Forschung an der Energiewende – Kennzahlen aus sechs Jahren Betrieb
Das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT in Pfinztal forscht an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Eine Windkraftanlage und Photovoltaik versorgen den Campus. Das Institut zieht nach sechs Jahren eine positive Bilanz und gibt einen Ausblick auf die weiteren Ausbaupläne.
Seit Mitte 2018 läuft am Campus des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT eine 2-MW-Windkraftanlage im Forschungsbetrieb. Diese ist gleichstromseitig mit einer großen Redox-Flow-Forschungsbatterie mit einer Kapazität von 6 MWh verbunden. Im Sommer 2023 wurde zusätzlich eine 3.300 m² große Photovoltaikanlage mit 690 kWp Leistung gleichstromseitig in die Gesamtanlage integriert.
Die Kombination aus Wind- und Sonnenenergie erhöht am Standort die Stabilität und die Planbarkeit der Energieversorgung. Der Campus dient als Reallabor für eine weitgehend autarke Energieversorgung von Gemeinden und Industriegebieten durch erneuerbare Quellen. Die Kombination aus Windkraft, Photovoltaik und der am Institut erforschten Großbatterie liefert dabei wichtige Erkenntnisse für die Gestaltung und den Betrieb von Micro-Grids. Micro-Grids sind lokale Netze, die die Energieerzeugung, Energiewandlung und Energiespeicherung effizient in einem System zusammenschließen.
Weitere Komponenten des Campus-Grid sind ein 400-kW-Blockheizkraftwerk (BHKW), eine 900-kW-Supercap für kurzfristige Reserven zur Netzstabilisierung sowie Chemielabore, Technikumsanlagen und Bürogebäude mit 580 Beschäftigten als Verbraucher.
Die Forschungsziele in diesem Bereich umfassen vorrangig die deutliche Kostensenkung sowie die technische Sicherheit und Resilienz der Komponenten für eine kostengünstige und sichere Energiewende.
In dem Sechsjahreszeitraum hat die Windenergieanlage ungefähr 37.400 Betriebsstunden erreicht, was einer Jahresauslastung von etwa 60 % entspricht. In diesem Zeitraum wurden 12,8 GWh Strom produziert, davon zirka 85 % selbst genutzt. Die restlichen 15 %, 1,9 GWh, kamen dem öffentlichen Netz zugute. Dies hat im genannten Zeitraum rechnerisch 70 Vierpersonenhaushalte CO2-neutral mit elektrischer Energie versorgt. Die Inbetriebnahme der PV-Anlage Ende 2023 steigerte die Energieproduktion auf dem Campus deutlich. Von Januar bis September 2024 hat die PV-Anlage 507 kWh Strom erzeugt. Der Anteil erneuerbarer Energien ist damit auf etwa zwei Drittel des Gesamtstromverbrauchs des Instituts gestiegen.
Für die Jahre 2025/26 ist bereits der weitere Ausbau von Photovoltaikanlagen und Energiespeichern projektiert, um dem Ziel einer CO2-neutralen Liegenschaft näher zu kommen sowie die Energiekosten weiter zu senken.
Im Bereich der Wärmewende besteht auf dem Campus noch Nachholbedarf: Pro Jahr erzeugt das erdgasbetriebene BHKW etwa 2 GWh Wärme, den restlichen Bedarf von rund 1,5 GWh decken Gaskessel und Ölheizung. In den nächsten Jahren liegt der Fokus auf der Senkung des Wärmebedarfs, der Wandlung von Power-to-Heat, sowie im Ausbau des Nahwärmenetzes.
Die zahlreichen Projekte mit Nachhaltigkeitsbezug des Fraunhofer ICT sind keine Imagepflege, sondern werden zunehmend zum entscheidenden Wirtschaftsfaktor und damit zu Forschungsthemen. Sie umfassen Energieeffizienz in der Mobilität und Bauindustrie, die Kreislaufführung von Stoffströmen, nachhaltiges Produktdesign, die Defossilierung chemischer Prozesse, einen nachhaltigen Kreislauf von Stoffen und Energie, die Nutzung nachwachsender Rohstoffe, die Substitution kritischer Materialien und umfassende Lebenszyklusanalysen beispielsweise in der Luftfahrtindustrie.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Stefan Tröster, Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT, Joseph-von-Fraunhofer-Straße 7, 76327 Pfinztal, Telefon +49 721 4640-392
Weitere Informationen:
https://www.fraunhofer.de/de/ueber-fraunhofer/nachhaltigkeit/verantwortungsvolle-unternehmensgestaltung/die-klimastrategie-der-fraunhofer-gesellschaft.html