Nachhaltige Ersatzstoffe für den Torfausstieg: Erste Unternehmen erhalten Horticert-Zertifizierung
Sieben Unternehmen erhielten jetzt die ersten Zertifikate für Torf-Ersatzstoffe nach dem neuen Horticert-Standard. Das von der Meo Carbon Solutions GmbH (MCS) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) entwickelte Zertifizierungssystem stellt sicher, dass Torfersatzstoffe für Blumenerden und Gartenbausubstrate nachhaltig produziert und verarbeitet werden und ihre Rückverfolgbarkeit entlang internationaler Lieferketten gewährleistet ist. Darüber hinaus wird mit Horticert der CO2-Fußabdruck der Produkte verifiziert.
Zu den ausgezeichneten Unternehmen gehören das Erdenwerk Gebrüder Mayer als Lieferant der Baumarktkette toom, der Erdenhersteller Gramoflor sowie die gesamte Lieferkette des Erdenherstellers Eifel-Holz aus Belgien. Die Lieferkette von Eifel-Holz umfasst neben dem belgischen Holzfaserproduzenten EMZ-Werke Manderfeld auch das deutsche Sägewerk I.B.H. sowie die betriebseigene Erden-, Kompost- und Rindenhumusproduktion. Darüber hinaus erhielt der Kokosimporteur Copertiz aus Belgien eines der ersten Zertifikate. Inzwischen ist auch sein erster Lieferant aus Indien für nachhaltige kokosbasierte Torfersatzstoffe zertifiziert.
Die mengenmäßig wichtigsten organischen Torfersatzstoffe in Mitteleuropa sind bislang Holzfasern, Grüngutkompost, Kokosfasern, Kokosmark und Rindenhumus. Sie sollen in ökologischer und sozialer Hinsicht nachhaltig erzeugt sein und klimaschädliche Treibhausgase im Vergleich zu Torf einsparen. Um dies sicherzustellen, überprüfen geschulte Auditoren im Rahmen von Horticert je nach Land, Unternehmen und Rohstoff bis zu 140 verschiedene Kriterien pro Standort. Bei den Produzenten von Kokosprodukten sind dies neben ökologischen auch soziale Faktoren. Zertifizierte Betriebe müssen Menschen- und Arbeitsrechte einhalten und beispielsweise die Bekämpfung von Kinderarbeit nachweisen. Darüber hinaus müssen sie bei Flächen mit hohem Naturschutzwert den Erhalt des Schutzstatus, die umweltfreundliche Produktion und Weiterverarbeitung der Rohstoffe und die Herkunft von entwaldungsfreien Anbauflächen nachweisen. Für letzteres integriert Horticert das bereits etablierte System GRAS (Global Risk Assessment Services), welches Landnutzungsänderungen mit Hilfe von Satelliten-Daten erfassen kann.
Für den Torfersatzstoff Holzfasern verwenden Erdenhersteller Holzhackschnitzel, die in Sägewerken als Nebenprodukt anfallen. Für das Horticert-Siegel müssen Unternehmen den Holzfaserbezug von zertifizierten Holzfaserwerken oder zertifizierten Sägewerken belegen. Letztere müssen nachweisen, dass ihr Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt, was auch über andere Zertifikate wie FSC oder PEFC möglich ist. Gleiches gilt für Rinde für die Produktion von Rindenhumus.
Die Produktion von regionalem, aus Grünabfällen hergestelltem Substratkompost geht grundsätzlich mit geringen ökologischen und sozialen Risiken einher. Allerdings kann der CO2-Fußabdruck[1] laut Studien deutlich höher als der von anderen Torfersatzstoffen ausfallen. Dies hängt maßgeblich von den Praktiken auf der Kompostieranlage ab. Horticert entwickelt derzeit eine Methodik zur realistischen Darstellung der THG-Emissionen von Kompost.
Eine CO2-Bilanz wird im Rahmen von Horticert generell für alle Rohstoffe und Substratmischungen erstellt. Sie dient dazu, die Klimaschutzleistung im Vergleich zu torfhaltigen Erden konkret auszuweisen. So spart die zertifizierte und vollständig torffreie Blumenerde der toom-Eigenmarke im Vergleich zu einem Referenzprodukt, das komplett auf Torf basiert, 40 Prozent Treibhausgasemissionen ein.
Auch der CO2-Fußabdruck von Kokosprodukten kann sich trotz hoher Transportdistanzen sehen lassen, da die Transportemissionen häufig überschätzt werden.
Zwischen 2019 und 2023 ist der Torfanteil in Hobbyerden bereits von 60 auf rund 41 Prozent gesunken, der Torfausstieg schreitet in diesem Segment besonders schnell voran. Dass dies eine gute Nachricht im Sinne der Nachhaltigkeit ist, belegt das Horticert-System. Aktuell laufen für viele weitere Unternehmen Zertifizierungen, vom Erdenhersteller bis zum Rohstofflieferanten.
Hintergrund: Horticert wurde im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 und der Torfminderungsstrategie der Bundesregierung ins Leben gerufen. Die Strategie sieht vor, den Einsatz von Torf im Hobbygartenbau bis 2026 zu beenden und im Profigartenbau bis 2030 weitestgehend zu reduzieren. Denn der Abbau und die Nutzung von Torf setzen das Treibhausgas CO2 frei. Vor diesem Hintergrund hat das BMEL die MCS GmbH mit der Entwicklung eines Zertifizierungssystems für nachhaltige Torfersatzstoffe beauftragt. Zuständiger Projektträger ist die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR).
Ansprechpartner:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.
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