Sanfte Riesen in Gefahr. Alle zwölf Riesenmuschelarten befinden sich ab sofort auf der Roten Liste für bedrohte Arten
Die größte Riesenmuschel der Welt, Tridacna gigas, gilt ab sofort als „vom Aussterben bedroht“. Die Senckenberg Ocean Species Alliance hat für 34 wirbellose marine Arten, darunter auch Tridacna gigas, Berichte für die Aktualisierung der Roten Liste der IUCN (International Union for the Conservation of Nature) zugeliefert. Durch Überfischung sind die Bestände der Riesenmuschelarten dramatisch zurückgegangen.
Die größte Riesenmuschel der Welt, Tridacna gigas, ist ab sofort in der Roten Liste als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Das ist die höchste Gefährdungsstufe vor der Deklarierung als „in der Natur ausgestorben“. Der Rückgang der Population wird auf 84 Prozent geschätzt, zuletzt wurde die Muschel 1996 als „gefährdet“ eingestuft. Alle zwölf bekannten Riesenmuschelarten befinden sich nun auf der Roten Liste in unterschiedlichen Kategorien: Für zwei Muscheln fehlen noch notwendige Daten für eine Klassifizierung, bei vier Muscheln liegt noch keine akute Gefährdung vor. Die übrigen sechs sind von „gefährdet“ bis „stark gefährdet“ eingestuft.
Das Projekt „Senckenberg Ocean Species Alliance“ hat der IUCN für die Aktualisierung der Roten Liste den Gefährdungsstatus von insgesamt 34 wirbellosen Arten aus dem Meer geliefert, darunter die Riesenmuscheln, aber auch 22 Kaltwasserkorallen. Senckenberg hat sich zum Ziel gesetzt, die Zahl der erfassten wirbellosen marinen Arten zu erhöhen und durch die Zusammenarbeit mit der IUCN auf ihren Schutzstatus hinzuwirken.
Riesenmuscheln bevölkerten einst in großer Menge tropische Flachwasserriffe. Aufgrund des jahrzehntelangen unkontrollierten Verzehrs ihres Fleisches sowie der Attraktivität ihrer beeindruckend massiven Schalen haben sie einen drastischen Populationsrückgang erlitten. „Der Zustand unserer Riesenmuscheln ist alarmierend. Er spiegelt eine lange Geschichte der Ausbeutung wider“, so Prof. Dr. Julia Sigwart vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt, die das Projekt „Senckenberg Ocean Species Alliance“ leitet. „Nun müssen die Maßnahmen zum Schutz der Riesenmuscheln intensiviert werden.“
Tridacna gigas ist nicht nur die größte aller Riesenmuscheln, sondern auch die größte lebende Muschel überhaupt. Sie kann ein Gewicht von über 200 Kilogramm haben und über 100 Jahre alt werden. Aber nicht alle Riesenmuscheln sind Riesen. Die kleinste der Gruppe ist Tridacna crocea, die etwa 15 Zentimeter misst und sich ein Zuhause schafft, indem sie Löcher in Korallen bohrt. Anders als einige ihrer größeren Verwandten ist Tridacnae crocea im Indischen und Pazifischen Ozean noch weit verbreitet und wurde als nicht gefährdet eingestuft, da es keine eindeutigen Hinweise auf größere Rückgänge in letzter Zeit gibt. Die fortlaufende Datenerfassung für alle Arten in der Roten Liste – ob gefährdet, oder nicht – ist dennoch wichtig, um Populationstrends und -änderungen im Laufe der Zeit nachzuvollziehen.
Die Senckenberg Ocean Species Alliance setzt sich zudem dafür ein, dass der Prozess der Aufnahme einer Art in die Rote Liste beschleunigt wird. Dr. Anne Helene Tandberg leitet die dafür zuständige Arbeitseinheit bei Senckenberg und betont: „Derzeit dauert der Prozess von der Bewertung einer Art bis zur Veröffentlichung auf der Roten Liste der IUCN etwa ein Jahr. Aber für viele Arten dauert es viel, viel länger. Mit der Senckenberg Ocean Species Alliance können wir dabei helfen, die Bewertungen zu beschleunigen und sind damit auch Dienstleister für Forschende, die eine Entdeckung gerne auf die Rote Liste setzen möchten.“
Die Rote Liste bedrohter Arten der IUCN ist die weltweit umfassendste Informationsquelle zum globalen Aussterberisiko. Sie ist ein wichtiges Instrument zum Schutz und zur Erhaltung einzelner Arten und der globalen Artenvielfalt: Die Liste liefert objektive Daten, die Bedrohungen einordnen, sie informiert die Politik und trägt damit zu weltweiten Artenschutzbemühungen bei.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Julia Sigwart
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt
Tel: 69 7542 1272
julia.sigwart@senckenberg.de
Dr Anne Helene Tandberg
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt
anne-helene.tandberg@senckenberg.de
Originalpublikation:
https://www.iucnredlist.org