Statement: „Wirtschaft kommt nicht von der Stelle“
Dr. Nils Jannsen (https://www.ifw-kiel.de/de/expertinnen-und-experten/nils-jannsen/), Leiter Konjunktur Deutschland am IfW Kiel, kommentiert die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal 2024, wonach dieses um 0,2 Prozent gestiegen ist:
„Die deutsche Wirtschaft kommt nicht von der Stelle. Im dritten Quartal entwickelte sich das Bruttoinlandsprodukt zwar besser als erwartet. Es stieg um 0,2 Prozent, erwartet worden war ein Rückgang um 0,1 Prozent. Allerdings ist der Rückgang im zweiten Quartal ausweislich der aktualisierten Daten nun mit 0,3 Prozent stärker ausgefallen als zuvor gemeldet (-0,1 Prozent). Insgesamt lag das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal leicht unter seinem Vorjahreswert. Die Wirtschaftsleistung bleibt damit sowohl im historischen als auch im internationalen Vergleich schwach.
Das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland ist derzeit kaum höher als im Jahr 2019 und somit in den vergangenen fünf Jahren praktisch nicht gestiegen. Nach den pandemiebedingten großen Schwankungen hat die Wirtschaftsleistung seit Anfang 2022 in etwa stagniert. Damit bleibt das Bruttoinlandsprodukt weit hinter dem bis zum Jahr 2019 verzeichneten Wachstumstrend zurück. Auch gegenüber anderen Ländern hinkt die deutsche Wirtschaft hinterher. So lag das Bruttoinlandsprodukt im übrigen Euroraum zur Jahresmitte um mehr als 5 Prozent über dem Niveau des Jahres 2019. In den vergangenen Quartalen fiel die Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts fast durchgehend schwächer aus als in anderen großen Volkswirtschaften wie Frankreich oder Spanien. Diese Entwicklung setzte sich im dritten Quartal fort, in dem das Bruttoinlandsprodukt in Frankreich um 0,4 Prozent und in Spanien um 0,8 Prozent zulegte.
Derzeit belasten sowohl temporäre als auch strukturelle Faktoren die wirtschaftliche Aktivität. Mit nachlassender Wirkung der temporären Belastungsfaktoren dürfte eine moderate Erholung einsetzen. So wird sich die restriktive Wirkung der Geldpolitik nach der Zinswende allmählich verringern, und die weiter steigenden Realeinkommen werden die konsumnahen Wirtschaftszweige etwas beleben. Dem steht allerdings weiterhin eine erhebliche Unsicherheit gegenüber, die Investoren und Verbraucher nur sehr zögerlich agieren lässt. Zudem mehren sich die Zeichen, dass vor allem strukturelle Probleme auf der deutschen Wirtschaft lasten, die mit einer nachlassenden Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen einhergehen. Symptomatisch hierfür sind eine im Trend rückläufige Industrieproduktion und schwache Warenexporte, die zuletzt weit hinter der Welthandelsdynamik zurückgeblieben sind. Eine konjunkturelle Erholung wird nichts daran ändern, dass die deutsche Wirtschaft weit hinter ihrem alten Wachstumspfad zurückbleibt.“
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