Neues Buch zur Geschichte der „Bauhütten“
Der Würzburger Kunsthistoriker und Experte für Baukultur, Professor Stefan Bürger, hat ein neues Buch mitveröffentlicht. Es behandelt die Geschichte des Steinmetzhandwerks im deutschsprachigen Raum.
Das Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar verfügt mit dem sogenannten „Simrock-Boisserée-Nachlass“ über eine umfangreiche, fast unbekannte Quellensammlung, die sich mit der „Geschichte der altdeutschen Steinmetzen“ befasst. Angelegt wurde sie vor 1800 von Christian Ehrmann, Ehrenmitglied der Straßburger Steinmetzbruderschaft.
Der Kunstgelehrte und Architekturhistoriker Sulpiz Boisserée (1783-1854) übernahm die Sammlung 1819 und führte sie weiter. Er wollte das gesammelte Material mithilfe des Dichters und Germanisten Karl Simrock publizieren – doch das Vorhaben wurde seinerzeit nicht verwirklicht.
Gut 200 Jahre später liegt nun eine dreibändige Publikation vor, die der Entstehungsgeschichte der Quellen- und Manuskriptsammlung nachspürt. Das Werk entstand unter der Leitung von Stefan Bürger, Professor für Kunstgeschichte an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg und Ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig.
Wichtige Bauhütten und ihre Organisationsformen
Die Publikation bietet neue Einblicke in die Geschichte des Steinmetzhandwerks in Deutschland. Sie betrachtet wichtige „Bauhütten“ des Straßburger Hüttenbundes – das heißt die vernetzten Handwerksverbände vieler Städte, Höfe und Kirchenbaustellen, deren Organisationsformen vielfältiger waren als landläufig unter dem Begriff der „Bauhütte“ firmiert. Ein Schwerpunkt liegt auf den drei Haupthütten und Gerichtsorten in Straßburg, Köln und Wien, zudem auf Bern und Passau.
Das Buch behandelt aber auch die Organisationsformen vieler erst um 1515 und 1563 eingerichteten Haupthüttenstandorte. Dazu gehörten das Magdeburger Landes- und Domhandwerk und das Frankfurter Stadtwerk, deren Steinmetz-Ordnungen im Original erhalten sind und zu den wertvollsten Objekten der Sammlung gehören, aber auch das Würzburger Landes- und Domhandwerk oder das Hofbauwesen der Plassenburg. Der historische Abriss reicht über das Mittelalter hinaus; er umfasst auch den Aufschwung und Niedergang des Hüttenbundes vom 16. bis ins 18. Jahrhundert.
Öffentliche Präsentation in Weimar
Professor Stefan Bürger wirkt in der Sächsischen Akademie der Wissenschaften unter anderem in der Kommission „Kunstgeschichte Mitteldeutschlands“ mit. Bei der öffentlichen Präsentation der neuen Publikation am 9. September 2024 im Goethe- und Schiller-Archiv Weimar erläuterte er gemeinsam mit der Freiburger Münsterbaumeisterin, Privatdozentin Dr.-Ing. Anne-Christine Brehm, (stellvertretend auch für Dr. Johannes Sander, Privatdozent an der JMU) und Miriam Egner, M.A. die Entstehungsumstände des Projekts und die Sammlungsgeschichte des Simrock-Boisserée-Nachlasses.
Das Team ging auch auf die Bauhüttengeschichte ein und gab einen Ausblick auf weitere Forschungsaktivitäten. Miriam Egner untersuchte im Rahmen des von der Fritz-Thyssen-Stiftung geförderten Editionsvorhabens und ihrer Bachelorarbeit an der JMU den Aufbau der Sammlung und die Provenienz des Nachlasses. In ihrer Masterarbeit an der LMU München setzte sie sich mit Hans Hammer auseinander, einem der Straßburger Hauptmeister. Aus dem Themenfeld der Straßburger Haupthütte startet sie derzeit ein Dissertationsvorhaben.
Originalpublikation:
›Bauhütten-Forschungen‹ – Der Simrock-Boisserée-Nachlass: Zur Geschichte der altdeutschen Steinmetzen und Bauleute. Quellen und Forschungen zu den Handwerksverbänden in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Bürger, Stefan; Sander, Johannes; Brehm Anne-Christine (unter Mitarbeit von Friedrich Becker, Elisabeth Berchtenbreiter, Miriam Egner, Christian Mai u. Barbara Schedl mit Beteiligung v. Sarah Eppler, Anna Ganzleben, Maite Hansper, Anna-Maria Harbke, Jost-Peter Liebig u. Sonja Schmitt. Verlag S. Hirzel, Stuttgart 2024. IBAN 978-3-7776-3547-7