Cross-Industry-Event: THWS und Region Mainfranken GmbH geben Impulse für Unternehmen
Klimaresilienz – Digitalisierung – Automatisierung: Austausch zu
branchenübergreifenden Innovationen auf der Vogelsburg
„Was können Maschinenbau und Automotive von Landwirtschaft und
Weinbau lernen?“ Unter diesem Motto haben die Technische Hochschule
Würzburg-Schweinfurt (THWS) und die Region Mainfranken GmbH im
Rahmen des Projekts transform.RMF ein Cross-Industry-Event auf der
Vogelsburg in Volkach ausgerichtet. Die THWS, die Hochschule
Weihenstephan-Triesdorf sowie das FutureLab-Programm des Walther-Rathenau-Gymnasiums Schweinfurt stellten dabei Technologieimpulse und
praktische Anwendungen vor. Zielgruppe waren kleine und mittelständische
Unternehmen aus der Automobilindustrie, dem Anlagen- und Maschinenbau
in der Mainfrankenregion.
Nach der Begrüßung von Prof. Dr. Volker Bräutigam eröffnete Prof. Dr. Jan
Schmitt, Vizepräsident für Forschung und Gründung an der THWS, die
Veranstaltung. Er betonte die Wichtigkeit dieses Events für gegenseitige
Inspiration und um voneinander lernen zu können. Warum Vernetzung der
Schlüssel ist, zeigte er in seinem Vortrag „Cross Industry – Ein Katalysator für
bahnbrechende Innovationen“. „Cross-Industry Innovation“ beschreibt den
Prozess gezielten Wissens- und Technologietransfers zwischen Unternehmen
verschiedener Branchen, um neue Produkte, Dienstleistungen oder
Geschäftsmodelle zu entwickeln und Marktchancen zu erschließen. Dabei
komme es jedoch nur in wenigen Unternehmen regelmäßig zum Einsatz:
Obwohl in einer Befragung 79% der Teilnehmenden die Meinung vertraten,
Cross-Industry Innovation gewinne in Zukunft stark an Bedeutung, würden
dies nur 14% der Befragten in ihrem Unternehmen häufig einsetzen. Gründe
und Vorteile einer solchen Vernetzung sind Innovation und Wachstum,
Ressourceneffizienz und Marktdurchdringung. Der Einsatz von
Drohnentechnologie zur Ernteüberwachung im Weinbau zum Beispiel ließe
sich auf die Bereiche Fahrzeugherstellung oder Logistik übertragen. In der
Landwirtschaft ließen sich GPS und Datenanalyse zur Optimierung von
Erträgen auf autonome Fahrzeugführung adaptieren. Auch in Puncto
Nachhaltigkeit könne Cross-Industry Innovation hinsichtlich Kompostierung
und Bewässerung zur nachhaltigen Ressourcennutzung beitragen. Das Fazit:
Innovationen eigenen sich dazu, branchenübergreifend genutzt zu werden.
Im Anschluss sprachen Hanno Koßmann und Tobias Greissing von der
Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Hanno Koßmann, derzeit Promovend
zum Thema alternative Proteine in Form von Milch- und
Fleischersatzprodukten, legte aktuelle Herausforderungen in der
Landwirtschaft dar. In neuen landwirtschaftlichen Systemen werden
vermehrt „intercropping“ und „biologicals“ eingesetzt. So werden
beispielsweise ausgewählte Zwischenfrüchte und Larven von Nützlingen zur
Vermeidung von hohem Düngereinsatz und Insektiziden verwendet. Dies
fördere die Anbauvielfalt. „Nachhaltige Landnutzung heißt, mehr auf
weniger Fläche zu produzieren, dabei die Umwelt zu schonen und Verluste
zu verringern. Teilweise entstehen hier jedoch Zielkonflikte, die nicht einfach
zu bewältigen sind. Technologien wie Agri-Photovoltaik, Precision Farming
und alternative Proteinquellen können dabei helfen, diese Ziele zu
erreichen,“ erklärt Hanno Koßmann. Precision Farming dient zur
ortsdifferenzierten, zielgerichteten Bewirtschaftung landwirtschaftlicher
Nutzflächen. Agri-Photovoltaik (Agri-PV) bedeutet die gleichzeitige Nutzung
landwirtschaftlicher Flächen, um sowohl Nahrungsmittel zu produzieren als
auch Strom durch PV zu erzeugen. Die Agri-PV steigert somit die
Flächeneffizienz und macht es möglich, PV bei gleichzeitigem Erhalt
landwirtschaftlich nutzbarer Flächen auszubauen. Tobias Greissing, der als
Produktdesigner in enger Zusammenarbeit mit Ingenieuren steht, stellte sich
der Frage nach der Rolle des Menschen bei der Entwicklung erfolgreicher
Produkte. Essenziell bei Menschen, die Innovationen und agile Methoden als
Mehrwert in Unternehmen einführen, sei deren Förderung. Aus seiner
Berufspraxis schilderte Tobias Greissing ein Internationalisierungsprojekt mit
Studierenden in Kenia, die an Afrikas größtem See, dem Viktoriasee, in
Kooperation mit der Welthungerhilfe erlernte Führungsrollen übernahmen
und das Projekt leiteten.
Stationen für den Wissenstransfer
Der zweite Teil der Veranstaltung bestand aus drei Stationen, an denen
innovative Technologien live demonstriert wurden: Gründer des FutureLab-Programms und Studiendirektor am Walther-Rathenau-Gymnasium Oliver
Kunkel gab in seinem Vortrag „Klimaresilienz in der Landnutzung: Wie sich
Landwirtschaft, Wein- und Obstbau anpassen können“ Einblicke anhand
eines Modells: Das oben beschriebene Verfahren Agri-PV stellte er durch ein
Miniatur-Nachbau den Teilnehmenden vor. Auch sprach Oliver Kunkel über
die Herausforderungen in der Klimaresilienz im Weinbau, zum Beispiel
ungünstige Wetterverhältnisse wie Starkregen, Hagel, Hitze oder Wind, aber
auch Vogel- und Insektenbefall. Auch gebe es Hürden bei der Haltung von
Weidetieren, die in Form von Inseln mit Photovoltaikanlagen gelöst werden
können, um größer Resilienz zu erzielen zu können.
Prof. Dr. Rainer Herrler, Fakultät Elektrotechnik und Lukas Gehrig, Student
Bachelor Robotik, stellten Einsatzmöglichkeiten für Robotik im Weinbau vor.
Das Besondere: Die Anwendungsfelder Robotik und Digitalisierung in der
Landwirtschaft führten sie direkt vor Ort anhand zwei ferngesteuerter
Roboter vor. Diese können für Laubarbeiten an den Reben und zum Schutz
der Pflanzen sowie zur Bodenbearbeitung und zum Mähen eingesetzt
werden. Wichtig hierbei sei aufgrund der Enge zwischen den Rebstöcken das
autonome Fahren der Roboter, die sich aktuell noch durch eine
Fernsteuerung – je nach Modell via Controller oder Smartphone – abseits
des Weinbergs steuern lassen. Noch ist die Fernsteuerung nötig; in Zukunft
sollen die Roboter aber so weit entwickelt sein, dass sie ihre Pfade selbst
finden können und der Datenspeicher zentralisiert ist. Die Technik dieses
Einsatzes von Robotern im Weinbau, so Prof. Herrler, lasse sich auch
übertragen, beispielsweise beim Obst- und Olivenanbau in Italien.
Roboter in der Landwirtschaft: Perspektiven an der THWS
Durch den Einsatz solcher Roboter sei der Markt weniger abhängig von
Saisonarbeitskräften. Ein weiterer Vorteil liegt in mehr Möglichkeiten für
nachhaltige Bewirtschaftung, etwa in Bezug auf den Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln oder Bodenverdichtung. Zudem ist dadurch das
sichere Arbeiten in Steillagen gewährleistet. Erreicht wurden bisherige
Arbeiten auf Basis von Abschlussarbeiten von Maschinenbaustudierende an
der THWS. Daneben liegt der Schwerpunkt zweier Professoren des CERI
(Center für Robotik) auf Agrarrobotik und unterhält internationale
Kooperationen in diesem Forschungsfeld.
Prof. Dr. Andreas Schiffler, Fakultät Maschinenbau und Jakob Paul, Student
der Elektro- und Informationstechnik, legten „Präzisionslandwirtschaft durch
Sensorik und IoT (Internet of Things)“ dar. Durch den Klimawandel sei die
Ertragssicherung im Weinbau ins Wanken gekommen. Um den Einsatz von
Pestiziden und anderen konventionellen Düngemitteln zu reduzieren,
stellten sie innovative Sensorik zur Klimamessung vor, um den Zustand eines
Weinberges analysieren zu können. Jakob Paul erklärte den Stand der
Technik im Hinblick auf Vorhersagemodelle und Life Data: Es existieren in
den kleinen unterfränkischen Ortschaften Escherndorf und Sommerrach in
der Nähe der Vogelsburg vereinzelte Messstationen. Diese seien schwer
verlässliche Quellen, um den Weinberg direkt an der Vogelsburg prüfen zu
können. Individuell ausgewählte und in der Breite eingesetzte Sensoren mit
Langzeitbatterien im jeweiligen Weinberg, verbunden mit einem zentralen
Netzwerkserver, böten eine exaktere Messung für die jeweilige
landwirtschaftliche Lage.
Zum Schluss hob Prof. Dr. Volker Bräutigam hervor: „Für die Umsetzung von
Innovationen ist in erster Linie Veränderungsbereitschaft notwendig. Ich
danke der Region Mainfranken GmbH, der THWS und dem gesamten
Organisationsteam für diese gelungene Veranstaltung.“
Informationen zu CERI: https://robotik.thws.de/forschung/ceriforschungsfelder/
Zum Institut für Digital Engineering (IDEE): Institut für Digital Engineering:
Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt (thws.de)
Zur Webseite der Region Mainfranken GmbH
Kontakt:
Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt
Prof. Dr. Volker Bräutigam
Ignaz-Schön-Str. 11
97421 Schweinfurt
volker.braeutigam@thws.de
Pressekontakt:
Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt
Angela Kreipl
Münzstr. 12
97070 Würzburg
angela.kreipl@thws.de
0931 3511-8354