Fraunhofer IOSB-AST bewertet Transformationspfade zur Dekarbonisierung der Fernwärmeversorgung für Stadtwerke Bielefeld
Ilmenau/Bielefeld, 09. Oktober 2024: Das Anfang des Jahres in Kraft getretene Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze verpflichtet Wärmeversorger, ihre Wärmenetze bis 2045 zu dekarbonisieren. Versorger wie die Stadtwerke Bielefeld GmbH müssen dafür geeignete Transformationspläne für ihre Versorgungsgebiete erstellen. Gemeinsam mit Energieexperten des Fraunhofer IOSB-AST wurde nun die These untersucht, dass eine CO2-neutrale Fernwärmeversorgung nur dann wirtschaftlich umgesetzt werden kann, wenn Wärme- und Stromerzeugung sektorenübergreifend betrachtet werden.
Derzeit wird die Fernwärme in Bielefeld durch eine Müllverbrennungsanlage, ein Holz-HKW sowie mehrere Biogas-BHKWs bereitgestellt. Ergänzt wird die Erzeugung durch konventionelle KWK und Heizwerke zur Absicherung der Versorgung. Im Fernwärmenetz selbst sind dabei über 13 Millionen Liter Wasser auf über 200 Kilometern Leitungslänge im Umlauf, die über 28.000 Haushalte versorgen. Das entspricht rund 18 Prozent aller Haushalte in Bielefeld - ein im Vergleich zum Bundesdurchschnitt von nur 9 Prozent überdurchschnittlicher Wert.
Für eine vollständige Dekarbonisierung dieses komplexen Wärmenetzes sind signifikante Änderungen im Technologiemix notwendig. Zudem müssen wirtschaftliche Kennwerte betrachtet und gleichzeitig die Versorgungssicherheit sichergestellt werden –
Fragestellungen, die die Mathematikerin Steffi Naumann vom Fraunhofer IOSB-AST vor besondere Herausforderungen stellte:
Grundlage für Ihre Arbeiten war dabei das ebenfalls vom Fraunhofer IOSB-AST
entwickelte Modell zur Einsatzoptimierung und Betriebsführung der aktuellen Erzeugungsanlagen auf Basis der Energiemanagement-Lösung EMS-EDM PROPHET®. Dessen digitales Modell wurde sukzessive um neue, CO2-freie Anlagen erweitert und dabei standortspezifische Potentiale im Rahmen des Transformationspfades berücksichtigt.
Simuliert und ausgewertet wurden schließlich 12 Untersuchungsszenarien, die sich durch eine Kombination von vier Technologie- und drei Marktszenarien für die Referenzjahre 2023 sowie 2030, 2035, 2040 und 2045 mit einer zeitlichen Auflösung von einer Stunde unterscheiden. Für jedes einzelne Szenario konnten anschließend die kundenrelevanten Kennwerte Erlöse, Kosten, spezifische CO2-Emissionen oder Anlagenbetrieb
und -auslastung bestimmt werden. Die fundierten Ergebnisse der untersuchten Szenarien im Rahmen des Projektes sind Grundvoraussetzung für die daraus abzuleitenden Transformationsmaßnahmen und Investitionsentscheidungen.
Zentrales Ergebnis der Untersuchungen ist, dass bei der Energiebereitstellung in KWK eine übergeordnete Betrachtung aller erlösrelevanten Parameter, insbesondere der
zunehmend volatilen Stromerzeugung, wirtschaftliche Vorteile gegenüber einer
rein wärmegeführten Betrachtung mit sich bringt. Um einen dekarbonisierten
Erzeugerpark wirtschaftlich darstellen zu können, ist darüber hinaus eine weitere Flexibilisierung der Erzeugungsanlagen notwendig.
„Mit Ihrer langjährigen Expertise in der Energiesystemoptimierung konnten uns die
Expertinnen und Experten von Fraunhofer in strategisch wichtigen Fragestellungen wertvolle Impulse liefern. Insbesondere die hochkomplexe Modellierung unserer Kraftwärmekopplung sowie deren zielgerichteter Anpassung für das hochvolatile Umfeld im Strommarkt sind von großer Bedeutung für die Weiterentwicklung unseres Geschäfts.“, erklärt Marius Güths aus dem Bereich Fernwärmeerzeugung der Stadtwerke Bielefeld.
Mit dem nun fertig gestellten Simulationsmodell können die Stadtwerke Bielefeld außerdem zusätzliche, eigene Berechnungen und Bewertungen vornehmen und damit flexibel auf sich ändernde Marktbedingungen reagieren.
Fragen zum Thema Transformationsplanung beantwortet Ihnen Steffi Naumann,
steffi.naumann@iosb-ast.fraunhofer.de, 03677 461104, Web: https://s.fhg.de/zrWR
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
steffi.naumann@iosb-ast.fraunhofer.de, 03677 461104
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