Häusliche Gewalt: Wie bereiten Qualifizierungsmaßnahmen die Gesundheitsfachkräfte auf die Versorgung Betroffener vor?
Forschungsprojekt zur systematischen Bestandsaufnahme von Aus-, Fort- und Weiterbildungsangeboten in Hessen gestartet
Häusliche Gewalt nimmt zu. 2023 erfasste das Bundeskriminalamt insgesamt 256.276 Fälle in Deutschland – das waren 6,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Betroffen waren vor allem Frauen.
Um längerfristige gesundheitliche Folgen zu vermeiden – körperliche, psychosomatische, psychische, aber auch die reproduktive und sexuelle Gesundheit betreffende – ist es wichtig, dass Betroffene einen Zugang zu einer adäquaten gesundheitlichen Versorgung haben. So fordert es auch die Istanbul Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt, eine Übereinkunft des Europarates, die 2018 in Deutschland in Kraft getreten ist. Doch eine adäquate Behandlung setzt voraus, dass die Gesundheitsfachkräfte entsprechend geschult sind.
Laut dem Bündnis Istanbul Konvention ist das Thema „Intervention bei Gewalt“ bislang nur unzureichend in die Aus-, Fort- und Weiterbildungen der Gesundheitsberufe integriert. „Es gibt keinen Gesamtüberblick über die Qualifizierungsangebote, weder was den Umfang noch was die Inhalte betrifft“, sagt Professorin Dr. Daphne Hahn, die an der Hochschule Fulda die Professur für Gesundheitswissenschaften und empirische Sozialforschung innehat.
Eine systematische Bestandsaufnahme soll nun dazu beizutragen, diese Lücke zu schließen. Das Projekt mit dem Titel „GeWaGt - Gesundheitsversorgung für Frauen nach häuslicher und sexualisierter Gewalt im Land Hessen: Stand der Aus-, Fort- und Weiterbildung der primärversorgenden Gesundheitsberufe“ konzentriert sich auf das Bundesland Hessen und untersucht folgende Fragen:
1. Inwiefern ist das Thema gesundheitliche Versorgung nach häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt in die Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote für Gesundheitsfachkräfte der primären Versorgung (Ärzteschaft und Pflegekräfte) in Hessen integriert?
2.Welche curricularen, rechtlichen und organisatorischen Rahmenregelungen und -bedingungen bestehen in Hessen?
3.Welche Bedeutung messen Akteurinnen und Akteure des Aus-, Fort- und Weiterbildungsbereiches dem Thema bei, und welche fördernden und hemmenden Faktoren für die Integration in die Aus-, Fort- und Weiterbildung sehen sie?
Neben einer internetbasierten Recherche zu Konzepten, Curricula und Fortbildungen soll eine schriftliche Befragung von Bildungsträgern Aufschluss über die aktuellen Angebote geben, vor allem zur Anzahl, zum Umfang und zu den Inhalten der Bildungsmaßnahmen. Zudem soll erhoben werden, inwiefern das Thema bei den Bildungsträgern geprüft wird. Interviews mit relevanten Akteurinnen und Akteuren ergänzen die Ergebnisse der internetbasierten Recherche und der schriftlichen Befragung.
Auf dieser Grundlage ist geplant, Empfehlungen zur Verbesserung des Qualifizierungsangebots zu erarbeiten. Das Projekt läuft bis Januar 2026 und wird vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Stefanie Haneck
Hochschule Fulda, Fachbereich Gesundheitswissenschaften
E-Mail: stefanie.haneck@gw.hs-fulda.de
Tel.: 0661 9640-6028