Charlotte Knobloch wird Heinrich-Heine-Gastprofessorin 2024/25
Die Holocaust-Überlebende und ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch, übernimmt die Heinrich-Heine-Gastprofessur für das akademische Jahr 2024/25. Mit der langjährigen Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern gewinnt die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) eine herausragende Persönlichkeit, die sich seit Jahrzehnten für jüdisches Leben in Deutschland, den interreligiösen Dialog und das Erinnern an den Holocaust einsetzt.
Im Rahmen der Gastprofessur wird Charlotte Knobloch zweimal im größten Hörsaal der Düsseldorfer Universität sprechen. Dabei wird sie Einblicke in die von ihr in besonderem Maße geförderte Erinnerungskultur, die Bedeutung von Toleranz und das jüdische Leben in Deutschland geben. Im Mittelpunkt ihrer Beiträge stehen jedoch die aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland und der signifikant erstarkende Antisemitismus.
Die erste Veranstaltung mit Charlotte Knobloch wird eine Vorlesung am 31. Oktober 2024 sein. Der Titel ihrer 2012 erschienenen, viel gelesenen Biografie „In Deutschland angekommen“ wird dabei um ein Fragezeichen ergänzt. Angesichts des um sich greifenden Judenhasses und der Wahlerfolge rechtsextremer Kräfte in Deutschland trägt ihre Vorlesung den Titel „In Deutschland angekommen?“.
Zu der Übernahme der Heinrich-Heine-Gastprofessur erklärt Charlotte Knobloch: „Ich danke der Universität für die außerordentliche Ehre der Heinrich-Heine-Gastprofessur und insbesondere auch für die Möglichkeit, dem ins Stocken geratenen Gespräch zwischen der jüdischen Gemeinschaft und der Mehrheitsgesellschaft auf diesem Weg einen neuen Impuls zu geben. In einer Zeit, da Hass auf Juden und Israel sich immer stärker Bahn bricht und das demokratische Zusammenleben wie nie seit 1945 unter Beschuss steht, stellt sich auch für viele jüdische Menschen immer deutlicher die Frage nach der Zukunft in diesem Land. Darüber müssen und sollten wir offen sprechen – im Interesse aller.“
Die Heinrich-Heine-Gastprofessur wird an Persönlichkeiten vergeben, die sich in besonderer Weise um Toleranz, Freiheit und Menschenwürde verdient gemacht haben. Ziel der Gastprofessur ist es, den gesellschaftlichen Diskurs über die Universität hinaus zu fördern und aktuelle Herausforderungen aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Die HHU versteht sich als Bürgeruniversität, die einen aktiven Beitrag zum öffentlichen Leben leistet und den Austausch zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Politik intensiviert.
„Wir sind sehr stolz darauf, diese starke und bewundernswerte Kämpferin gegen den Antisemitismus und für eine lebendige Erinnerungskultur als Heinrich-Heine-Gastprofessorin empfangen zu dürfen“, sagt Prof. Dr. Anja Steinbeck, Rektorin der HHU. „Charlotte Knobloch mit ihrem jahrzehntelangen Engagement für ein friedliches Miteinander und gegen das Vergessen der Verbrechen des Nationalsozialismus ist eine unschätzbare Bereicherung für unsere Universität und die Gesellschaft als Ganzes.“
Die Vorlesung „In Deutschland angekommen?“ findet am 31. Oktober 2024 um 16:30 Uhr im Hörsaal 3A statt, mit Live-Übertragungen in benachbarte Hörsäle, die zweite Veranstaltung am 11. Februar 2025. Der Eintritt ist frei; alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sind herzlich willkommen, dabei zu sein. Hinweise zur Anmeldung werden rechtzeitig auf der Website der HHU unter www.hhu.de genannt.
Über Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch
Charlotte Knobloch kam 1932 in München zur Welt. Den Holocaust überlebte sie unter falscher Identität in Franken, 1945 kehrte sie nach München zurück. Seit 1985 ist sie Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, von 2006 bis 2010 war sie außerdem Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland. In diese Zeit fiel auch die Eröffnung der neuen Hauptsynagoge und des jüdischen Gemeindezentrums am St.-Jakobs-Platz in München.
Knobloch war von 2005 bis 2013 Vizepräsidentin des World Jewish Congress, für den sie bis heute als Beauftragte für Holocaustgedenken tätig ist. Im Jahre 2008 erhielt sie das Große Bundesverdienstkreuz, 2010 das Große Verdienstkreuz mit Stern. Sie hat je eine Ehrendoktorwürde der Universität Tel Aviv und der Universität der Bundeswehr inne. Seit 2009 ist sie zudem Schirmherrin des Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerkes.
Über die Heinrich-Heine-Gastprofessur
Die Heinrich-Heine-Gastprofessur ist ein Geschenk des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 1988 an die Universität anlässlich ihrer damals erfolgten Namensgebung. Vor Charlotte Knobloch waren u. a. Helmut Schmidt, Juli Zeh, Wolf Biermann, Siegfried Lenz, Joschka Fischer, Antje Vollmer, Karl Kardinal Lehmann, Ulrich Wickert, Joachim Gauck, Klaus-Maria Brandauer und zuletzt Campino Heinrich-Heine-Gastprofessorinnen und -professoren.
Erster Heinrich-Heine-Gastprofessor war 1991 Marcel Reich-Ranicki. Die Gastprofessur wird auf Vorschlag der Rektorin oder des Rektors an meinungsstarke und engagierte Persönlichkeiten verliehen.