Presseinformation - Sarah Schönfeld: Labor Lab
In der Ausstellung "Labor Lab" setzt sich Sarah Ancelle Schönfeld mit der reproduktiven Funktion des weiblichen Körpers und ihrer Regulierung durch die moderne Medizin auseinander. Sie nutzt experimentelle Methoden der analogen Fotografie, um die komplexe Rolle der Frau in der Gesellschaft, ihre Autonomie und die gesellschaftliche Bedeutung ihrer reproduktiven Arbeit zu beleuchten.
Die Schering Stiftung freut sich, die Ausstellung "Labor Lab" von Sarah Ancelle Schönfeld zu präsentieren. In ihrer ersten institutionellen Einzelausstellung in Berlin zeigt die Künstlerin eine experimentelle Fotoarbeit. Diese entsteht durch das Beträufeln belichteter Fotonegative mit verschiedenen Flüssigkeiten, darunter gelöste Hormone wie Östrogen, Oxytocin und Testosteron. Zusätzlich verwendet Schönfeld hormonbasierte Medikamente aus der Reproduktions- und Geburtsmedizin wie die Verhütungspille, die Abtreibungspille und die sogenannte „Pille danach“. Die verwendeten Substanzen beziehen sich auf die Facetten der reproduktiven Funktionen und deren manipulativer Kontrolle.
Mit "Labor Lab" gewährt Sarah Schönfeld Einblick in die inneren Prozesse des Körpers. Sie bedient sich fotochemischer Verfahren, um diese sichtbar zu machen. Die so entstandenen abstrakten Bilder schärfen den Blick der Besucher*innen nicht nur für gendersensible Bereiche der Medizin, sondern stellen auch einen Ausgangspunkt für gesellschaftliche Debatten dar. Schönfeld richtet den Fokus auf das, was der reproduktive weibliche Körper leistet und die transformative Kraft, die Frauen besitzen. Gesellschaftspolitisch relevante Fragen drängen sich auf: Wie betrachten wir heute die sogenannten Errungenschaften der Reproduktionsmedizin, insbesondere die Pille, die einst als Symbol weiblicher Emanzipation galt? Wie verändert sich der Diskurs um Mutterschaft, wenn das Recht auf Abtreibung neu verhandelt wird?
Die Fotoarbeiten Schönfelds werden im Ausstellungsraum der Schering Stiftung in eine Installation eingebettet, die zwischen Labor und Wohnzimmer oszilliert. Die Besucher*innen betreten den Raum durch einen Vorhang und finden sich auf einer Art Bühne wieder - einem weichen, fließenden, weißen Raumkontinuum: Teppich bedeckt den Boden, einzelne Wandabschnitte und architektonische Elemente wie die dominante, zentral im Raum platzierte Säule. Die Fotografien lehnen an Wänden, hängen an Stützen und erscheinen an verschiedenen Stellen im Raum. Sie werden in einem dynamischen Gefüge von Bild und Spiegelbild, hervorgerufen durch die verspiegelten Rahmen, erfahrbar.
In den Arbeiten verschränken sich abstrakte Formationen mit den Reflektionen der Besucher*innen, so dass Werke und Körper in einen Dialog treten und die Betrachtenden selbst zu einem Teil der künstlerischen Arbeit werden. Die Besucher*innen und ihre persönliche Erscheinung und Lebensrealitäten werden dadurch in die Ausstellung integriert. Darüber hinaus laden die Bilder dazu ein, in ihrer Mehrdeutigkeit, Offenheit und durch facettenreiche Bezüge zu medizinischen, gesellschaftlichen und individuellen Fragestellungen ganz unterschiedlich gelesen und betrachtet zu werden. Fragen wie ‘Was sehe ich?‘ und ‘Welche Assoziationen weckt das?‘ öffnen den Zugang von einer rein wissenschaftlich-faktenbasierten Perspektive hin zu einer persönlichen und poetischen Reflexion.
In der Werkserie "Labor Lab" greift Sarah Schönfeld erneut auf die chemische Ebene der Fotografie zurück. 2013 hatte die Künstlerin bereits die Arbeit "All you can feel" vorgelegt, die auf einem ähnlichen Prinzip beruhte: Hier reagierten leistungssteigernde und körpereigene Wirkstoffe, die teils als illegale Partydrogen und teils auch als Therapeutika verbreitet sind, mit der Fotoemulsion eines belichteten Fotonegatives. Durch Reproduktion und Vergrößerung wurde das Ergebnis der fotochemischen Reaktion von der Künstlerin sichtbar gemacht. "All you can feel" entfachte 2013 rege Debatten um die Wirkung und Einflussnahme von Drogen auf Konsument*innen. Einerseits wird affirmativ argumentiert, dass der Drogenkonsum das Bewusstsein und die Wahrnehmung potentiell erweitert. Andererseits wird vor dem Drogenrausch gewarnt, weil er die sinnliche Wahrnehmung verfremdet und das Denken und Fühlen modifiziert. "Labor Lab" wirft andere, wenn auch ähnlich streitbare und komplexe Fragen auf, die aber weniger den Bereich des eigenen Bewusstseins als vielmehr den des weiblichen Organismus und seiner Regulierung betreffen.
Begleitveranstaltungen
26.09.2024, 18 Uhr: "Frau-Sein damals und heute. Von Kämpfen und Errungenschaften weiblicher Selbstermächtigung", Gespräch zwischen Dr. Kathrin Rottmann, Kunsthistorikerin, Ruhr-Universität Bochum, und der Künstlerin, moderiert von Dr. Christina Landbrecht.
28.11.2024, 18 Uhr: "Die Pille im Wandel: Wie sicher und selbstbestimmt ist sie wirklich?", Vortrag von Prof. Dr. Mandy Mangler; Chefärztin für Geburtsmedizin, Vivantes-Auguste-Viktoria-Klinikum, Berlin gefolgt von einem Gespräch mit Sophia Wagemann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Leipzig Lab „Global Health“ / Charité, Berlin.
Eröffnung: 11. September 2024, 18–22 Uhr
Laufzeit: 12. September – 01. Dezember 2024
Öffnungszeiten: Donnerstag und Freitag, 13-19 Uhr; Samstag, Sonn- und Feiertags, 11-19 Uhr
Freier Eintritt
Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website http://www.scheringstiftung.de.
Die Schering Stiftung wurde 2002 errichtet und dient der Förderung von Wissenschaft und Kultur mit Schwerpunkt auf den Lebenswissenschaften sowie der zeitgenössischen Kunst. Ein besonderer Fokus liegt auf Projekten in Grenzbereichen, insbesondere an der Schnittstelle von Wissenschaft und Kunst. Neben der operativen Stiftungsarbeit fördert die Schering Stiftung wissenschaftliche und kulturelle Bildungsprojekte für Kinder und Jugendliche.
Pressefotos und weitere Informationen erhalten Sie bei:
Nicole Tanzini di Bella
Tel. +49-30 20 62 29 67
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