Evangelische Hochschule eröffnet Akademisches Jahr 2024/2025 mit Festakt und zeichnet herausragende Leistungen aus
Die Evangelische Hochschule Freiburg hat das Akademische Jahr 2024/2025 feierlich eröffnet. In ihrer Begrüßungsrede appellierte Rektorin Prof.in Dr.in Renate Kirchhoff an die Gäste, sich gemeinsam für die Stärkung der Sozialwirtschaft einzusetzen. Diese brauche eine breitere Lobby, denn die Sozialwirtschaft sei der ‚Kitt‘ der Gesellschaft. Festredner war Präsident Prof. Dr. Norbert Palz, Universität der Künste Berlin. Sein Thema, wie Diskursräume offengehalten werden können, wurde mit einem Podiumstalk vertieft. Daran nahmen teil: Professor Palz, Hanna Böhme, Geschäftsführerin FWTM und Soziologieprofessorin Nina Wehner, moderiert von Melanie Hussak vom Friedensinstitut
„Der aktuelle Rückgang an Studierendenzahlen bei gleichzeitig erheblichem Fachkräftemangel führt zu einem Druck auf die Hochschulen, ihre Studienplätze „voll zu kriegen“. Für Studierendengewinnung ist die entscheidende Frage: wie attraktiv sind die beruflichen Handlungsfelder?“, betonte die Rektorin.
Um Studierende zu gewinnen und zu halten, unternimmt die Evangelische Hochschule eine Vielzahl an Maßnahmen, die unterschiedlichste Interessen bedienen. „Wir sind auf mehreren sozialen Medien aktiv, bieten online und in Präsenz Beratungsgespräche an: durch unsere Studienberaterin, Hochschullehrende und Studierende in der Phase vor der Immatrikulation und auch während des Studiums. Wir werben mit einer Studieneingangsphase, die Schreibwerkstätten und Beratung zu „Gesund Studieren“ bietet. Hierfür nutzen wir Erkenntnisse aus einem eigenen Forschungsprojekt zu Resilienz im Studium", so Kirchhoff.
Sie ergänzte: „In der Eingangsphase veranstalten die Kolleg*innen eine Art Planspiel, in der die Studienanfänger*innen ihre Handlungsmöglichkeiten im Feld und auch politisch ausleuchten: Die Perspektive auf Gestaltungsmöglichkeiten erhöht die Lust auf den Beruf. Wir bieten individualisierte Studienverläufe und ermöglichen Berufs- oder Caretätigkeit neben dem Studium. Wir bieten Beratung aller Studierenden bei Prokrastination, und wir haben ein transparentes System, wie wir z.B. an Beratungsstellen verweisen: denn psychische Probleme haben zugenommen. Nicht zuletzt haben wir Kipäd plus aufgegleist: die systematische Anwerbung von Pädagog*innen mit internationalem Studienabschluss, z.B. aus Spanien und der Ukraine. Eingefädelt in den Bachelor Kindheitspädagogik werden sie in den deutschen Arbeitsmarkt einmünden. Dieses Programm wird wirksam ab dem Wintersemester 2025/26."
"Studienplätze sind nicht in erster Linie aufgrund des Studiums selbst nachgefragt seien, sondern weil Studierende damit eine berufliche Perspektive wählen. Für die Studierendengewinnung ist daher die entscheidende Frage: Wie attraktiv sind die beruflichen Handlungsfelder?", betonte die Rektorin.
Am Beispiel der Kindheitspädagogik skizzierte Kirchhoff die Situation der sozialen Berufsfelder. Die Arbeit im Feld der Kindheitspädagogik – also Krippe, Kita, Frühe Hilfen, Ganztag, offene und stationäre Kinder- und Jugendarbeit, Schulsozialarbeit etc. habe sich durch gesellschaftliche Entwicklungen der letzten Jahre erheblich verändert: mehr kulturelle Vielfalt, mehr Kinder und Jugendliche mit herausforderndem Verhalten und/oder psychischen Auffälligkeiten. Zielgruppen der Fachkräfte seien längst nicht mehr allein die Kinder, sondern auch die erwachsenen Bezugspersonen der Kinder. In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen müssten allgemeine gesellschaftliche Aufgaben alltäglich gestaltet werden.
Rektorin Kirchhoff ist überzeugt, dass die Aufgaben bewältigt werden können, „wenn Fachkräfte auch fachlich arbeiten können“. Sie ergänzte: „Das Feld ist für sie attraktiv, wenn sie den eigenen fachlichen Ansprüchen gerecht werden können. Doch je weniger Fachkräfte, je mehr Deprofessionalisierung: desto unattraktiver wird das Arbeitsfeld – und übrigens: umso gefährdeter sind das soziale Miteinander, Integration, Teilhabe und Demokratiefähigkeit der Gesellschaft – und auch die Wirtschaftskraft des Landes.“
Spezifisch für den SAGE Bereich - Soziale Arbeit, Gesundheit, Bildung, Erziehung und bei uns auch Angewandte Theologie - sei, so Kirchhoff, dass seine Themen keine Lobby in den Finanzverhandlungen des Landes hätten: „Hier brauchen nicht nur wir als Hochschulen, sondern unsere Gesellschaft eine gemeinsame Anstrengung: die Unterstützung von Akteur*innen aus Politik, Wirtschaft, Kirche, Stadtgesellschaft und Bildung, um bei politischen Entscheidungsträgern einen Willen zu erzeugen, den Bereich der Sozialwirtschaft strategisch und also auch in den Finanzverhandlungen zu berücksichtigen."
Festredner Präsident Prof. Dr. Norbert Palz führte aus: "Die aktuelle junge Generation ist in einer bedauernswerten Lage der Unsicherheit, und ihre Aussichten sind deutlich trüber als noch zu meiner Studienzeit. ... Sie sucht nach Wegen der Alltagsbewältigung und einer sinnvollen Lebensführung im kritischen Bewusstsein über Fehler und Nachlässigkeiten meiner Generation. Doch besteht die Gefahr, dass diese verwundbare Generation im Dienste der Handlungsfähigkeit einer mechanistischen, vereinfachenden Lösungsstrategie anheimfällt. Die mit groben Strichen gezeichnete Einteilung in Täter und Opfer verfehlt in der daraus energisch formulierten Kritik seine Wirkungsmacht. Die daraus präsentierten Forderungskataloge, die Leitungsfiguren erhalten, verstoßen nicht selten gegen rechtliche Grundbedingungen oder sind schlichtweg nicht mit einer universitären Kultur des Austauschs und der Gleichberechtigung vereinbar."
Er stellte heraus, dass neben einer Kultur der Wertschätzung Vertrauen und gegenseitige Zuversicht elementare Bestandteile eines produktiven Diskurses seien. Palz: "Wenn Konflikte selbst einen Wert darstellen, ist der Weg zu einer Lösung verstellt."
Herausragende Leistungen von Hochschulmitgliedern ausgezeichnet
Im Rahmen des Festakts hat die Evangelische Hochschule Wissenschaftler*innen mit Team für ihre innovative Lehre ausgezeichnet. Der Lehrpreis der Hochschule für die besonders gelungene und beispielhafte Gestaltung eines innovativen Lehr-Lern-Settings wurde für an zwei Lehrveranstaltungen vergeben.
Der erste Lehrpreis ging an Sibylle Fischer, M.A., und Prof.in Dr.in Gesa Köbberling für das Schwerpunktseminar „Handlungsfeld Sozialraumorientierte Soziale Arbeit in der postmigrantischen Stadt".
Der zweite Lehrpreis wurde verliehen an Prof.in Dr.in Maike Rönnau-Böse im Team mit Juliane Cichecki, M.A., Dr.in phil. Stefanie Pietsch, Prof.in Dr.in Stefanie Engler und Julien Collonges für die „Writing Night – Lange Schreibnacht im Rahmen des Projekts 'Stark studieren!'".
Studierende der Hochschule wurden für herausragende Abschlussarbeiten und für gesellschaftliches Engagement ausgezeichnet.
Der Dr.-Julie-Schenck-Preis der Evangelischen Landeskirche in Baden, überreicht durch Joost Wejwer, Landeskirchlicher Beauftragter für Diakon*innen in Baden, ging an Florian Selz (Religionspädagogik). Gewürdigt wurde damit insbesondere sein kirchliches und soziales Engagement, z.B. für kirchliche Kinder- und Jugendarbeit, bei der Gestaltung von Gottesdiensten in Kirchengemeinden, aber auch an der Hochschule, sein Engagement im Verein Christ:in & queer. Zwischenraum e.V. und im „Pacingteam Freiburg“, einer Initiative für Long-Covid- und ME/CFS-Erkrankungen. Der Preis ist mit 1000 Euro dotiert.
Mit dem Studienpreis des Diakonischen Werks Baden, übergeben durch Holger Hoffmann, stellvertretender Vorstand, wurde Niklas Baumer (Soziale Arbeit) für seine Thesis „Antidiskriminierungsarbeit und die Perspektive der Beratenden - Eine Untersuchung des Selbstverständnisses im Kontext gesellschaftlicher Positioniertheit" ausgezeichnet. Das Preisgeld beträgt 1000 Euro.
Zoe Kraus (Kindheitspädagogik) erhielt den Studienpreis der EH Freiburg, überreicht durch Rektorin Renate Kirchhoff für ihre Abschlussarbeit „Ästhetische Bildung in Kindertagesstätten im Alter von 1- 6 Jahren. Dimensionen ästhetischer Bildung unter besonderer Berücksichtigung künstlerischer Medien". Dieser Studienpreis ist mit 1000 Euro dotiert.
Der Studienpreis des Studierendenwerks Freiburg wurde von Geschäftsführer Clemens Metz übergeben. Preisträgerin ist Anna Nell (Soziale Arbeit). Prämiert wurde ihre Thesis „Gelingensfaktoren bei der Umsetzung der finnischen Housing First Strategie. Handlungsempfehlungen für deutsche Städte". Der Preis ist mit 500 Euro dotiert.
Weitere Informationen:
https://www.eh-freiburg.de/neuigkeiten/evangelische-hochschule-eroffnet-akademisches-jahr-2024-2025-mit-festakt/