CfP: Letzte Sätze - KWI-Blogreihe
Frist: 04.10.2024
Am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen (KWI) findet am 6./7. März 2025 der Workshop „Das war‘s. Praktiken und Ästhetiken des Aufhörens“ (https://www.kulturwissenschaften.de/das-wars-aufhoeren-25/) statt. Im Vorfeld wird es auf dem Blog des KWI (https://blog.kulturwissenschaften.de/) eine Reihe zum Thema „Letzte Sätze“ geben, für die Vorschläge erbeten werden.
Der Workshop interessiert sich besonders für das Aufhören als ein praktisches Problem. Er steht im Kontext der gesellschaftlichen sowie ästhetischen Problematiken des Schließens, des Aufhörens und des Beendens, die Teil der mannigfaltigen Krisen der letzten Jahre waren. Man denke an das ‚Ende‘ der Pandemie, des Kapitalismus und der Globalisierung sowie die zunehmende Erschöpfung natürlicher Ressourcen. Die vorbereitende Blogreihe fokussiert hingegen verstärkt die poetologische Dimension des Aufhörens und rückt damit sowohl die Schlussformeln literarischer sowie theoretischer Texte als auch filmischer oder musikalischer Werke ins Zentrum.
Über erste Sätze hat man viel gesprochen, sie werden oft zitiert und dienen mitunter als Aphorismen. Die letzten Sätze literarischer Texte stehen dagegen oft im Schatten der Textanfänge, obgleich sie für die Texte nicht von geringerer Bedeutung sind – vielmehr noch: Sie erfüllen nicht einfach nur die Funktion, dass ein Text beendet werden muss, sondern deuten mögliche Fortsetzungen an, stellen das Gelesene infrage, spitzen es (überraschend) zu, lassen die Lesenden mitunter ratlos zurück und haben dadurch einen besonders starken Einfluss auf Affektkulturen der Rezeption, die sich auch auf künftige Leseentscheidungen auswirken können.
Standardisierte Schlussformeln können Texte gattungstypologisch konkretisieren („Und wenn sie nicht gestorben sind…“) oder gerade diese vermeintliche Eindeutigkeit in einem letzten Akt aufheben, thematische Einheitlichkeit nivellieren und Offenheit herstellen, wo sie eigentlich beschließen sollen. Zugleich scheint nichts so sehr der Kritik ausgesetzt zu sein wie das gesetzte Ende, wovon Fan-Proteste gegen einmal gewählte Schlussformen beredtes Zeugnis ablegen. Nicht zuletzt blüht am Ende eine Rhetorik des verbalen Nachtretens, gefährlich für Sprecherinstanzen wie Adressaten gleichermaßen, wie Ulrich Raulff in seiner Abschiedsrede am DLA Marbach hervorhebt: „Der letzte Satz ist die entscheidende kurze Rechte, die Sie ihrem Gegner unters Kinn hauen. […] Oder es ist der Hieb, den sie, wenn sie danebenhauen, sie selbst trifft und zu Boden streckt.“ All diese Überlegungen finden ihre medial eigenständigen Entsprechungen in Film und Musik. Wie verhalten sich letzte Kameraeinstellungen zu den letzten gesprochenen Sätzen, wie ergänzen oder widersprechen sie sich, in welches Licht rückt dadurch das zuvor gezeigte Geschehen? Welche Wirkmacht haben letzte Songzeilen, gerade wenn sie nicht nur den Song selbst, sondern ein ganzes Album beschließen?
Die KWI-Blogreihe möchte anhand von Fallbeispielen der Literatur-, Film-, Musik und
Theoriegeschichte (ohne zeitliche Eingrenzung) diskutieren, was letzte Sätze leisten und wie sie sich lesen lassen. Es handelt sich bei den Beiträgen um kurze, gerne essayistische Texte mit einer Länge von max. 12.000 Zeichen, d.h. ca. 3–4 Normseiten. Bitte senden Sie Ihren Vorschlag in knapper Form (ca. 1/2 Seite) und mit kurzer biographischer Angabe bis zum 4. Oktober an Manuel Förderer und Laura M. Reiling. Sie erhalten eine Rückmeldung bis zum 11. Oktober. Die Beiträge werden bis Ende Dezember erbeten (spätere Abgaben können z.T. vereinbart werden) und sollen ab Januar in regelmäßigem Rhythmus bis Ende März erscheinen.
Kurator:innen:
Dr. Manuel Förderer (manuel.foerderer@posteo.de)
Dr. Laura M. Reiling (laura.reiling@kwi-nrw.de)
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Manuel Förderer (manuel.foerderer@posteo.de)
Dr. Laura M. Reiling (laura.reiling@kwi-nrw.de)
Weitere Informationen:
https://www.kulturwissenschaften.de/ausschreibungen/ - Call auf der KWI-Homepage