Wenn Bewegung Angst macht
Die Fälle an Herzinsuffizienz nehmen zu. Körperliche Aktivitäten können bei der Behandlung helfen. Doch hier zeigt eine neue Studie der Universität Trier ein Problem auf.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland. Zu dieser Gruppe an Erkrankungen zählt auch Herzinsuffizienz. Vor allem ältere Menschen mit Vorerkrankungen sind betroffen: Das Herz schafft es nicht mehr, ausreichend Blut in den Körper zu pumpen. Dachte man noch vor 30 Jahren, dass sich Patientinnen und Patienten schonen sollten, ist zwischenzeitlich wissenschaftlich belegt, dass neben einer Behandlung mit Medikamenten auch Bewegung hilft. Warum viele Personen mit Herzinsuffizienz dennoch vor körperlichen Aktivitäten zurückschrecken, haben nun Wissenschaftlerinnen der Universität Trier gemeinsam mit klinischen Partnern untersucht. Erstmals konnte nachgewiesen werden, dass die Patientinnen und Patienten im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung Angst vor Bewegung haben und dass diese Angst unabhängig von der Pumpleistung des Herzens dazu beiträgt, Bewegung zu vermeiden.
„Wenn Personen mit Herzinsuffizienz spazieren gehen oder Treppen steigen und dabei merken, dass sie außer Atem kommen, haben sie häufig das Gefühl, dass ihr Herz es nicht schafft. In der Folge vermeiden sie Bewegung“, erläutert Heike Spaderna, Professorin für Gesundheitspsychologie an der Universität Trier. „Doch auch gesunde Menschen können beim Treppensteigen schon einmal außer Atem kommen. Man muss den Patientinnen und Patienten erklären, dass nicht alle Ermüdungserscheinungen auf die Herzerkrankung zurückzuführen sind.“
Für ihre Studie, die gerade in der renommierten Fachzeitschrift PLOS One erschienen ist, haben die Trierer Forscherinnen der Pflegewissenschaft 185 Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz verschiedener Kliniken in Deutschland befragt. Sie konnten dabei zeigen, dass die Angst vor Bewegung in Zusammenhang mit der Herzinsuffizienz steht und das Vermeiden von körperlicher Aktivität nicht etwa auf eine grundsätzlich größere Neigung zu Angst bei den Erkrankten zurückzuführen ist.
Die Studienautorinnen und -autoren haben hier Grundlagenforschung betrieben. „Jetzt da ein Zusammenhang festgestellt ist, muss im nächsten Schritt überlegt werden, wie man den Erkrankten ihre Angst vor der Bewegung nehmen kann“, sagt Spaderna. Gute Erfahrungen, um Personen zu mobilisieren, hat die Trierer Professorin mit virtueller Realität gemacht. Übungen könnten spielerisch gestaltet sein. Aber auch eine spezielle Bewegungs-App wäre denkbar.
„Ein Problem ist, dass mit Herzinsuffizienz-Patientinnen und Patienten nicht standardmäßig besprochen wird, wie sie trotz ihrer Erkrankung Bewegung in ihren Alltag integrieren können. Nur manche haben einen Bewegungsplan oder Physiotherapie“, erläutert Spaderna. Die Gesundheitspsychologinnen möchten mit ihrer Forschung so auch Fachkräften in medizinischen Berufen das Wissen an die Hand geben, auf die Bewegungsangst der Erkrankten eingehen zu können. Dies könnte den Menschen mit Herzinsuffizienz mehr Lebensqualität und im besten Fall mehr Lebenszeit geben.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Heike Spaderna
Gesundheitspsychologie
Mail: spaderna@uni-trier.de
Tel. +49 651 201-4334
Originalpublikation:
https://doi.org/10.1371/journal.pone.0309952