Wasserstoff, der Energieträger der Zukunft
Expert*innen aus ganz Schleswig-Holstein trafen sich bei einem Wasserstoff-Forschungssymposium Mitte September 2024 an der TH Lübeck, um über aktuelle Projekte und mögliche neue Themenfelder zu sprechen.
Am 12. September 2024 hat das Landeskompetenzzentrum Wasserstoffforschung Schleswig-Holstein (HY.SH) gemeinsam mit dem Wissenschaftszentrum für Elektromobilität, Leistungselektronik und dezentrale Energieversorgung (EMLE) das dritte HY.SH-Forschungssymposium an der Technischen Hochschule Lübeck ausgerichtet. Ziel war es, aktuelle Forschungsthemen und -ergebnisse aus Schleswig-Holstein zu präsentieren sowie eine Austausch- und Diskussionsplattform für Wasserstoffforschende anzubieten, um die Wasserstoff-Forschungscommunity in Schleswig-Holstein weiter auf- und auszubauen.
„Unsere Forschungssymposien veranstalten wir in erster Linie, um einen Austausch zu organisieren. Schleswig-Holstein ist als Bundesland und in seiner Forschungslandschaft einfach zu klein, als dass man sich nicht kennt, und deshalb wollen wir Synergien nutzen, zusammenarbeiten, kooperieren und die Wasserstoffforschung möglichst effizient voranbringen“, so Sebastian Wirth vom HY.SH.
Prof. Oliver Opel, Projektkoordinator des HY.SH, betonte, dass sie ihr Ziel, die Wasserstoffforschungs-Community in Schleswig-Holstein deutlich zu vergrößern, erfolgreich realisiert hätten. Dazu habe insbesondere das niedrigschwellige Förderprogramm „h2Fonds" mit einem Gesamtvolumen von 920.000 Euro beigetragen.
Opel wünscht sich für die Zukunft, dass das Thema Wasserstoff nicht nur in den technischen Wissenschaften, sondern verstärkt auch in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften verankert wird. Trotz der erreichten Umsetzungsphase besteht weiterhin Forschungsbedarf, da die Phase der Massenproduktion und die damit verbundenen Kostensenkungen, wie zum Beispiel bei der Batterieproduktion, noch nicht erreicht wurden.
Mobilitäts- und Energiewende: Zwei Seiten der gleichen Medaille
Für den stellvertretenden Leiter und Sprecher des Wissenschaftszentrums EMLE der TH Lübeck, Clemens Kerssen, sind die Mobilitäts- und Energiewende zwei Seiten der gleichen Medaille. In einem Blick hinter die Kulissen ermöglichte er den anwesenden Wissenschaftler*innen einen Einblick in die Lernkurve des EMLE-Teams seit der Gründung des Wissenschaftszentrums im Jahr 2012 durch Roland Tiedemann.
Das EMLE-Team arbeitet zurzeit an der Entwicklung und Einbindung eines Wasserstoff-Hybridspeichersystems aus Komponenten, die über den h2Fonds beschafft wurden. Dadurch kann das Maschinen- und Elektromobilitätslabor zeitweise energieautark betrieben werden und Studierende haben die Möglichkeit, an einem konkreten Anwendungsfall das Wasserstoffsystem kennenzulernen.
Wasserstoff ist keine Luftnummer
In ihrer Keynote betonte Prof. Aylin Bicakci von der FH Kiel die zentrale Rolle der Leistungselektronik für die Energiewende. Sie erklärte, dass die Leistungselektronik für die Umwandlung von elektrischer Energie, von Solar- oder Windkraftanlagen bis hin zum Endverbraucher im Niederspannungsnetz, unerlässlich sei.
Prof. Maximilian Schüler (THL) hob die Potenziale der Landwirtschaft in Bezug auf erneuerbare Energien hervor. Schüler erläuterte, dass die Landwirtschaft von fossilen Ressourcen abhängig und damit nicht nachhaltig sei. Gleichzeitig sei sie prädestiniert dafür, erneuerbare Energien auf Basis existierender Technologien einzusetzen. So wird in der Erntezeit, die auf einem Hof wenige Tage, über das Land gesehen etwa einen Monat dauert, viel Energie benötigt, die im restlichen Jahr aus Sonne und Wind gesammelt und in Wasserstoffspeichern gespeichert werden könnte.
Ein weiteres Forschungsfeld stellte Prof. Hinrich Uellendahl von der Hochschule Flensburg vor: Uellendahl stellte das biologische und chemische Verfahren zur Methanisierung von Wasserstoff über Katalysatoren vor und berichtete von innovativen Anlagen aus Dänemark, die diese Technik bereits einsetzen.
Auch auf maritimer Ebene spielt Wasserstoff eine bedeutende Rolle. Prof. Julian Jepsen vom Helmholtz-Zentrum Hereon gab einen Überblick über aktuelle Wasserstoff-Forschungsprojekte und stellte ein Forschungsschiff vor, das derzeit noch gebaut wird. Es soll zukünftig mit Wasserstoff betrieben werden. Florian Schieker vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) berichtete detailliert über das Schiff.
Moritz Jens von der FH Kiel präsentierte in seinem Beitrag den Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Optimierung der maschinellen Schweißung von Wasserstoff-Druckgasspeichern. Diese Technologie könne die Produktionseffizienz erheblich steigern und die Sicherheit der Speicher verbessern.
Frank Meisel von der CAU Kiel und dem CAPTN Energy Projekt stellte die Ergebnisse von Interviews mit Industrievertretern zur Nutzung erneuerbarer Energien in der maritimen Wirtschaft vor. Während einige Unternehmen klare Regulierungen forderten, um mehr Investitionssicherheit zu erhalten, befürchteten andere Einschränkungen durch zusätzliche Auflagen.
Prof. Christian Buchmüller von der FH Westküste ging auf die rechtlichen Herausforderungen beim Import von nachhaltig erzeugtem Wasserstoff und dessen Derivaten ein. In seinen Gesprächen mit australischen Regierungsvertretern wurde deutlich, dass die EU-Vorgaben zur Sicherstellung der Nachhaltigkeit in vielen Ländern nur schwer umsetzbar sind. In Australien konzentriere man sich nun verstärkt auf den Export von grünem Stahl, was möglicherweise eine direkte Folge dieser Problematik sei.
Die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen standen auch bei Sina Freitag und Lena Thiessen von der FH Westküste im Fokus. Während Freitag die zentralen Punkte des Wasserstoffbeschleunigungsgesetzes erläuterte, analysierte Thiessen die Kompetenzen, die für die Wasserstoffwirtschaft erforderlich sind, und untersuchte, wie diese zur Lösung des Fachkräftemangels genutzt werden könnten.
Zum Abschluss des Symposiums erhoben Dr. Frank Schiller und Volker Köhne in einem Workshop ein Meinungsbild der Teilnehmer zu den Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken der Wasserstoffforschung in Schleswig-Holstein.
HY.SH Das Landeskompetenzzentrum Wasserstoffforschung Schleswig-Holstein
Das Landeskompetenzzentrum Wasserstoffforschung Schleswig-Holstein (HY.SH) hat seine Arbeit am 01. Oktober 2021 unter dem Dach der Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein GmbH (EKSH) aufgenommen. Finanziert wird diese neu gegründete, zentrale Anlaufstelle für Wasserstoffforscher*innen in Schleswig-Holstein vom Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur Schleswig-Holstein (MBWFK).
Die Veranstaltung wurde durch die EKSH mit Mitteln aus dem "H2Fonds – Zeit für Wasserstoff" finanziert, die den Hochschulen des Landes vom MBWFK zur Verfügung gestellt werden.