Kreidezähne: Ein Update ist fällig!
2. Int. Kongress der Allianz zur Erforschung und Behandlung der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (AMIT)
Düsseldorf, 18. Oktober 2024 – Weit verbreitet und für die Fachwelt noch immer rätselhaft: das Krankheitsbild der „Kreidezähne“. Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) als nationaler Dachverband der wissenschaftlichen Gruppierungen der ZMK sieht die Erforschung der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH = „Kreidezähne“) als ein wichtiges Ziel an und unterstützt den zweiten internationalen Kongress der Allianz zur Erforschung und Behandlung der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (AMIT). Dieser findet vom 13. bis 16. November 2024 in Berlin statt.
Der erste Kongress der AMIT in 2022 gab als Plattform für die Forschenden wichtige Impulse und das zweite Treffen wird nun die Ergebnisse aufarbeiten und neue Anregungen für gemeinsame Forschungsvorhaben geben. Gleichzeitig wird MIH immer stärker als allgegenwärtiges Problem in der zahnärztlichen Praxis wahrgenommen. So ergab eine aktuelle Erhebung in Bayern, dass über 17% der dort lebenden Kinder von MIH betroffen sind [1]. „Jeder, der Kinder behandelt, muss daher damit rechnen, dass er MIH-Fälle hat“, sagt Kongresspräsident Prof. Norbert Krämer. „Und wie wir aus der Bayernstudie auch wissen: Etwa die Hälfte der Fälle sind schwer, weisen Schmelzeinbrüche und Hypersensitivität auf - und müssen zügig versorgt werden.“
Um der Forschung wie der Praxis gerecht zu werden, beinhaltet das 4-tägige Programm Referate hochrangiger internationaler Experten zur Grundlagenforschung, zu laufenden Studien sowie zu Therapiekonzepten für MIH-Zähne, verbunden mit praktischen Tipps für die akute, mittel- und langfristige Versorgung dieser Zähne. Das Kongressprogramm, für das die Präsidenten des Symposiums Prof. Norbert Krämer und Prof. Roland Frankenberger verantwortlich zeichnen, erhellt im Hauptprogramm schlaglichtartig verschiedene Bereiche: Forschungsstand, Update zur Therapie der MIH, Zusammenhänge zwischen Behandlung und Lebensqualität der betroffenen Kinder und die Relevanz neuer Trends in der Zahnmedizin für MIH. Daneben werden Posterpräsentationen Einblicke in vielfältige Forschungsbereiche geben.
Die Opening-Session wird ausführlich den Stand der Forschung bezüglich MIH vorstellen. Mit Spannung wird die Keynote Lecture von Prof. Nick A. Lygidakis erwartet, der einen Bogen von den Anfängen der Erforschung von MIH über den heutigen Stand zu zukünftigen Vorhaben schlägt. Einen Einblick in die Grundlagenforschung zur Ätiologie von MIH wird Prof. Christof Högg gewähren: In seiner DFG-geförderten Studie untersucht er Einflussfaktoren auf die Mineralisation bei Zebramuscheln. Der Frage nach einer möglichen „Heilung“ von MIH wird Prof. David Manton nachgehen.
MIH effektiver behandeln
Eine zentrale Rolle unter den Therapieansätzen für MIH wird das im vergangenen Jahr aktualisierte Würzburger Konzept spielen [2]. Das international anerkannte Behandlungskonzept für die tägliche Praxis wurde um zusätzliche nicht-invasive Strategien, temporäre Therapieoptionen sowie Behandlungsansätze für Schneidezähne erweitert. Das Behandlungskonzept basiert auf dem 4-stufigen Klassifikationsindex MIH-TNI (MIH-Treatment Need Index), der Schmelzeinbrüche und Hypersensibilität der Zähne als Hauptkriterien anlegt.
Als neue mikroinvasive Ansätze für die ästhetische Versorgung von MIH-Fällen werden u.a. Bleaching, Infiltration und Laseranwendung thematisiert. Für die Desensibilisierung von MIH-Zähnen wird der Einsatz von Silberdiaminfluorid (SDF) diskutiert. Ein ganzer Vormittag wird sich der restaurativen Versorgung von MIH-Gebissen widmen, wobei Vorgehensweisen und Therapieentscheidungen bei schweren Fällen im Fokus stehen. Gespannt sein darf man auch auf das Update zur adhäsiven Verankerung von Restaurationen in hypomineralisierter Zahnsubstanz von Prof. Bart van Meerbeek.
Neue Trends & MIH
Ein kompletter Kongresstag widmet sich den Themen Künstliche Intelligenz (KI), Social Media, Telezahnmedizin und digitale Zahnmedizin. Zu diesen Themen werden grundlegende Informationen gegeben, aber es wird auch spezifisch auf ihre Relevanz für MIH geschaut: Ist KI hilfreich für die MIH-Diagnostik, ist Telezahnmedizin eine Option in der MIH-Behandlung? Können wir über Social Media die breite Öffentlichkeit für die „Volkskrankheit“ MIH sensibilisieren?
Auf dem 2. internationalen AMIT-Kongress in Berlin wird die international erzeugte Evidenz zum Forschungsgebiet der MIH ausgebreitet. Er wird Plattform sein für eine weitergehende Vernetzung der Forschenden, für den Austausch zwischen Praxis und Forschung - und richtungsweisend für die zukünftige Erforschung dieser Volkskrankheit.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
AMIT Kongresspräsident Prof. Dr. Norbert Krämer
Norbert.Kraemer@dentist.med.uni-giessen.de
Originalpublikation:
[1] Fresen KF, Gaballah R, Schill HI, Amend S, Sarpari K, Pitchika V, et al. Prevalence and association of caries and enamel hypomineralisation (EH)/molar-incisor hypomineralisation (MIH) in 8- to 10-year-old children from Bavaria, Germany. Caries Res 2024 Sep 12;1-21.
[2] Bekes K, Steffen R, Krämer N. Update of the molar incisor hypomineralization: Würzburg concept. Eur Arch Paediatr Dent. 2023 Dec;24(6):807-813. doi: 10.1007/s40368-023-00848-5. Epub 2023 Oct 19. PMID: 37856065; PMCID: PMC10657291.
Weitere Informationen:
https://amit-mih.org/ Mehr Informationen zum AMIT-Kongress in Kooperation mit DGZMK, DGZ, BLZK, KZVB, OGKiZ