Neuer Versorgungsatlas-Bericht zeigt hohe Komorbiditätslast bei Menschen mit chronischer Nierenkrankheit
Fast 68 Prozent der chronisch Nierenkranken leiden zusätzlich an mindestens drei weiteren chronischen Erkrankungen // Herzinsuffizienz und kardiovaskuläre Erkrankungen besonders häufig // Anstieg der Multimorbidität mit fortschreitendem Nierenschaden
Patientinnen und Patienten mit diagnostizierter chronischer Nierenkrankheit sind signifikant häufiger von weiteren chronischen Erkrankungen betroffen als Menschen ohne Nierenkrankheiten. Besonders kardiovaskuläre Leiden wie Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit, Schlaganfall und Vorhofflimmern treten deutlich häufiger auf und erhöhen die Komplexität der Versorgung dieser Erkranktengruppe. Mehr als zwei Drittel (67,4 Prozent) der Menschen mit chronischer Nierenkrankheit litten zusätzlich an mindestens drei weiteren chronischen Erkrankungen. Herzinsuffizienz und koronare Herzkrankheiten sind in den frühen Stadien der Nierenerkrankung bereits häufiger anzutreffen. Diese nehmen aber mit zunehmender Nierenschädigung deutlich zu. Auch autoimmune Systemerkrankungen und zystische Nierenkrankheiten traten in höheren Erkrankungsstadien häufiger auf. In den fortgeschrittenen Stadien der chronischen Nierenkrankheit (CKD) nahm diese Belastung weiter zu: Während im CKD-Stadium 3 schon 73 Prozent von mindestens drei und 32 Prozent von mindestens fünf chronischen Erkrankungen betroffen waren, stiegen die Werte im CKD-Stadium 5 auf 80 Prozent und 42 Prozent an. In der schwersten Form der Nierenerkrankung (CKD-Stadium 5) war der Anteil derjenigen, die von mindestens sieben Begleiterkrankungen betroffen waren, mehr als 20-mal so hoch wie in der Kontrollgruppe.
Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Versorgungsatlas-Studie zum „Komorbiditätsprofil der chronischen Nierenkrankheit“, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) heute veröffentlicht hat.
Für die Studie sind insgesamt 2.938.114 Menschen im Alter von mindestens 40 Jahren untersucht worden, bei denen in mindestens zwei Quartalen des Jahres 2022 eine chronische Nierenkrankheit diagnostiziert wurde. Diese wurden mit einer gleich großen Kontrollgruppe ohne chronische Nierenkrankheit verglichen. Dabei zeigte sich, dass alle der untersuchten 13 Begleiterkrankungen signifikant häufiger bei Betroffenen mit chronischer Nierenkrankheit auftraten. Glomeruläre Erkrankungen, die zu einer gestörten Nierenfunktion führen, sind bei diesen Patientinnen und Patienten 17,7-mal häufiger diagnostiziert worden als in der Kontrollgruppe. Weitere besonders häufige Komorbiditäten waren Herzinsuffizienz (2,9-fache Prävalenz) und periphere arterielle Verschlusskrankheiten (PAVK), die ebenfalls fast dreimal häufiger bei Betroffenen auftraten.
„Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnostik und einer umfassenden Behandlung, um das Fortschreiten der Erkrankung zu vermeiden oder zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. „Die komplexe Multimorbidität dieser Patientengruppen verdeutlicht, wie stark die Betroffenen mit dem Fortschreiten der chronischen Nierenerkrankung belastet sind. Sie erfordert eine enge Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Fachrichtungen, insbesondere zwischen Hausärzten, Nephrologen und Kardiologen. Im Hinblick auf personelle Kapazitäten und zeitliche Ressourcen ergeben sich daraus enorme Herausforderungen für die Versorgung dieser Patientengruppe.“
In einem vorangegangenen Versorgungsatlas-Bericht sind die Prävalenzen der CKD nach Stadien und auf Kreisebene dargestellt worden. Demnach sind besonders hohe Prävalenzen der Stadien 3-5 insbesondere in eher ländlichen Regionen und vor allem in den östlichen Bundesländern zu beobachten. Somit sind auch diese Regionen besonders von den Versorgungsaufgaben der Begleiterkrankungen betroffen.
Datengrundlage der heute veröffentlichten Studie waren die bundesweiten pseudonymisierten krankenkassenübergreifenden vertragsärztlichen Abrechnungsdaten gemäß § 295 SGB V. Eingeschlossen wurden Personen im Alter ab 40 Jahren, bei denen in zumindest zwei Quartalen im Jahr 2022 eine chronische Nierenkrankheit diagnostiziert wurde. Als Kontrollen wurden Patientinnen und Patienten ohne Diagnose einer chronischen Nierenkrankheit nach Alter, Geschlecht und Regionen der kassenärztlichen Vereinigungen (17 räumliche Einheiten) 1:1 zu Fällen gematcht.
Weitere Informationen
Holstiege J, Kohring C, Dammertz L, Samson-Himmelstjerna FA v, Akmatov MK, Müller D. Komorbiditätsprofil der chronischen Nierenkrankheit – Erkenntnisse aus der vertragsärztlichen Versorgung. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi). Versorgungsatlas-Bericht Nr. 24/04. Berlin 2024. > https://doi.org/10.20364/VA-24.04
Vorangegangener Bericht des Zi-Versorgungsatlas zur Prävalenz chronischer Nierenkrankheiten: https://doi.org/10.20364/VA-24.03
Ansprechpartner für die Presse
Daniel Wosnitzka
Leiter Stabstelle Kommunikation/Pressesprecher
T. +49 30 2200 56 149
M. +49 177 852 0204
presse@zi.de
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Jakob Holstiege
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi)
Salzufer 8 – 10587 Berlin – Tel. (030) 2200 56 167 - E-Mail: jholstiege@zi.de
Originalpublikation:
Holstiege J, Kohring C, Dammertz L, Samson-Himmelstjerna FA v, Akmatov MK, Müller D. Komorbiditätsprofil der chronischen Nierenkrankheit – Erkenntnisse aus der vertragsärztlichen Versorgung. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi). Versorgungsatlas-Bericht Nr. 24/04. Berlin 2024. > https://doi.org/10.20364/VA-24.04
Weitere Informationen:
https://doi.org/10.20364/VA-24.04
https://doi.org/10.20364/VA-24.03