Gemeinsames Wissen gegen Überflutung nutzen
In einem Citizen Science-Projekt der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) werden Schüler:innen und Bürger:innen zu Forschenden. Durch Sammeln und Analysieren von Daten helfen sie mit, den Ort Selbitz künftig vor Überflutung zu schützen.
Nachdem ein Hochwasser im Juli 2021 schwere Schäden in Selbitz angerichtet hatte, ergriff die Kleinstadt in Oberfranken die Initiative. Sie bewarb sich erfolgreich mit einem sogenannten „Schwammflurkonzept“ im Rahmen des vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz geförderten Projekt „Landschaftsplanung in Bayern - kommunal und innovativ“. Das Projekt wurde fachlich vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) und kommunikativ von der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) begleitet.
Nun will die Stadt Selbitz mithilfe der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) im Rahmen eines „Citizen Science“-Projekts mit Schüler:innen und Bürger:innen diesen Ansatz zum Schutz vor Hochwasser noch weiter etablieren. Die Umwelt-AG von Lehrerin Ann-Katrin Marquart mit 16 Fünft- und Sechstklässlern des Hochfranken-Gymnasiums in Naila widmet sich dazu ein ganzes Schuljahr lang diesem Projekt. "Wir wollen gemeinsam die Wirksamkeit der Schwammflurmaßnahmen der beim Hochwasser 2021 stark betroffenen Nachbarkommune Selbitz unter die Lupe nehmen", erklärt die betreuende Lehrerin Ann-Katrin Marquardt.
Auftaktveranstaltung mit den Schulklassen
Prof. Dr. Kristian Förster https://www.hswt.de/person/kristian-foerster, HTA-Forschungsprofessor „Climate Change Hydrology“ https://www.hightechagenda.de/experte/prof-dr-kristian-foerster/ und die Wissenschaftlerin Korinna Schmitz von der HSWT führten in einem Ortstermin Ende September die AG Umwelt in das Thema ein: "Wir wollen gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern untersuchen, wie durch ein Schwammflurkonzept Wasser in der Landschaft gespeichert werden kann, um dann Dürreperioden abzumildern." Der Kern dieses Projekts sei eine Datenerhebung, anhand derer dem Nachwuchs Wissenschaft zugänglich gemacht werde. Dafür wurden diverse Messstellen aufgebaut.
Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern
Für aussagekräftige Schlussfolgerungen sind ausreichend große Datenmengen erforderlich, wofür Professor Förster auf weitere Hilfe aus dem Ort angewiesen ist. Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen, als Citizen Scientists mitzuwirken und zum Beispiel auf Spaziergängen oder auf dem Weg zur Arbeit Daten zu erheben. Fortschritte werden regelmäßig auf dem „Schwammtisch“ berichtet, dem monatlichen Stammtisch der lokalen Schwammflurinitiative.
Das Schwammflurkonzept
Unter einer Schwammflur versteht man ein Landschaftselement, dessen hydrologische Speicherwirkung durch naturnahe Maßnahmen verbessert ist: Anstatt direkt abzulaufen, versickert mehr Wasser und wird im Boden zurückgehalten. Dadurch sinkt das Risiko für Hochwasser während des Starkregens. Gleichzeitig wird Wasser in Trockenphasen länger in der Landschaft gehalten. Da infolge des Klimawandels mit einer Zunahme hydroklimatischer Extreme wie Starkregen und Dürre zu rechnen ist, sind Schwammflurmaßnahmen ein wichtiger Baustein von Klimaanpassungsstrategien.
Hintergrund zum Forschungsprojekt der HSWT
Die Umsetzung der Schwammflur-Maßnahmen in Selbitz wird wissenschaftlich durch das vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst geförderte Forschungsprojekt Schwammbox https://www.hswt.de/forschung/projekt/2165-schwammbox begleitet. Um die Wirksamkeit der Schwammflurmaßnahmen bewerten zu können, müssen kontinuierlich Wasserstände in Gewässern und Gräben sowie Bodenfeuchte gemessen werden. Informationen, die vor Ort mit einem schnellen Blick ersichtlich oder einfach feststellbar ist, stehen den Forschenden jedoch nicht als analysierbare Datengrundlage zur Verfügung. Projektleiter Dr. Kristian Förster bindet daher die Menschen vor Ort ein. „Citizen Science“ nennt sich diese Herangehensweise, bei der wissenschaftliche Laien zu Co-Forschenden werden. Bürger:innen oder Schulklassen können mithilfe der CrowdWater-App https://crowdwater.ch/de/crowdwaterapp-de/ an definierten Messstellen rund um Selbitz Daten sammeln.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Kristian Förster
Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
Fakultät Landschaftsarchitektur
HTA-Forschungsprofessur „Climate Change Hydrology“
https://www.hswt.de/person/kristian-foerster