IU-Studie: Junge Menschen sind am häufigsten zufrieden mit der Demokratie in Deutschland
Repräsentative Umfrage der IU Internationalen Hochschule zum Thema „Demokratie und Bildung“.
- Knapp die Hälfte der Befragten ist allgemein sehr oder eher zufrieden mit der Demokratie in Deutschland: Die Generation Z ist dabei am häufigsten zufrieden. Über 90 Prozent der Befragten ist der Erhalt der Demokratie in Deutschland sehr oder eher wichtig.
- Die Hauptverantwortung für die Vermittlung demokratischer Werte sehen die meisten Befragten im Bildungssystem. Dennoch ist Bildung für die meisten keine Garantie für eine funktionierende Demokratie.
- Deutlich mehr als die Hälfte der Generation Z informiert sich hauptsächlich über Social Media zu politischen Themen.
Eine aktuelle Studie zum Thema „Demokratie und Bildung“ der IU Internationalen Hochschule (IU), der größten Hochschule Deutschlands mit über 130.000 Studierenden, zeigt: Knapp die Hälfte (47,9 Prozent) der Befragten sind sehr oder eher zufrieden mit der Demokratie in Deutschland. Bei der Generation Z sind es sogar mehr als die Hälfte: 54,6 Prozent der 16- bis 25-Jährigen äußern ihre Zufriedenheit. Demgegenüber sind 48,5 Prozent aller Befragten eher oder sehr unzufrieden.
Prof.ⁱⁿ Dr.ⁱⁿ Stefanie Kessler, Professorin für Soziale Arbeit an der IU Internationalen Hochschule und Expertin für Demokratie-Lernen und politische Bildung, erklärt: „Junge Menschen sind zufriedener mit der Demokratie, sofern sie in Bildungskontexten häufiger Demokratieerfahrungen und damit ihre eigene Wirksamkeit erleben, auch wenn es nicht direkt um große Politik geht. Diese direkten Beteiligungsmöglichkeiten bei der älteren Generation haben oft gefehlt.“
Bei der Vermittlung demokratischer Werte sehen 59,0 Prozent der Befragten das Bildungssystem als hauptverantwortlich. 92,5 Prozent aller Befragten sind sich einig: Der Erhalt der Demokratie in Deutschland ist sehr wichtig oder eher wichtig. Diese Ansicht zieht sich durch alle Generationen, von Generation Z bis zu den Babyboomern.
„Wie genau das Bildungssystem Einfluss nehmen kann, ist eine zentrale Frage. Es reicht nicht aus, lediglich Fächer wie Politikunterricht, Gesellschafts- oder Sozialkunde anzubieten. Bildungseinrichtungen müssen selbst als Erfahrungsräume gestaltet sein, die demokratische Erfahrungen und Selbstwirksamkeit unterstützen, ermöglichen und erlebbar machen“, so Kessler.
Wählen ist populär, aktives Engagement bleibt gering
Die Mehrheit der Befragten (75,1 Prozent) gibt an, regelmäßig zu wählen, gefolgt von 60,3 Prozent, die sich über politische Themen informieren. 51,6 Prozent diskutieren politische Themen mit anderen, während 43,0 Prozent Petitionen unterzeichnen. Weniger verbreitete Aktivitäten umfassen das Diskutieren in sozialen Medien (19,0 Prozent), die Teilnahme an Demonstrationen (16,1 Prozent) und der Kontakt zu politischen Vertretern (11,0 Prozent). 10,1 Prozent geben an, sich generell nicht mit Politik zu beschäftigen. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Wählen die am weitesten verbreitete Form der politischen Beteiligung ist, während die Möglichkeit zur Teilnahme an anderen politischen Aktivitäten wie Demonstrationen weniger genutzt werden.
Prof.ⁱⁿ Dr.ⁱⁿ Alexandra Wuttig, Kanzlerin der IU Internationalen Hochschule und Professorin für Innovation und Entrepreneurship, sagt: „Es ist wichtig, den Wert und die Wertschätzung der Demokratie wieder stärker in der Gesellschaft zu verankern. Dies kann durch Bildung, offene Diskussionen und aktive Teilnahme an der Demokratie geschehen. Es ist entscheidend, allen Menschen den Wert und die Bedeutung der Demokratie nahezubringen und sie zu ermutigen, sich einzubringen.“
Vertrauen und Ungleichheit als zentrale Herausforderungen einer Demokratie
Abnehmendes Vertrauen in die Politik ist die am häufigsten genannte Antwort der Befragten (83,5 Prozent) zu den Herausforderungen in einer Demokratie. Als Vorteil wird die Förderung von Menschenrechten von 87,0 Prozent der Befragten am häufigsten genannt, gefolgt von der Möglichkeit zur Mitbestimmung (85,7 Prozent), der Gewährleistung von Meinungs- und Pressefreiheit (85,1 Prozent), dem Ausbau des Friedens (82,7 Prozent) und der Anerkennung politischer Meinungsvielfalt und Diskurs (79,0 Prozent).
Bildung als Schlüssel zur Demokratie?
Bei der Frage danach, wer hauptverantwortlich für die Vermittlung demokratischer Werte ist, nennen 59,0 Prozent der Befragten das Bildungssystem. Zwischen den Generationen zeigen sich aber Unterschiede: Während die Babyboomer das Elternhaus häufiger in der Hauptverantwortung sehen (57,9 Prozent), sind es für die Generation Z das Bildungssystem (60,8 Prozent) und die Medien (51,5 Prozent).
Insgesamt informieren sich die Befragten am häufigsten über Nachrichtensendungen im Fernsehen (55,2 Prozent), gefolgt von Online-Nachrichtenportalen (47,8 Prozent). 58,8 Prozent der jungen Menschen bis 25 Jahre nennen soziale Medien als hauptsächlich genutzte Quelle, wenn es um politische (Weiter-)Bildung geht.
Die Generation Z gibt zudem mit 35,6 Prozent an, schon einmal KI-Technologien wie ChatGPT als Quelle für politische Informationen genutzt zu haben. In der Generation der Babyboomer sind es 11,6 Prozent.
Für mehr als 4 von 5 Menschen in Deutschland gilt: Bildung kann dabei helfen, informierte Entscheidungen bei Wahlen zu treffen. Fehlende Bildung sehen 79,0 Prozent der Befragten als eine potenzielle Bedrohung für die Demokratie an. Allerdings stimmen auch 66,6 Prozent der Aussage zu, dass Bildung keine Garantie für eine funktionierende Demokratie ist.
Prof.ⁱⁿ Dr.ⁱⁿ Stefanie Kessler sagt: „Informierte Entscheidungen bei Wahlen zu treffen setzt voraus, dass Menschen in der Lage sind, politische Urteile zu fällen. Bildung sollte also eine ganzheitliche Position einnehmen. Das bedeutet, nicht nur Wissen über Politik und das politische System zu vermitteln, sondern auch praktische Erfahrungen zur Beteiligung zu ermöglichen, um demokratische Werte zu stärken.“
Über die Studie
Die Studie „Demokratie und Bildung“ der IU Internationalen Hochschule untersucht die Zufriedenheit mit der Demokratie in Deutschland und welchen Stellenwert Bildung bei der Informationsbeschaffung und Entscheidungsfindung hat. Für die Studie befragte die IU 1.213 Menschen zwischen 16 und 65 Jahren, repräsentativ für die deutsche Bevölkerung nach Alter und Geschlecht. Die Befragung wurde vom 17.05.2024 bis 29.05.2024 durchgeführt.
Über die Expertinnen
Stefanie Kessler ist Professorin für Soziale Arbeit im dualen Studium an der IU in Hannover. Ihre Forschungsgebiete sind unter anderem Demokratie-Lernen und Politische Bildung in Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit wie Schule, offene Kinder- und Jugendarbeit, Jugend- und Erwachsenenbildung.
Alexandra Wuttig ist Kanzlerin der IU Internationalen Hochschule und Professorin für Entrepreneurship, Innovation und Recht im IU Fernstudium. Sie ist Expertin für politische und soziale Gleichberechtigung. Neben ihren Aufgaben an der IU engagiert sie sich für die Gleichstellung von Frauen und ist Mitgründerin mehrerer Start-Ups.
In einem 20-minütigen Expertinnenvideo diskutieren und vertiefen die IU-Professorinnen Stefanie Kessler und Alexandra Wuttig die Ergebnisse der Studie, geben fundierte Einblicke und beleuchten Aspekte rund um das Thema Demokratie und Bildung.
Hier gehts zum Interview: https://youtu.be/cAK9uNkTdq0
Weitere Informationen:
https://www.iu.de/forschung/studien/demokratiebildung-in-deutschland/