Raue Demokratien und gefährdetes Musikarchiv
55 neue Forschungsprojekte bewilligt
Kunsthistorikerin Valeska von Rosen ab 1. Januar 2025 Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat
Die Gerda Henkel Stiftung nimmt weltweit 55 neue Forschungsprojekte in ihre Förderung auf. In ihrer Herbstsitzung stellte die Stiftung hierfür mehr als 6,5 Millionen Euro zur Verfügung.
Zu den ausgewählten Initiativen zählt ein Projekt über die Gewalt in Nachkriegsdemokratien mit faschistischer Vergangenheit. Bewilligt wurden zudem Mittel, um ein Musikarchiv in São Tomé und Príncipe zu retten, das die Zeit vor und nach der kolonialen Unabhängigkeit des afrikanischen Staates dokumentiert. In einer wesentlichen Personalentscheidung berief das Kuratorium die Kunsthistorikerin Prof. Dr. Valeska von Rosen in den Wissenschaftlichen Beirat. Sie wird die Stiftung ab dem 1. Januar 2025 bei der Auswahl von Förderprojekten beraten. Die Amtszeit des Kunsthistorikers Prof. Dr. Peter Geimer endet nach acht Jahren turnusgemäß zum Jahresende.
Beispiel I: Gewalt im politischen Alltag neuentstandener Demokratien
Wie „rau“ ging es in den postfaschistischen Nachkriegsgesellschaften anfangs zu? Nach Millionen Weltkriegstoten, der politischen Gewalt der Zwischenkriegszeit und dem Terror des nationalsozialistischen Deutschlands und seiner Verbündeter erklärt eine gängige Lesart die ersten Dekaden nach 1945 zu einer Art goldenem Zeitalter demokratischer Stabilität, begleitet eher von einer gewissen Passivität. Historikerinnen und Historiker der Universitäten Tübingen und Göttingen sowie der Ludwig-Maximilians-Universität München prüfen eine andere These: Sie untersuchen für Deutschland, Österreich, Italien und Japan, ob diese Nachkriegsstaaten in ihrer Regierungsform zwar geordnet, im Alltag aber von vergleichsweise viel Gewalt geprägt waren.
Beispiel II: Ein Musikarchiv als Speicher von Kolonialzeit und Republikwerdung
Der Inselstaat São Tomé und Príncipe liegt im Golf von Guinea westlich der afrikanischen Küste am Äquator. Vor bald 50 Jahren, am 12. Juli 1975, erlangte das Land seine Unabhängigkeit von Portugal. Der nationale Radiosender RNSTP verfügt über einen umfangreichen Bestand von Musikaufnahmen aus dem Zeitraum 1950 bis 1990, der damit den Übergang von der kolonialen zur postkolonialen Zeit abbildet. Viele der 2.000 Tonbänder sind aufgrund des Klimas und der Lagerung akut gefährdet. Ziel einer am Sender RNSTP angesiedelten Initiative ist es, die Lagerungsbedingungen zu verbessern und beschädigte Bänder zu restaurieren. Kooperationspartner sind u.a. der Lehrstuhl für Musikethnologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main und das Musikarchiv Mainz.
Valeska von Rosen in den Wissenschaftlichen Beirat berufen
Prof. Dr. Valeska von Rosen ist Inhaberin des Lehrstuhls für Kunstgeschichte der Neuzeit bis zur frühen Moderne am Institut für Kunstgeschichte der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. 2023 erhielt sie für ihre wissenschaftlichen Leistungen die Martin Warnke-Medaille. Im Wissenschaftlichen Beirat der Gerda Henkel Stiftung folgt sie auf Prof. Dr. Peter Geimer, Direktor des Deutschen Forums für Kunstgeschichte in Paris. Er scheidet turnusgemäß aus dem Wissenschaftlichen Beirat aus, dessen Vorsitz er zuletzt auch innehatte. Neue Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats wird die Historikerin Prof. Dr. Birgit Emich, Goethe-Universität Frankfurt am Main. Die Inhaberin der Professur für Geschichte der Frühen Neuzeit gehört dem Wissenschaftlichen Beirat seit 2019 an.
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