur soziale Berufe betrifft: „Wie gelingt Mitarbeitendenfürsorge in Zeiten des Fachkräftemangels?“.
Als das Institut für Psycho-Soziale Gesundheit (IPSG) gegründet wurde, war der heutige Präsident der Hochschule Coburg Maschinenbau-Student in Kaiserslautern und ahnte nichts von diesem Institut mit drei Mitarbeitenden, das sich zu einer bedeutenden Größe im deutschsprachigen Raum entwickeln würde – und erst recht ahnte er nicht, dass er, Stefan Gast, drei Jahrzehnte später die beeindruckende Entwicklung dieses Instituts würdigen würde. Bei der Feier zum 30. Jubiläum des IPSG erklärte Hochschulpräsident Prof. Dr. Stefan Gast: „Heute sind 70 Fachkräfte im IPSG tätig, und es ist besonders schön, dass viele von ihnen Absolventinnen und Absolventen der Hochschule Coburg sind.“ Dies reicht von der Fachleitung einzelner Maßnahmen bis zur Ebene der Geschäftsführung. Gast betonte, dass die Hochschule ohne den intensiven Theorie-Praxis-Transfer, der den Kern der Zusammenarbeit zwischen Hochschule und IPSG ausmacht, nicht ihre Vorreiterrolle bei der Profilierung der Klinischen Sozialarbeit hätte. Und bei all den Veränderungen sei in 30 Jahren IPSG eines immer gleich geblieben: „das besondere Engagement für schwerbelastete Kinder, Jugendliche und Familien, die in hochproblematischen sozialen Kontexten leben und intensive sozialtherapeutische Unterstützung brauchen.“
Das IPSG ist das einzige An-Institut der Hochschule Coburg. Es wurde 1993 durch Helmut Pauls (von 1984 bis 2016 Professor an der Fakultät Soziale Arbeit) gegründet. Zwei Jahre später wurde der Status als An-Institut nach dem Bayerischen Hochschulgesetz verliehen. Das Institut verwirklicht als staatlich anerkannter freier Träger der Jugendhilfe ein breites Spektrum an Maßnahmen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe wie beispielsweise Ambulante Familienhilfe, Frühe Hilfen, Stütz- und Förderklassen, psychosoziale Fachdienste, Heilpädagogisch-therapeutische Ambulanz. Das Konzept basiert auf einem humanistischen Verständnis Klinischer Sozialarbeit, das Menschen in ihrer besonderen Lebenssituation wahrnimmt und unterstützt.
Ein bereichernder Austausch zwischen Hochschule und exzellenter Praxis
„Mit dem IPSG verbindet uns als Fakultät Soziale Arbeit eine sehr lebendige und langjährige Kooperation“, erklärte Prof. Dr. Hellen Gross, Dekanin der Fakultät Soziale Arbeit der Hochschule Coburg. Jedes Jahr absolvieren Studierende aus dem Bachelor Soziale Arbeit ihr Praxissemester am IPSG und werden dort sehr gut angeleitet. Mitarbeitende des IPSG unterstützen insbesondere die Lehre in den beiden sozialklinischen Masterstudiengängen der Fakultät (berufsbegleitender Weiterbildungsmaster Soziale Arbeit: Klinische Sozialarbeit und Konsekutiver Master Soziale Arbeit mit der Vertiefung in Klinischer Sozialarbeit) - durch Angebote von Selbsterfahrung, Supervision und die Möglichkeit von Exkursionen in das IPSG. Die Dekanin unterstrich die Bedeutung des Austauschs mit exzellenter Praxis und wies auf die vielfältigen Berufsmöglichkeiten der Absolventinnen und Absolventen hin. „Die Studierenden tragen dazu bei, die Lebensbedingungen von Menschen zu verbessern und leisten einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft.“
Prof. Dr. Christine Kröger, die als Studiengangsleiterin des berufsbegleitenden Weiterbildungsmasters intensiv mit dem IPSG zusammenarbeitet, betonte die Aktualität und Bedeutung des Themas der Mitarbeitendenfürsorge in der Sozialen Arbeit: Gerade die Arbeit mit komplex belasteten Familien, in denen beispielsweise Kinder und Jugendliche schwere emotionale Probleme und psychiatrische Erkrankungen entwickeln und Hilferoutinen mitunter an Grenzen stoßen, stellt hohe Anforderungen an Fachkräfte. Aus Anlass des 30. Jubiläums hat sich das IPSG mit Veranstaltungen wie einem Tag der offenen Tür, einem Straßenfest und Fachvorträgen präsentiert und so einen facettenreichen Einblick in die verschiedenen Maßnahmen gegeben. Aufgrund der besonderen Verbindung zur Hochschule Coburg fand im HUK-COBURG-Audimax eine spannende Podiumsdiskussion statt, die Prof. Kröger mitorganisierte. Thema war „Wie gelingt Mitarbeitendenfürsorge in Zeiten des Fachkräftemangels?“.
Wertschätzende Führung als Grundpfeiler der Mitarbeitendenfürsorge
Das Thema Mitarbeitendenfürsorge wurde dabei aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet von Christian Kuhn, Geschäftsführer des Vereins für Sozialpädagogische Jugendbetreuung, Steffen Tauss, Leiter Sozial und Gesundheitswesen der Brose Gruppe, Prof. Dr. Christiane Alberternst, Gleichstellungsbeauftrage der Hochschule Coburg, Psychotherapeutin und Führungskräftecoach sowie von Pia Keller, Institutsleitung des IPSG, Entwicklung eines Konzepts der Mitarbeitendenfürsorge am IPSG. Carola Gollub, Geschäftsführung des IPSG, gab als Moderatorin immer wieder neue Denkanstöße in die Gesprächsrunde.
Ausgangspunkt war die provokante Frage, ob es den Fachkräftemangel überhaupt gibt; Pia Keller zufolge wird in der Kinder- und Jugendhilfe sehr deutlich, dass es gerade im Bereich der stationären Hilfen deutlich schwieriger sei, Fachkräfte zu gewinnen als in anderen Hilfeformen. Zur Frage, wie Mitarbeitendenfürsorge konkret gelingt, betonte Prof Dr. Christiane Alberternst vor allem die Bedeutung einer guten Führung, die sich durch klare Zielsetzung und eine individuelle Orientierung an den Mitarbeitenden auszeichne. Christian Kuhn stimmt zu: Zur Mitarbeitendenfürsorge gehöre gerade in der Kinder- und Jugendhilfe Klarheit zum Beispiel durch Krisenpläne und eine insgesamt gute Atmosphäre mit unmittelbarer Kommunikation. Das bedeute auch als Geschäftsführung möglichst jederzeit ansprechbar zu sein. Steffen Tauss betonte, wie wichtig „Sinnhaftigkeit“ in der eigenen Tätigkeit für die Zufriedenheit sei; darüber hinaus seien Beratungsangebote wichtig. Es fördere auch die emotionale Bindung an ein Unternehmen oder einen Träger, wenn Mitarbeitende – auch in persönlichen Krisen – unterstützt werden. Pia Keller stellte dar, dass am IPSG Wertschätzung, Offenheit, aber auch Supervisionsangebote, Willkommensteams für neue Mitarbeitende und gemeinsame Rituale und Feste Ausdruck der Fürsorge für Mitarbeitende sei. Die Diskussionsrunde war sich einig darüber, dass wertschätzende Führung ein Grundpfeiler und Ausgangspunkt für die Mitarbeitendenfürsorge sei. Es wurden auch konkrete Möglichkeiten aufgezeigt, wie Mitarbeitende auch in Zeiten des Fachkräftemangels gebunden werden können: konstruktive Feedbackgespräche, eine Kultur der gelebten Wertschätzung und Gestaltungsmöglichkeiten durch Partizipation zum Beispiel durch Arbeitskreise während der Arbeitszeit.
Das Publikum bestand aus Fachkräften der Sozialen Arbeit, Studierenden und auch wichtigen Kooperationspartnerinnen und -partner des IPSG, beispielsweise aus dem Amt für Jugend und Familie, die hier die Gelegenheit nutzten, sich zu informieren.