World AMR Awareness Week 2024 vom 18. bis 24. November – Aufklären. Sich Einsetzen. Jetzt Handeln.
Antimikrobielle Resistenzen (AMR) gehören zu den dringendsten Herausforderungen der globalen Gesundheit und Entwicklung. Vom G7-Forum der führenden Wirtschaftsnationen als „schleichende Pandemie“ bezeichnet, tritt AMR auf, wenn Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten nicht mehr auf die vorhandenen Medikamente ansprechen. Das führt zu Krankheiten und Todesfällen und verstärkt die Ausbreitung von schwer oder gar nicht behandelbaren Infektionen. DZIF-Forschende entwickeln Diagnostika und Antibiotika mit neuartigen Wirkungsmechanismen, um die Verbreitung von multiresistenten Bakterien einzudämmen und Infektionen mit multiresistenten Keimen zu verhindern und zu behandeln.
Das Thema der diesjährigen World AMR Awareness Week lautet „Aufklären. Sich Einsetzen. Jetzt Handeln“. DZIF-Forschende in verschiedenen Forschungsbereichen des DZIF entwickeln Diagnostika und Antibiotika mit neuartigen Wirkungsmechanismen, um die Verbreitung von multiresistenten Bakterien einzudämmen und Infektionen mit multiresistenten Keimen zu verhindern und zu behandeln. Durch sein Engagement in Inkubatoren und internationalen Netzwerken von Wissenschaft und Industrie fördert das DZIF Start-up-Unternehmen im Bereich AMR und schärft das Bewusstsein der Öffentlichkeit und der Politik für das globale Problem der AMR.
Nachfolgend finden Sie eine Auswahl aktueller DZIF-Forschungsprojekte und Expert:innen, die sich der Suche nach Lösungen für die globale Herausforderung der antimikrobiellen Resistenz widmen:
Behandlung der multiresistenten Tuberkulose (TB) mit einem wirksamen Wirkstoff
Tuberkulose ist weltweit die häufigste Todesursache bei bakteriellen Infektionen und fordert jedes Jahr 1,5 Millionen Menschenleben. Das synthetische Antibiotikum gegen multiresistente Tuberkulose Benzothiazinon-043 (BTZ-043), das von DZIF-Forschenden in Zusammenarbeit mit dem UNITE4TB-Konsortium entwickelt wurde, ist ein Hoffnungsträger für Tuberkulosekranke auf der ganzen Welt. Es wird derzeit in der Klinischen Phase II-Studie getestet.
Prof. Michael Hoelscher (Universitätsklinikum der LMU München)
Ein natürliches Antibiotikum zur Bekämpfung von Wurmerkrankungen und sexuell übertragbaren Infektionen
Corallopyronin A (CorA) – ein biotechnologisch hergestelltes Antibiotikum, das aus Bodenbakterien gewonnen wird – ist wirksam gegen Filarienwürmer, da es den bakteriellen Endosymbionten Wolbachia hemmt, der für das Überleben der Würmer unerlässlich ist. Neben der Behandlung der Filariose wird CorA auch für die Behandlung von sexuell übertragbaren Infektionen (schwer-zu-behandelnde antibiotikaresistente Gonokokken) und von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) entwickelt. Klinische Studien der Phase I sind für 2026 geplant.
Dr. Andrea Schiefer und Prof. Achim Hörauf (Universität Bonn)
Clovibactin: ein neuartiger antibiotischer Wirkstoff gegen multiresistente grampositive Bakterien
Ein neuer, hochwirksamer Wirkstoff namens Clovibactin greift die Zellwand von grampositiven Bakterien an, darunter Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) und der Tuberkulose-Erreger Mycobacterium tuberculosis. Die DZIF-Forscher haben den spezifischen Wirkmechanismus des neuen Antibiotikums entschlüsselt, der darauf hoffen lässt, dass die Bakterien nicht so schnell Resistenzen gegen Clovibactin entwickeln können.
Prof. Tanja Schneider (Universität Bonn)
Neue Wirkstoffkandidaten in Bodenproben identifizieren
Am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) erforschen Wissenschaftler:innen Quellen für neue antimikrobielle Wirkstoffe. Ein vielversprechender Kandidat ist Chlorotonil A, ein Naturstoff, der aus Bodenbakterien isoliert wurde. Chlorotonil A wirkt antibiotisch gegen hartnäckige Darmpathogene wie Clostridioides difficile und Staphylococcus aureus – beides grampositive Problemkeime – sowie den Malariaparasiten Plasmodium.
Seit den 1980er Jahren wurde kein neuer Wirkstoff entdeckt, mit dem Resistenzen bei gramnegativen Erregern langfristig bekämpft werden können. Das liegt neben ökonomischen Faktoren auch daran, dass sich die Suche nach neuen Antibiotika äußerst schwierig gestaltet. Forschende am HIPS konzentrieren sich auf die bislang nur wenig untersuchten Myxobakterien als Quelle neuer Wirkstoffe. Diese Raubbakterien produzieren antimikrobielle Wirkstoffe, um andere Mikroorganismen zu jagen und diese als Nahrungsquelle zu nutzen. Einem Team am HIPS ist es nun gelungen, eine bislang unbekannte Familie der Myxobakterien zu isolieren, die ein besonders hohes biosynthetisches und damit auch pharmazeutisches Potenzial aufweist.
Prof. Rolf Müller (Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland und Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung)
Bakteriophagen – eine vielversprechende Alternative zu Antibiotika
Bakteriophagen sind eine mögliche Alternative oder Ergänzung zu Antibiotika. Im Rahmen des EVREA-Phage-Projekts (EVREA steht für: Eradication of Intestinal Vancomycin Resistant Enterococcus faecium) entwickelt ein DZIF-Team am Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH (DSMZ) eine orale Phagentherapie zur Eradikation von Vancomycin-resistentem E. faecium (VRE), einem Bewohner des Magen-Darm-Trakts von Mensch und Tier, der Krankheiten wie neonatale Meningitis oder Endokarditis verursachen kann.
Dr. Ana Filipa Moreira Martins und Dr. Johannes Wittmann (Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen)
Das „DZIF Translational Phage Network“ (DZIF TransPhage-Net) ist eine offene Netzwerkplattform, die die Forschung, Entwicklung und Therapie mit Bakteriophagen in Deutschland unterstützt. Es besteht derzeit aus mehr als 120 aktiven Mitgliedern von innerhalb und außerhalb des DZIF-Netzwerks, die ihre Expertise auf dem Gebiet der Phagenforschung und -produktion bündeln.
Dr. Annika Claßen (Uniklinik Köln) und Dr. Simone Lieberknecht-Jouy (Goethe-Universität Frankfurt am Main)
HY-133 – Ein rekombinantes Phagen-Endolysin zur schnellen Dekolonisierung von Staphylococcus aureus in der Nasenhöhle
HY-133 ist ein hochwirksames Protein, das von Bakteriophagen abstammt und von DZIF-Wissenschaftler:innen in einer öffentlich-privaten Partnerschaft entwickelt wurde. Es wurde speziell zur Abtötung des gefürchteten Krankenhauskeims Staphylococcus aureus entwickelt, darunter auch Methicillin-resistente S. aureus (MRSA)-Stämme. Der Einsatz von HY-133 zur schnellen Eliminierung von S. aureus in den Nasengängen wird dazu beitragen, invasive Infektionen bei Krankenhauspatienten zu verhindern. Nachdem HY-133 alle präklinischen Tests bestanden hat, wird es nun in klinischen Studien getestet.
Prof. Andreas Peschel (Universität Tübingen) und Prof. Karsten Becker (Universitätsmedizin Greifswald)
Schnelltest zur Diagnose von Multiresistenzen gegen wichtige Reserveantibiotika
Der schnelle Nachweis von antibiotikaresistenten Bakterien ist unerlässlich, um eine geeignete Antibiotikatherapie festzulegen und die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen einzudämmen. Der kommerzielle Multicarbapenemase-Schnelltest „RESIST ACINETO“ ermöglicht den gleichzeitigen Nachweis von vier verschiedenen Resistenzfaktoren, die Resistenz gegen Carbapeneme, ein klinisch wichtiges Antibiotikum, das gegen den Superkeim Acinetobacter baumannii eingesetzt wird, verleihen.
Dr. Alexander Klimka (Universität Köln) und Dr. Paul Higgins (Uniklinik Köln)
Forschungskooperationen: Nationale und internationale Zusammenarbeit
Das DZIF ist in zahlreiche nationale und internationale Kooperationen eingebunden, um den Herausforderungen der Antibiotika-Resistenzen zu begegnen. Als Gründungsmitglied von INCATE – kurz für Incubator for Antibacterial Therapies in Europe – arbeitet das DZIF mit Partnern aus Wissenschaft, Industrie und öffentlichem Sektor zusammen, um die Entwicklung neuer antibakterieller Therapien zu beschleunigen.
Das DZIF ist auch ein wichtiger Partner im Deutschen Netzwerk gegen Antibiotikaresistenzen (DNAMR). Das DNAMR wurde 2022 gegründet und ist ein freiwilliger Zusammenschluss von Organisationen, Institutionen, Unternehmen, juristischen Personen und Einzelpersonen, die sich für die Entwicklung neuer, resistenzbrechender Antibiotika einsetzen.
Dr. Timo Jäger (Geschäftsführer des DZIF)
Bitte wenden Sie sich direkt an die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter den angegebenen Kontaktdaten (alle Anfragen bitte auch mit presse@dzif.de im Cc). Bitte nennen Sie das DZIF als Quelle in Interviews und Texten, auch online.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Weitere Kontaktdaten der folgenden wissenschaftlichen Ansprechpartner:innen und Links zu den in der Pressemitteilung beschriebenen Projekten und Kooperationspartnern finden Sie in der Original-Pressemitteilung (https://www.dzif.de/de/world-amr-awareness-week-2024-vom-18-bis-24-november-aufklaeren-sich-einsetzen-jetzt-handeln):
Prof. Michael Hoelscher (hoelscher@lrz.uni-muenchen.de, Universitätsklinikum der LMU München)
Dr. Andrea Schiefer (andrea.schiefer@uni-bonn.de) und Prof. Achim Hörauf (achim.hoerauf@ukbonn.de, beide Universität Bonn)
Prof. Tanja Schneider (tschneider@uni-bonn.de, Universität Bonn)
Prof. Rolf Müller (rolf.mueller@helmholtz-hzi.de, Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland und Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung)
Dr. Ana Filipa Moreira Martins (ana.filipa.moreira.martins@dsmz.de) und Dr. Johannes Wittmann (Johannes.Wittmann@dsmz.de, beide DSMZ)
Dr. Annika Claßen (annika.classen@uk-koeln.de, Uniklinik Köln) und Dr. Simone Lieberknecht-Jouy (Simone.Lieberknecht@unimedizin-ffm.de, Goethe-Universität Frankfurt am Main)
Prof. Andreas Peschel (Andreas.Peschel@uni-tuebingen.de, Universität Tübingen) und Prof. Karsten Becker (karsten.becker@med.uni-greifswald.de, Universitätsmedizin Greifswald)
Dr. Alexander Klimka (aklimka@uni-koeln.de, Universität Köln) und Dr. Paul Higgins (paul.higgins@uk-koeln.de, Uniklinik Köln)
Dr. Timo Jäger (timo.jaeger@dzif.de, Geschäftsführer des DZIF)
Weitere Informationen:
https://www.dzif.de/de/world-amr-awareness-week-2024-vom-18-bis-24-november-aufklaeren-sich-einsetzen-jetzt-handeln Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) zur World AMR Awareness Week 2024