Wilfried-Lorenz-Versorgungsforschungspreis 2024 vergeben
Im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung des 23. Deutschen Kongresses für Versorgungsforschung am 25.09.2024 vergab die Jury des Deutschen Netzwerks Versogungsforschung den Wilfried-Lorenz-Versorgungsforschungspreis 2024.
Das Deutsche Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF) e.V. vergibt den Wilfried-Lorenz-Versorgungsforschungspreis 2024 an Prof. Dr. Felix Miedaner (Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften), Prof. Dr. Ludwig Kuntz (Universität zu Köln), Dr. Kerstin Wellermann (Universität zu Köln), Prof. Dr. Bernhard Roth (Universität zu Köln) und Prof. Dr. Stefan Scholtes (University of Cambridge) für deren herausragende Arbeit „Service Quality Implications of Long Periods of Consecutive Working Days: An Empirical Study of Neonatal Intensive Care Nursing Teams“. Der Preis wird in Erinnerung an das Ehrenmitglied des DNVF, Prof. Dr. Wilfried Lorenz (1939-2014), verliehen. Bei der Verleihung waren Margit Lorenz, der Ehefrau von Wilfried Lorenz und ihre beiden Söhne anwesend.
Die 17-köpfige Jury, unter Leitung von PD Dr. Anna Levke Brütt (UKE Hamburg), wählte im Gutachterverfahren die Studie aufgrund der hohen methodischen Qualität und der besonderen Relevanz für den Einsatz des Fachpersonals in der Patient:innenversorgung aus. Ebenso bewertete die Jury positiv, dass durch die Publikation der Ergebnisse im Journal Manufacturing & Service Operation Management die Entscheiderebene für die Umsetzung der in der Studie empfohlenen Implikationen adressiert wurde.
In seinem Vortrag referierte Prof. Dr. Felix Miedianer, dass die Studie die Auswirkungen unmittelbar aufeinanderfolgender Arbeitstage ohne dazwischen liegende Ruhetage auf die Versorgungsqualität in der neonatologischen Intensivpflege untersucht. Ausgangspunkt dieser Analyse ist die gängige Praxis, dass Krankenhäuser ihre Personalrichtlinien häufig auf sichere tägliche Kennzahlen wie das Verhältnis von Pflegekraft zu Patient stützen. Es besteht weitgehend wissenschaftlicher Konsens, dass eine damit einhergehende angemessene Personalausstattung in der Pflege positive Effekte auf die Versorgungsqualität hat. In der Praxis sehen sich Krankenhäuser jedoch mit der Herausforderung konfrontiert, auf unvorhergesehene Nachfrageanstiege und/oder Personalengpässe reagieren zu müssen. In solchen Situationen wird häufig auf Pflegekräfte zurückgegriffen, die zusätzliche aufeinanderfolgende Arbeitstage übernehmen, um Personalengpässe zu überbrücken. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass diese Vorgehensweise, obwohl sie kurzfristig Personalprobleme scheinbar löst, unbeabsichtigt die Versorgungsqualität und -sicherheit negativ beeinträchtigen kann. Das bestehende Personal einfach länger arbeiten zu lassen, ist also keine Alternative zu einer höheren Personalausstattung.
Die Analyse basiert auf Längsschnittdaten von 62 neonatologischen Intensivstationen in Deutschland. Dabei wurde die Zeit von der Aufnahme bis zur vollständigen enteralen Ernährung bei 847 Frühgeborenen mit niedrigem Geburtsgewicht untersucht. In der Versorgung geht eine frühzeitigere vollständige enterale Ernährung mit einem besseren Gedeihen des Kindes und der Vermeidung von Komplikationen einher. Neben dem täglichen Verhältnis von vorhandenen Pflegekräften zu Patienten als Indikator für Personalausstattung wurde u.a. auch die Komplexität der Patientenfälle berücksichtigt. Die Ergebnisse der statistischen Analysen erlauben eine kausale Interpretation: Längere aufeinanderfolgende Arbeitszeiträume des gleich besetzten Teams wirken sich negativ auf die Versorgungsqualität aus. Dieser Effekt verstärkt sich besonders an Tagen mit unzureichender Personalausstattung und hängt von der Komplexität der betreuten Patienten ab. Der gemeinsame Einfluss von schlechter Personalausstattung und einem hohen Niveau von unmittelbar zusammenhängenden Arbeitstagen wirkt sich dabei besonders auf Patienten mit weniger komplexem Versorgungsbedarf aus. Die personelle Versorgung dieser Kinder sollte in solchen Situationen daher klar geregelt sein.
Wilfried-Lorenz Versorgungsforschungspreis
Der mit 2.500 € dotierte Preis wird in Gedenken an das DNVF-Ehrenmitglied Prof. Dr. Wilfried Lorenz in diesem Jahr zum zehnten Mal vergeben. Prof. Lorenz hat sich viele Jahrzehnte um die Versorgungsforschung verdient gemacht. Die Vergabe des Wilfried-Lorenz-Versorgungsforschungspreises 2024 fand im Rahmen der Eröffnungsfeier des 23. Deutschen Kongresses für Versorgungsforschung, am Mittwoch, den 5. Oktober von 10:45 – 13:00 Uhr durch die Vorsitzende der Gutachterkommission, PD. Dr. Anna Levke Brütt und Margit Lorenz, die Witwe von Wilfried Lorenz, statt. Das DNVF bedankt sich bei Margit Lorenz für die Spende des Preisgeldes.
Über Wilfried Lorenz
Der Namensgeber des Preises, Prof. Wilfried Lorenz, studierte Medizin und promovierte in München, wo er 1969 für klinische Chemie habilitiert wurde. Ab 1970 war er Leiter der Abteilung für experimentelle Chirurgie und pathologische Biochemie an der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums. Dort leitete er ab 1998 das Institut für Theoretische Chirurgie an der Phillips-Universität Marburg. Über tausend, meist in Englisch und Deutsch, aber auch in Französisch und Spanisch verfasste wissenschaftliche Beiträge zeugen von seiner großen Schaffenskraft. Er war Ehrenmitglied des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung und auf dem Gebiet der Versorgungsforschung wegbereitend tätig. Zahlreiche nationale und internationale Ehrungen bezeugen seine hohe Reputation, so das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und die Euricius-Cordus-Medaille der Marburger Universitätsmedizin für sein Lebenswerk. Prof. Wilfried Lorenz ist 2014 verstorben.