Thomas Reinsch gibt Forschung (Infra-)Struktur
Labore sind zentrale Räume für wissenschaftliche Erkenntnis. Ihr Aufbau und Betrieb ist im Kanon der akademischen Arbeit eine eigenständige Profession. Große, komplexe, flexible Laborinfrastruktur macht es der anwendungsnahen Energieforschung in Wissenschaft und Industrie erst möglich Technologien wie Wärmepumpe, Elektrolyseur oder Geothermie für die Energiewende weiterzuentwickeln. Am Fraunhofer IEG verantwortet Dr.-Ing. Thomas Reinsch die Groß-Labore seit vielen Jahren. Nun ist er auch zum Professor für Geoenergien an der RUB berufen worden.
»Das Thema Geoenergien könnte man als spezialisiertes Orchideenfach missdeuten,« räumt Prof. Thomas Reinsch ein. »Doch ich bin überzeugt, dass geotechnisches Knowhow für nachhaltige energietechnische Anwendungen der Schlüssel der Wärmewende ist.
Durch die Integration des geologischen Untergrundes in die Energiesysteme der Zukunft können wir fossile Energiequellen ersetzen und nachhaltige, zuverlässige, wirtschaftliche Systeme mit regionaler Wertschöpfung aufbauen.« Die Bewirtschaftung des Untergrundes zur Versorgung obertägiger Infrastruktur findet in vielen kommunalen Wärmeplänen noch zu wenig Beachtung. Das Spektrum der Möglichkeiten ist breit und reicht von oberflächennahen Erdwärmesondenfeldern zur Integration in Nahwärmenetze über untertägige Speicher zur saisonalen Speicherung von Wärme und Kälte bis zur Tiefengeothermie, die heißes Thermalwasser aus kilometertiefen Brunnen für Fern- und Prozesswärme fördert. »An der Schnittstelle von Geologie, Geophysik, Verfahrenstechnik und Energie-Ingenieurwesen entstehen die Technologien, die wir für die Wärmewende brauchen.«
Die Fakultät der Geowissenschaften der Ruhr-Universität Bochum hat Reinsch nun für das Feld Geoenergien als Professor berufen. Damit profitieren die Studierenden von einem Hochschullehrer, der die Perspektive der anwendungsnahen Forschung in die Lehre und Ausbildung einbringt. Am Fraunhofer IEG werden eine Reihe von großen wissenschaftlichen Labor-Infrastrukturen betrieben, etwa der Bohrbetrieb für Geothermieanlagen, Dauerteststände für Wärmepumpen oder Elektrolyseuranlagen im dynamischen Forschungsbetrieb. Reinsch möchte seine Labore öffnen und Studierenden ermöglichen an Projekten der Energiewende mitzuarbeiten, die aktuelle Forschung in die Anwendung für die Industrie bringen. »Um die Energiewende weiterhin erfolgreich zu gestalten, brauchen die Energieversorger der Kommunen Macher und Fachkräfte, die die neuesten marktreifen Technologien und ihre Einsatzkonzepte kennen. Ich will mit meinen Lehrveranstaltungen den Studierenden den Blick auf die Handlungsfelder ihrer künftigen Arbeitgeber zu öffnen«, sagt Reinsch.
Ein großes Forschungsfeld für Reinsch ist die Sensorik und Datenanalyse. »Da der Untergrund sich unserer direkten Anschauung entzieht, ist es umso wichtiger passende Messmethoden zu entwickeln und die Gesamtschau der Daten zu verstehen.« Der Untergrund muss zunächst erkundet und bewertet werden, Bohrungen müssen mit geeigneten Sensoren ausgestattet und die Nutzung des Untergrundes überwacht werden. Für diese Aufgabe entwickelt Reinsch am Fraunhofer IEG die passende Glasfaser-Sensorik. Eingekoppeltes Licht streut in der Faser und erlaubt Rückschlüsse auf etwa Temperatur, Vibration oder Druck im Umfeld mit einer hohen räumlichen und zeitlichen Auflösung. Diese Streusignale geben bei geeigneter Installation der Glasfaser auch Informationen über Bohrbetrieb und Zementation, sowie den Betrieb eines geothermischen Reservoirs.
Prof. Dr.-Ing. Thomas Reinsch, diplomierter Physiker und Geologe, leitet seit August 2020 den Bereich Labore und Reallabore am Fraunhofer IEG. Zuvor forschte er zwölf Jahre am Deutschen GeoForschungsZentrum in Potsdam. Reinsch promovierte 2012 an der TU Clausthal über die Bewertung der Integrität einer Hochtemperatur-Geothermiebohrung in Island mittels Glasfasersensorik. Sein Studium absolvierte er an der Universität zu Köln.
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