Gemeinsamer Ausschuss von Leopoldina und DFG legt fünften Tätigkeitsbericht zu sicherheitsrelevanter Forschung vor
Der Gemeinsame Ausschuss zum Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung (GA) der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) berät das deutsche Wissenschaftssystem zu Fragen des Dual-Use, d. h. zu Forschung, die zu Technologien führen kann, die auch für schädliche Zwecke eingesetzt werden könnten. In seinem heute vorgelegten Tätigkeits- und Sachstandsbericht „Wissenschaftsfreiheit und Sicherheitsinteressen in Zeiten geopolitischer Polarisierung” beschreibt er einen Wandel im Wissenschaftssystem aufgrund gestiegener nationaler Sicherheitsinteressen. Diesem Spannungsfeld wird er sich in seinem bis 2030 verlängerten Mandat zusätzlich widmen.
In Zeiten von Pandemien, Kriegen und sich global zuspitzender Systemrivalitäten gewinnt der Umgang mit solch sicherheitsrelevanter Forschung immer mehr an Bedeutung, etwa die Frage, wie Forschung vor Spionage und fremder Einflussnahme geschützt und gleichzeitig die internationale Wissenschaftskooperation weiter gefördert werden kann.
Der Schwerpunkt des diesjährigen Berichts liegt auf den Veränderungen im Wissenschaftssystem, die sich aus den gestiegenen nationalen Sicherheitsinteressen ergeben. Einerseits werde von der Wissenschaft zunehmend erwartet, im Sinne nationaler Sicherheitsinteressen zu forschen. Andererseits berge dies die Gefahr, dass Wissenschaft politischen Zwecken untergeordnet und internationale Wissenschaftskooperationen eingeschränkt würden, so die Autorinnen und Autoren. Mit der Verlängerung des Mandats und durch eine strategische Neubesetzung trägt der Gemeinsame Ausschuss den Entwicklungen rund um das Thema Risiken internationaler Forschungskooperationen Rechnung.
Der Bericht stellt exemplarisch sicherheitsrelevante Forschungsfelder vor: Der Gemeinsame Ausschuss bewertet dabei Forschung als „besorgniserregend“, wenn der Missbrauch unmittelbar erfolgen kann und die möglichen Schäden erheblich sind. Der Tätigkeitsbericht beinhaltet zudem auch die Ergebnisse von Umfragen des Gemeinsamen Ausschusses zur bisherigen Arbeit der Kommissionen für Ethik sicherheitsrelevanter Forschung (KEF). Demnach wurden den KEFs zwischen 2016 und 2023 insgesamt 124 Fälle von sicherheitsrelevanten Arbeiten gemeldet, über die dann beraten wurde. Lediglich neun Fälle erhielten dabei gänzlich ablehnende Voten. Die Umfragen unter den KEFs zeigen also, dass besorgniserregende sicherheitsrelevante Arbeiten nach wie vor seltene Ausnahmen im akademischen Forschungsbetrieb darstellen, die KEFs sich aber auch mit weiteren, sich teilweise überschneidenden sicherheitsrelevanten Themenfeldern befassen.
Der Bericht informiert außerdem über die Beteiligung des GA an Veranstaltungen zum verantwortungsvollen Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung. Dazu zählte z. B. die Tagung „Sensibilisierung und Kompetenzbildung für Ethik sicherheitsrelevanter Forschung (Dual Use) in der Lehre – Theorien, Methoden, Good-Practices“ im Juni 2023 und das vierte „KEF-Forum“ in München 2024. Darüber hinaus benennt der Bericht zukünftige Aufgaben und Ziele der Arbeit des GA und der KEFs. So soll z. B. die Implementierung der Empfehlungen des GA zur Integration sicherheitsrelevanter ethischer Aspekte in Forschung und Lehre vorangetrieben werden.
Zum Tätigkeitsbericht des Gemeinsamen Ausschusses: https://www.sicherheitsrelevante-forschung.org/publikation-taetigkeitsbericht2024
Der 2015 eingesetzte GA, ein Beratungsgremium der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der DFG, beobachtet kontinuierlich die Entwicklung sicherheitsrelevanter Forschung und die damit verbundenen Risiken, identifiziert Handlungsbedarf und berät die Gremien der Leopoldina und der DFG hierzu. Zudem unterstützt der GA die Einrichtung und Arbeit von KEFs und hat sich als bundesweite Kontaktstelle für Fragen zum eigenverantwortlichen Umgang mit dem Thema etabliert. Weitere Informationen über den Gemeinsamen Ausschuss: https://www.sicherheitsrelevante-forschung.org/
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Über die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina:
Als Nationale Akademie der Wissenschaften leistet die Leopoldina unabhängige wissenschaftsbasierte Politikberatung zu gesellschaftlich relevanten Fragen. Dazu erarbeitet die Akademie interdisziplinäre Stellungnahmen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. In diesen Veröffentlichungen werden Handlungsoptionen aufgezeigt, zu entscheiden ist Aufgabe der demokratisch legitimierten Politik. Die Expertinnen und Experten, die Stellungnahmen verfassen, arbeiten ehrenamtlich und ergebnisoffen. Die Leopoldina vertritt die deutsche Wissenschaft in internationalen Gremien, unter anderem bei der wissenschaftsbasierten Beratung der jährlichen G7- und G20-Gipfel. Sie hat rund 1.700 Mitglieder aus mehr als 30 Ländern und vereinigt Expertise aus nahezu allen Forschungsbereichen. Sie wurde 1652 gegründet und 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Die Leopoldina ist als unabhängige Wissenschaftsakademie dem Gemeinwohl verpflichtet.
Über die Deutsche Forschungsgemeinschaft:
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist die größte Forschungsförderorganisation und zentrale Selbstverwaltungseinrichtung für die Wissenschaft in Deutschland. Sie dient der Wissenschaft und fördert die Forschung in allen ihren Formen und Disziplinen. Die DFG fördert wissenschaftliche Exzellenz und Qualität durch die Auswahl der besten Projekte im Wettbewerb. Ihre besondere Aufmerksamkeit gilt dabei auch der Förderung der internationalen Zusammenarbeit, von Forscherinnen und Forschern in frühen Karrierephasen, der Gleichstellung der Geschlechter sowie der Vielfältigkeit in der Wissenschaft. Zudem pflegt die DFG den Dialog mit Gesellschaft, Politik und Wirtschaft und unterstützt den Transfer von Erkenntnissen. Darüber hinaus berät sie staatliche und im öffentlichen Interesse tätige Einrichtungen in wissenschaftlichen und wissenschaftspolitischen Fragen.
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